Rafflenbeul, S: Elfenzeit 14: Der Magier von Tokio
Chinesisch zu ihrem Mann.
»Blöde Kuh«, merkte Torio an. Nadja war sicher, dass er die Worte so ausgesprochen hatte, dass es für die Fremde wie Chinesisch klang, denn die Frau zog hörbar die Luft ein und beschleunigte ihre Schritte.
Innerlich seufzend öffnete Nadja die Tür des ersten Raumes mit der Karte von der Rezeption, schob die Elfen hinein und warf die Tür hinter sich zu. Sie trat durch einen kleinen Vorraum, in dem man seine Garderobe aufhängen und seine Schuhe ablegen konnte. Dahinter begann die eigentliche Zimmerflucht. Ein großes Rollbild hing in einer Nische, der sogenannten Tokonoma.
Begeistert machten sich Chiyo und Kush daran, den traditionell eingerichteten Raum zu erkunden. Sie untersuchten den naturfarbenen Tatami-Boden, begutachteten das niedrige Futonbett, den stuhllosen, kniehohen Tisch mit den Sitzkissen und dem Ikebana-Gesteck darauf. Auch die wenigen Stühle und Schiebetürenschränke, die hinter weißem Reispapier auf dünnen Lattenrosten verborgen waren.
Nadja nutzte die Gelegenheit, sich Torio vorzuknöpfen.
»Jetzt hör mir mal gut zu, du eingebildeter Rotzlöffel! Du bist hier auf einer Mission, auf die der Kami dich schickte, und zwar im Auftrag deiner Kaiserin. Ich erwarte, dass du dich in Zukunft an ein paar Regeln hältst, oder du kannst gleich zu deiner Herrscherin zurücklaufen und ihr sagen, dass du der größte Versager in der Geschichte der Elfenwelt bist!«
Torio sah sie mit großen Augen an. Nadja holte tief Luft. »Du wirst keine Menschen mehr beeinflussen, wenn es nicht unbedingt sein muss! Du wirst nicht mit ihnen spielen, und du wirst sie auch nicht beleidigen! Ansonsten wage es nicht, mir noch einmal unter die Augen zu kommen. Ab sofort kümmerst du dich nur noch um die anstehende Aufgabe! Hast du das verstanden?«
Der Elf steckte die Hände in die Hosentaschen. »Ich weiß nicht mal, wie Fanmórs dämliche Kinder heißen«, entgegnete er kühl. Während er sprach, wandte sich sein Schatten von Nadja ab.
»Ihre Namen sind Dafydd und Rhiannon von den Crain. Sie sind Zwillinge, von hochedler Geburt und die künftigen Herrscher Earrachs! Wesen von hohem Rang, die weit über dir stehen; sie werden der Tenna einmal ebenbürtig sein.« Nadja spürte, wie sich ihr Hals schmerzhaft zuzog. »In der Menschenwelt heißen sie David und Rian Bonet, und David ist der Vater meines Kindes! Ein menschlicher Magier nimmt ihnen vermutlich die Lebenskraft und quält sie in diesem Moment. Das können wir nicht zulassen, und gerade
du
solltest es besser verstehen als jeder andere!« Nadja konnte nicht weitersprechen. Sie fühlte sich unglaublich erschöpft und allein. Diese Elfen waren eine zentnerschwere Last. Sie schwieg kurz und sammelte neue Kraft. »Meinetwegen dürfen dir ihre Namen auch egal sein, Torio, solange du nur tust, was nötig ist, um mir zu helfen und ihr Leben zu retten!«
Torio senkte den Blick.
»Darin ist er nicht gut«, merkte Naburo bitter an. »Im Retten von Leben.«
Nadja wollte gerade nachfragen, was eigentlich zwischen diesen beiden Elfen stand, als ein schriller Schrei sie in Richtung der zimmereigenen Mikrowelle stürzen ließ.
»Es geht nicht mehr auf!«, jammerte Chiyo hysterisch. Nadja sah, dass Kush es irgendwie geschafft hatte, sich in die winzige Mikrowelle zu sperren, und runzelte die Stirn.
Er muss sich magisch verkleinert haben
.
Chiyo griff nach dem Drehrad für die Zeiteinstellung.
»Nicht!« Gerade noch rechtzeitig packte Nadja ihre Hand. »Das kann ihn umbringen!« Sie drückte auf den richtigen Knopf, öffnete die Tür der Mikrowelle und ließ den winselnden Kush heraus. Dann sank sie auf einen der beiden Stühle des Raumes und schloss entnervt die Augen. Sie spürte, dass die Elfen sie ansahen.
»Okay«, sagte sie erschöpft, aber gefasster.
Ich habe Talamhs Geburt überlebt, da überstehe ich auch diese Chaostruppe!
»Chiyo und ich nehmen gemeinsam mit Kush ein Zimmer. Torio und Naburo – es ist mir bei allen Banshees Earrachs egal, was zwischen euch war! Ihr teilt euch gefälligst ein Zimmer und hört auf, einander zu beleidigen! Ihr müsst euch nicht lieben, ihr müsst nur zusammenarbeiten! Die Schattenkiefer hat das bestimmt, nicht ich.« Sie öffnete die Augen wieder. »Ist das so weit klar?«
Die Elfen nickten zögernd.
»Gut.« Nadja stand auf. »Da eure Energie im Gegensatz zu meiner ohnehin unermesslich ist, geht ihr jetzt in die Stadt und besorgt euch menschliche Kleidung. Naburo wird euch anführen. Eure Waffen
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