Rafflenbeul, S: Elfenzeit 14: Der Magier von Tokio
während der Getreue sie mit seinen schwarz behandschuhten Händen in die richtige Stellung brachte. Aus dem Schatten seiner Kapuze sah Nadja den gierigen Blick, der auf ihren nackten Körper gerichtet war. Trotz der Handschuhe waren seine Finger eiskalt. Sie legten sich auf ihren Bauch, drückten sie fester auf die weiche Unterlage, wanderten tiefer. Kälte sank in sie und prallte auf verlangende Hitze. Gleichzeitig zog etwas an ihr, was nicht nach Venedig gehörte.
»Nein, lass mich!«, murmelte sie, als Naburo nach ihren Armen griff. Wie im Halbschlaf bemerkte sie, dass die anderen Zuschauer sich irgendwie sonderbar benahmen. Keiner achtete mehr auf die Bühne, einige rutschten fast von ihren Sitzen. Irgendwo hinter ihr erklang das leise Stöhnen einer jungen Frau.
David, ich will zu David!
Er hielt sie in seinen Armen; sie fühlte seinen Atem an ihrem Hals. Der Getreue war plötzlich fort. Nadja und David waren allein auf dem großen Bett in dem altmodischen Zimmer.
Da spürte sie, wie das Cairdeas an ihrem Arm zuckte.
»Nadja!« Naburo riss sie aus dem Sitz. »Wir gehen jetzt!«
Die Elfen brachten die benommene Journalistin in den Flur. Nadja bemerkte einen jungen Mann, der mit glasigen Augen auf dem Boden lag. Sein Körper zuckte in Ekstase.
Doch keiner kümmerte sich um ihn. Seine Zuckungen nahmen ab. Er atmete langsamer, was Nadja ein wenig beruhigte. Der Anblick half ihr, selbst nach und nach in die Gegenwart zurückzukehren.
»Ich hatte ja schon viele Tagträume, aber das geht zu weit«, murmelte sie schließlich.
Torio und Naburo hatten sie links und rechts gepackt und zerrten sie an die frische Nachtluft. Sobald sie das Gebäude verließen, war Nadja, als würde ein magisches Band abreißen. Plötzlich waren da der Verkehrslärm der Stadt, das Krächzen der Raben, das Lachen von Menschen aus einem Restaurant mit offenen Fenstern gegenüber. Ein lauer Wind strich über ihr Gesicht, und Nadja bemerkte verwundert die besorgten Blicke der Elfen, die sie anstarrten.
»Was ist los?«, fragte sie schwach. Sie spürte noch immer ein Verlangen, das nur langsam verebbte.
Hinter ihr verließen einige andere Besucher das Theater. Offensichtlich war gerade Pause. Nadja hörte einen Mann auf Japanisch schimpfen. Er wirkte eher verärgert als unangenehm berührt. Als habe er ein schlechtes Stück gesehen.
»Was war das eben, bitte?« Verlegen blickte sie zu Boden. Ihr war, als könnten die Elfen ihre sexuellen Fantasien sehen.
»Wir wissen es nicht.« Naburo schaute zurück zum Theater. »Ein uns unbekannter Zauber. Ganz offensichtlich betrifft er nur Menschen und schadet ihnen.«
Nadja schluckte. »Ich fühle mich wie nach einer Grippe. Und ich habe Durst.«
Chiyo wies auf das Restaurant auf der anderen Straßenseite. »Lasst uns dort etwas trinken. Du siehst sehr mitgenommen aus, Nadja.«
Die Journalistin starrte auf ihr Armband. »Mein Cairdeas hat gezuckt! Mitten in der Vorstellung. David muss in diesem Gebäude sein!«
Sie wollte zum Theater zurückhasten, stolperte jedoch vor Schwäche und wäre gestürzt, wenn Naburo sie nicht gehalten hätte.
Der Shishi sah sie treuherzig an. »Nadja, du bist sehr seltsam! Was war denn im Theater mit dir los?«
Nadja wurde so schwindelig, dass sie von selbst nicht mehr stehen konnte. Naburo trug ihr ganzes Gewicht.
»Ich ... ich kann es nicht erklären ... Okay. Etwas trinken. Ich muss ...« Plötzlich wurde ihr schwarz vor Augen.
»Nadja!« Chiyo sprach dicht an ihrem Ohr. »Reiß dich bitte zusammen! Wir sind viel zu auffällig!« Die Elfe berührte ihren Handrücken, und Nadja spürte, wie neue Kraft sie durchströmte. Mit Naburos Hilfe schaffte sie es bis zur nächsten Ampel.
Sie machen etwas mit der Lebenskraft der Menschen!
, erkannte sie erschrocken.
Sie stehlen den Menschen die Energie!
Waren die sexuellen Fantasien der Menschen nur eine Begleiterscheinung, die der Zauber auslöste? Oder waren sie notwenig, um die Menschen abzulenken und ihnen ihre Kraft zu stehlen? Nadja schüttelte sich.
Plötzlich wollte sie so viel Raum wie möglich zwischen sich und dieses unheimliche Theater mit seinen roten Drachen und dem hypnotischen Chor bringen.
Weg, nur weg
schrie eine innere Stimme in heller Aufregung. Nadja zwang sich, ruhig über die Straße und hinüber in das Restaurant zu gehen.
Wer auch immer dahintersteckt, muss sehr viel Macht haben
.
Sie versuchte, die Panik auszublenden. David war in diesem Gebäude. Ihr Cairdeas konnte sich nicht irren. Und
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