Rafflenbeul, S: Elfenzeit 14: Der Magier von Tokio
das tun?«
»Ich bin keine Bittstellerin«, erklärte Nadja zwischen zwei Bissen. »Ich bezahle Sie gerne dafür.«
Die Frau zögerte. »Was wissen Sie denn noch über diesen Cagliostro?« Sie sah Nadja so sonderbar an, dass sich die junge Frau unwohl fühlte.
Als sei ich ein totes Tier, das sie sezieren will
. Unbehaglich aß Nadja ihren Kuchen. Frau Omote knöpfte das Band um ihre Portion auf, faltete das Papier auseinander und begann ebenfalls zu essen.
»Nun ... Cagliostro sieht weit jünger aus, als er ist. Vielleicht wie Mitte dreißig. Er ist Italiener, hat dunkle Haare und dunkle Augen. Er dürfte überdurchschnittlich gut gekleidet sein und wirkt sehr kultiviert.«
»Darf man fragen, warum Sie nach ihm suchen?«
»Ich möchte ein Interview mit ihm führen. Allerdings soll er davon vorerst nichts erfahren. Zuerst möchte ich wissen, ob er überhaupt hier ist und die Gerüchte über seinen Aufenthalt in Tokio wahr sind.«
»Ich verstehe. Nun, ich kann mich gerne eine wenig für Sie umhören. Möchten Sie noch ein Stück Kuchen?«
Nadja bejahte dankbar und aß auch das zweite Stück mit großem Appetit. Sie war enttäuscht, dass die Frau ihr nicht direkt weiterhelfen konnte.
Als Yuko Omote bezahlte, lag wieder dieser sonderbare Ausdruck in ihren Augen.
Nadja fragte sich plötzlich, ob sie dieser Frau trauen konnte. »Wie kann ich Sie erreichen?«
Wortlos reichte ihr Frau Omote eine Karte mit Handynummer.
»Vielen Dank«, sagte Nadja und versuchte ihre Stimme warm klingen zu lassen, doch sie spürte selbst, dass ihr dies nicht richtig gelang.
»Keine Ursache.« Die Frau verabschiedete sich kühl und verschwand im Nu wieder ihm Gedränge der Menschen. Nadja seufzte. Sie war keinen Schritt weitergekommen.
An diesem Nachmittag schlug sich Nadja wieder im Manga-Café mit der mangelhaften englischen Übersetzung zahlreicher japanischer Seiten herum. Die automatischen Übersetzungen waren zwar inzwischen entschieden besser als in ihrem Anfangsstadium, konnten Idiome aber nach wie vor nur sehr unzureichend übertragen.
Zur Abendessenszeit traf sie die Elfen zu ihrer großen Überraschung in ihren Zimmern an. Zwar war Chiyo anscheinend nicht nur auf der Suche nach anderen Elfen gewesen – das Zimmer war belagert von Pappkartons mit Schuhen, herumliegendem Schmuck und exotischen Kleidern –, doch immerhin hatte die ganze Truppe pünktlich zurückgefunden.
Zusammen gingen sie in das oberste Stockwerk und nahmen sich einen Ecktisch an der riesigen Fensterscheibe, die von der Decke bis zum Boden reichte. Der Shishi saß direkt am Glas und presste die Nase dagegen. Seine kleinen Augen zwischen den Hautfalten sahen fasziniert auf Tokio hinab. Die große Höhe schien ihm nichts auszumachen.
»Die Menschen sehen von hier oben wie Ameisen aus«, stellte der Shishi fasziniert fest.
Torio grinste. »Das sind sie doch auch. Ich denke, da gibt es eine gentische Verbindung.«
»Genetische«, korrigierte Chiyo wie ein Oberlehrer. »Es heißt ge-ne-tisch!«
Nadja fiel auf, dass die Elfe genau den Tonfall kopierte, in dem sie ihr erklärt hatte, dass es nicht Bu-utik hieß. Sie lächelte.
»Habt ihr etwas gefunden?«, fragte sie, obwohl sie an den Gesichtern der Elfen bereits ablesen konnte, dass dem nicht so war. Besonders Chiyo hätte ihr andernfalls mit Sicherheit sofort die gute Nachricht überbracht.
»Leider nicht.« Naburo sah auf seinen Teller, ohne zu essen. »Wir haben einige magische Kraftlinien aufgespürt. Außerdem weisen zwei Stadtviertel eine höhere Energie auf. Es gibt auch ein riesiges Kunstwerk – eine große Spinne mitten in der Stadt –, das wirkt, als sei es durch Elfenanregung entstanden. Aber von den Feinden der Tenna oder den Zwillingen fanden wir keine Spur. Es ist, als ob sie magisch geschützt werden.«
»Es kann gut sein, dass Cagliostro einen Zauber gewirkt hat, der sie verbirgt«, warf Nadja niedergeschlagen ein. »In Venedig war es auch nicht einfach, David aufzuspüren.«
»Wie ist dein Treffen mit dieser Frau verlaufen?«, fragte Chiyo, während Torio unbeteiligt am Tisch saß und so wirkte, als würde er überhaupt nicht zuhören. Nadja wollte gar nicht wissen, wie oft sich die Elfen an diesem Tag untereinander gestritten hatten.
»Leider weiß sie überhaupt nichts über einen Cagliostro, aber ...« Nadja zögerte.
»Was?«, wollte Chiyo wissen. Die Elfen sahen sie alle an, auch der Shishi und Torio.
»Nichts. Nur so ein Gefühl. Als würde Yuko Omote lügen.«
»Hm«,
Weitere Kostenlose Bücher