RAFA: Mein Weg an die Spitze (German Edition)
schlagen.
Nach einem Monat war ich wieder einigermaßen fit und fühlte mich wohl genug, im März an den Turnieren in Indian Wells und Miami teilzunehmen, wo ich jeweils das Halbfinale erreichte. Wieder einmal schaffte ich den Durchbruch in Monte Carlo. Auf dem Sandplatz fand ich zu meiner alten Stärke zurück: In allen fünf Matchs verlor ich lediglich 14 Spiele, schlug Fernando Verdasco (der mich bei den Australian Open in jenem Fünf-Satz-Match über fünf Stunden zu Tränen der Verzweiflung getrieben hatte) im Finale 6:0, 6:1 und errang den sechsten Monte-Carlo-Sieg in Folge. Es gab für mich aber noch einen weiteren Grund zur Freude. Mein Vater und Dr. Cotorro hatten nach einer Lösung für meine Knieprobleme gesucht und offenbar endlich Glück gehabt. Unmittelbar nach Monte Carlo hatte ich einen Termin in einer Klinik in Vitoria, der Hauptstadt des Baskenlandes. Dort gab es eine Behandlung, die mich nach Ansicht der Ärzte ein für alle Mal heilen konnte. Sie bestand aus Spritzen, die ohne Betäubung direkt ins Knie gesetzt wurden – eine Aussicht, die mich nicht gerade freudig stimmte, aber ich würde alles Nötige tun, um wieder völlig fit zu werden. Mittlerweile plagte ich mich seit einem Jahr mit diesen Beschwerden herum und wollte, dass sie endlich aufhörten.
Gleich am Montag nach dem Monte-Carlo-Finale hatte ich einen Arzttermin in Vitoria, aber dorthin zu kommen erwies sich als wesentlich schwieriger, als ich und meine beiden Reisebegleiter, mein Vater und Titín, es erwartet hatten. Normalerweise wären wir von Nizza über Barcelona geflogen. Aber praktisch der gesamte Luftraum über Europa war wegen eines Vulkanausbruchs auf Island gesperrt. Die vorherrschenden Winde trieben eine gigantische Aschewolke in Richtung Süden bis nach Spanien, und die Flugaufsichtsbehörden hatten sämtliche Flüge annulliert, weil die Gefahr zu groß war, dass die kleinen Aschepartikel in der Luft zu Triebwerksausfällen führen könnten. So mussten wir die etwa 1000 Kilometer von Monte Carlo nach Vitoria mit dem Wagen zurücklegen. Da wir am Montagmittag unseren Arzttermin hatten, mussten wir die Nacht durchfahren. Es gab allerdings noch eine weitere Komplikation: Am Sonntagabend hatte Real Madrid ein wichtiges Spiel. Also gingen wir zu Benito (der in Monte Carlo lebt), bestellten Pizza und schauten uns das Spiel an, das Real gewann. Noch vor Mitternacht brachen wir auf, und wechselten uns am Steuer ab.
Wir waren noch nicht lange unterwegs, als wir merkten, dass wir zu müde waren, um die ganze Strecke ohne Pause zurückzulegen. Also riefen wir Benito an und baten ihn, uns eine Unterkunft zu suchen, wo wir ein paar Stunden schlafen konnten. Benito nahm sich der Sache an und rief in einem kleinen Hotel in der südfranzösischen Stadt Narbonne an, die etwa nach einem Drittel der Strecke an unserer Route lag. Benito kann sehr überzeugend sein, aber er hatte Mühe, dem Nachtportier klar zu machen, dass es sich keineswegs um einen Scherz handelte, sondern Rafa Nadal und seine Begleiter – ja, ganz im Ernst – gegen 3.30 Uhr nachts eintreffen würden und Zimmer brauchten.
Einige Stunden später standen wir nach zu wenig Schlaf auf und waren kaum in der Stimmung für die siebenstündige Fahrt, die noch vor uns lag. Zum Glück konnten wir unseren Arzttermin auf den Nachmittag verschieben und uns unterwegs einige kleinere Pausen gönnen. Die Spritzen ohne Betäubung waren so schmerzhaft, wie ich erwartet hatte. Als der Arzt zustach, biss ich in ein Handtuch und zwang mich zu glauben, dass die Behandlung zum gewünschten Ziel führen würde: die Kniesehnen so weit zu regenerieren und zu stärken, dass die Beschwerden sich nicht nur vorübergehend legten, sondern nie wiederkehren würden.
Nach einer weiteren Zwangspause trat ich zwei Wochen später bei den Rome Masters an. Mir ging es erheblich besser, obwohl ich wusste, dass ich im Juli noch einmal nach Vitoria reisen musste, um mir weitere Spritzen geben zu lassen. Ich gewann in Rom und anschließend in Madrid und führte damit einen Großteil des Geredes über das bevorstehende Ende meiner Tenniskarriere ad absurdum, bevor es zur großen Nagelprobe kam, ob ich vollständig genesen war: die French Open. Obwohl ich seit den Australian Open in Melbourne nahezu eineinhalb Jahre kein Grand-Slam-Turnier mehr gewonnen hatte, galt ich dort als Favorit.
Toni, der immer fürchtete, mir könne die Aussicht auf Erfolg zu Kopf steigen, machte sich Sorgen. Das ist bei ihm ein
Weitere Kostenlose Bücher