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Rafflenbeul, S: Elfenzeit 14: Der Magier von Tokio

Rafflenbeul, S: Elfenzeit 14: Der Magier von Tokio

Titel: Rafflenbeul, S: Elfenzeit 14: Der Magier von Tokio Kostenlos Bücher Online Lesen
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unter. Nur wenige Minuten später standen sie in einer Traube junger Menschen im markierten Anstellbereich in der Station und warteten auf die Bahn. Naburo war wortlos verschwunden.
    Eine Weile lang regten sich Chiyo und Torio darüber auf, dass er hinter ihrem Rücken Berichte über sie weitergab, dann beruhigten sie sich wieder. So unüblich schien dieses Vorgehen unter den Elfen Bóyas nicht zu sein, und zumindest führte es dazu, dass sich Chiyo und Torio zum ersten Mal, seit Nadja sie kannte, nicht miteinander stritten. Sie musste grinsen.
    Ein gemeinsamer Feind verbündet
.
    Nadja beobachtete die beiden Elfen. Nachdenklich trat sie in die Bahn und bekam ausnahmsweise sogar einen Sitzplatz. Man konnte spüren, dass zwischen Torio und Chiyo eine gewisse Anziehung bestand, auch dann, wenn sie einander nicht ansahen. Ihre Körper waren aufeinander ausgerichtet. Chiyos übereinandergeschlagene Beine wiesen in Torios Richtung, wenngleich ihre Nase stolz in die Gegenrichtung zeigte. Torios Schatten schien jedoch immerzu nach Chiyos Nähe zu suchen.
    Sie musste wieder an David und ihr Cairdeas denken. Ob es falsch war, das Theater nicht sofort auszuspionieren? Aber wie hätte sie das tun sollen? Im Grunde ihres Herzens war Nadja froh, vorerst nicht zum Theater zurückzumüssen.
    Morgen, wenn ich mehr Kraft habe und die Vorstellung läuft, werde ich mich im Shiroi-kamen-no-Gekijô umsehen
.
    Erschöpft lehnte sie sich in ihrem Sitz zurück und schloss die Augen.
    Nadja stolperte an der geöffneten großen Glasschiebetür vorbei hinaus auf die Terrasse, die voller Menschen war. Sie befand sich im zwanzigsten Stock des Hochhauses, in dem der Club
Dark Garden
lag, eine Diskothek für mystische Rockmusik, in der sich die traditionellen Instrumente Japans mit Bässen und elektrischen Gitarren vermischten. Obwohl viele Lieder Balladen waren, die von Zaubern und fernen Elfenreichen erzählten, war der Lärmpegel derart hoch, dass man kein normales Gespräch führen konnte.
    Frustriert ging Nadja an das brusthohe Geländer.
Was habe ich erwartet? Dass die Fans des Nô-Theaters mir sagen, wo David ist?
Sie fühlte sich müde und ausgelaugt. Die sonderbare Vision im Theater hatte sie viel Kraft gekostet. Außerdem ärgerte sie sich über Torio und Chiyo. Während Torio die Gunst der Stunde nutzte, um Frauen zu verführen, ging die Elfe ganz und gar in der Musik auf. Sie liebte die brachiale Romantik der Lieder, sang die Melodien nach kurzer Zeit schon mit und hatte Nadja und ihre gemeinsame Aufgabe vollkommen vergessen.
    Die Journalistin sah hinunter auf das Häusermeer, aus dem der Tokio-Tower herausragte. Weiße und rote Lichter blinkten in der Nacht. Von ihrem Platz aus konnte sie das Theater nicht sehen. Andere Häuser versperrten die Sicht auf das niedrige Gebäude. Auch die Bucht von Tokio und den Fujiyama konnte sie nicht ausmachen. Trotzdem war der Ausblick beeindruckend: Unter ihr lag ein unbeschreibliches Meer aus Lichtern in der Dunkelheit, glitzernd und gewaltig.
    Millionen Menschen leben hier und ahnen nichts von der Gefahr, in der wir alle schweben
.
    Sie atmete tief die kühle Nachtluft ein. Es hatte geregnet, und der Boden der Terrasse war noch feucht. Nadja berührte mit den Fingern eine der Pfirsichpflanzen, die in großen Kübeln auf der Terrasse standen. Das
Dark Garden
machte seinem Namen alle Ehre. Allein auf seiner Terrasse wuchsen alle erdenklichen Pflanzen in Kübeln, Plastikampeln und mattgrauen Hängekästen.
    Außer ihr drängten sich gut vierzig Leute auf dem Freibereich. Nadja sah auf, als ein dunkel gewandeter Mann sich an ihr vorbeidrängte. Er hatte lange weiße Haare, die zu einem Zopf geflochten waren. Schaudernd sah sie ihm nach.
Er wirkt so sonderbar, gar nicht wie ein Mensch
. Ob der Fremde zum Theater gehörte?
    »Unheimlich, nicht?«, erklang die samtige Stimme eines Mannes hinter ihr.
    Sofort drehte Nadja sich um. »Was?« Der Fremde hatte sie auf Englisch angesprochen, also antwortete sie auch in dieser Sprache.
    »Ich meine diese Sänger vom Chor. Der Typ, der eben an dir vorbeiging. Er ist einer davon.«
    Nadja musterte den Mann in dem einfachen grauen Anzug. Für einen Abend im Club war er erstaunlich neutral gekleidet. Die meisten Besucher stylten sich aufwendig. Die Frauen trugen bunte Haarteile und altmodische, weite Kleider aus Seide oder Samt. Einige sahen auch aus wie Techno-Amazonen: Sie trugen Rüstungsteile aus Schaumstoff, waren kaum bekleidet und steckten in hohen

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