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Rafflenbeul, S: Elfenzeit 14: Der Magier von Tokio

Rafflenbeul, S: Elfenzeit 14: Der Magier von Tokio

Titel: Rafflenbeul, S: Elfenzeit 14: Der Magier von Tokio Kostenlos Bücher Online Lesen
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entsetzlich. Überall war ihr Blut, als habe er versucht, damit ein Bild in den Raum zu malen.« Torio hielt inne.
    Nadja sah die Bilder vor sich. Die Burg der Tenna. Das Wesen, das sie gesehen hatte, wie es in die privaten Gemächer der Prinzessin eindrang und die Tochter der Kaiserin ungeschützt vorfand. Auch das Blut konnte sie sehen, das in frivolen Mustern Boden und Wände benetzte. Sie war froh, dass sie saß. Ein heftiges Brennen stieg in ihrer Nase hoch.
    Kein Wunder, dass die Tenna ihn hasst. Elfen sind nicht unbedingt fair, wenn es darum geht, Schuld zu verteilen
.
    »Aber das Schlimmste«, flüsterte Torio, »das Schlimmste ist, dass Naburo sich an sie binden wollte. Du hast vor wenigen Minuten gesagt, wir Elfen kennen keine Liebe, und das ist richtig. Aber wir kennen Freundschaft, Lust und Romantik. Naburo Falkenbruder und die Tochter der Tenna waren eins. Er legte ihr Band niemals ab, und als es zu ihrer Todesstunde von seinem Handgelenk fiel, hob er es auf und knotete es wieder zusammen. Jahrelang sprach er nicht mit mir, und danach redete er mich wie alle anderen mit dem Wort an, das ich seitdem wie einen Namen trage: Uragirmon.«
    »Du hast es nicht gewollt«, stellte Nadja fest. »Du hast keinen wirklichen Verrat begangen.«
    Torio drehte sich um und sah ihr in die bernsteinfarbenen Augen. Sein Gesicht war vor Bitterkeit entstellt. »Ich habe versagt! Und die Elfen von Bóya dulden kein Versagen!«
    Sie spürte seine zerreißende Trauer. Für ihn waren diese Ereignisse in greifbare Nähe gerückt, und auch Nadja kam alles nah und schmerzhaft vor. Sie suchte nach den richtigen Worten, den Elfen zu trösten, fand aber keine.
    Abrupt wandte er sich von ihr ab und ging zum schmalen Esstisch hinüber, hinter dem an die Wand gelehnt sein Bogen stand. »Ich gehe noch eine Runde in die Nacht. Danke, Nadja. Mir hat seit einer Ewigkeit niemand mehr wirklich zugehört.«
    Dann war er fort. Nadja hörte, wie die Tür hinter ihm behutsam ins Schloss fiel, und starrte auf das regennasse Fenster. Tropfenbahnen zogen sich über die Scheibe. Obwohl sie recht behalten hatte und Torio nicht so gefühlskalt war, wie er sich stellte, empfand sie keine Erleichterung.
    Vielleicht tue ich ihm tatsächlich etwas an, indem ich ihn anders behandele. Die Elfen seiner Welt werden ihm vermutlich niemals vergeben. Gerade Naburo nicht
.
    Nadja schloss die Augen »Kariyana-ame-no-tannaria«, murmelte sie leise.

10 Lampenfieber
    Nervös ging Nadja am Eingang des Asakusa-Tempels auf und ab. Immer wieder wanderte ihr Blick über das Eingangstor hinauf zu einer der Pagoden. Fünf schiefergraue Giebeldächer mit rotem Zierrand ragten im Turm übereinander auf, gekrönt von einer in sich gewendeten goldenen Spitze. Sie zeichneten sich gegen den blauen Himmel ab und verliehen dem Tempel einen erhabenen Eindruck.
    Seit fünfzehn Minuten wartete sie nun auf den Kurier, den Tom ihr geschickt hatte. Er hatte sie noch einmal angerufen und mitgeteilt, dass es besser sei, wenn der Rucksack zu ihr gebracht würde. Dann hatte er ihr die Adresse genannt, wo »die Übergabe« stattfinden sollte. Nadja hatte keine Einwände erhoben; das alles erschien ihr inzwischen so bizarr, dass Toms Geheimniskrämerei nach James-Bond-Manier dazu passte.
    Sie lief die menschenüberfüllte Straße hinauf und hinunter, sah zwischen den Häusern den Asakusa-Schrein – ein graues Tor aus drei Balken, geschmückt mit einem meterdicken Tau – und verharrte an den kleinen Verkaufsständen, die Souvenirs wie Fächer, Holzblockdrucke und Kimonos feilboten, aber auch T-Shirts und Handytaschen.
    Naburo war früh am Morgen aufgebrochen, um Mashiko zu ihren Eltern zu bringen. Danach wollten die drei Elfen am Theater für Jobs vorsprechen. Da ihre Larven ihr Elfendasein nicht vollständig verbergen konnten – nicht gegenüber einem mächtigen Wesen wie Tenji –, wollten sie sich als abtrünnige Elfen ausgeben, die ihre Unterstützung anboten. Bis dahin plante auch Nadja zurück zu sein – sofern dieser verdammte Kurier endlich kam!
    »Konnichiwa!«, erklang eine vertraute Stimme hinter ihr. Nadja blieb das Herz fast stehen, und sie wirbelte herum.
Tom!
Seine blauen Augen schauten sie unternehmungslustig an. Er trug den Rucksack bei sich, in dem die Maske lag.
    Sie umarmten sich, einen Moment lang sprachlos. Nadja hätte beinahe die Fassung verloren, weil die Anspannung sie zu überwältigen drohte. Aber sie rang die Gefühle nieder. »Ich kann es kaum glauben! Was machst

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