Rage Zorn
erzählt hatte, er habe in Janeys Auto gesessen und sie habe ihm dabei das Gefühl vermittelt, sie würde auf jemand anderen warten.
»Das weià ich nicht mehr«, sagte Armstrong. »Gegen zehn vielleicht.«
Curtis fragte: »Was geschah in dem Auto?«
»Wir hatten Sex.«
»Geschlechtsverkehr?«
»Fellatio.«
»Haben Sie ein Kondom verwendet?«
»Ja.«
»Und was geschah dann?«
»Ich ⦠ich wäre gern noch länger mit ihr zusammen geblieben, aber sie sagte, sie habe noch etwas zu erledigen. Ich hatte das Gefühl, sie würde auf jemanden warten.«
»Und auf wen?«
»Einen anderen Mann. Sie bestand darauf, dass ich ging, versprach aber, dass sie mich am folgenden Abend am gleichen Ort zur gleichen Zeit treffen würde. Als ich ging, blieb sie in
ihrem Wagen sitzen und hörte eine CD. Am nächsten Abend war ich wieder dort. Sie war nicht da. Dass sie vermisst wurde, erfuhr ich erst aus der Zeitung, wo auch ihr Bild abgedruckt war.«
»Warum haben Sie sich damals nicht bei uns gemeldet?«, fragte Curtis.
»Ich hatte Angst. Hätten Sie keine gehabt?«
»Weià ich nicht. Sagen Sie es mir. Hätte ich Angst haben müssen?«
»Ich hatte gegen meine Bewährungsauflagen verstoÃen. Ein Mädchen, mit dem ich mehrfach Sex hatte, wurde vermisst.« Er zog in einer Geste völliger Hilflosigkeit die Schultern hoch. »Sie können das selbst zusammenzählen.«
Curtis lachte freudlos. »Ich habe es zusammengezählt, Dr. Armstrong. Und ich bin zu dem Ergebnis gekommen, dass Sie an jenem Abend mehr von Janey wollten, als sie zu geben bereit war. Sie wurden grob. Sie werden ab und zu grob, wenn eine Frau nicht so will, wie Sie wollen, habe ich Recht?«
»Manchmal werde ich noch wütend, aber ich arbeite daran.«
»Offenbar nicht intensiv genug. Denn sonst hätte Sie neulich nicht Ihr Zorn überwältigt, und Sie hätten Janey nicht gewürgt. Vielleicht starb sie schon da, oder sie wurde bewusstlos und starb später.
Auf jeden Fall sind Sie in Panik geraten. Sie brachten sie in Ihre Absteige in diesem lausigen Motel und überlegten, was Sie mit ihr machen sollten, bis Sie schlieÃlich den Leichnam in den See schubsten und sich anschlieÃend wieder in ihrem Versteck verkrochen, wo Sie zu Gott beteten, dass Sie ungeschoren davonkommen würden.«
»Nein! Ich schwöre, dass ich sie nie zu etwas gezwungen habe, und ich habe Sie ganz gewiss nicht ermordet!«
Der Anwalt bohrte die Knöchel in seine Augenhöhlen, als würde er sich den Kopf zerbrechen, wie er einen Mandanten verteidigen sollte, der nichts Besseres vorzubringen hatte als panische Beteuerungen. Curtis wirkte streng und unnachgiebig wie ein Indianer vorm Totempfahl.
»Ich glaube nicht, dass Sie es vorsätzlich getan haben«, mischte sich Dean ruhig ins Gespräch ein.
Armstrong drehte sich zu ihm um und sah ihn mit der verzweifelten Miene eines Ertrinkenden an, der auf einen Rettungsring hofft.
Die Rolle des guten Bullen fiel Dean zu, weil er sie so gut beherrschte. Sollte doch Curtis den harten Brocken spielen. Während der nächsten Minuten würde Dean Brad Armstrongs bester Freund und letzte Hoffnung werden. Er faltete die Hände auf dem Tisch und beugte sich vor.
»Haben Sie Janey gern gehabt, Brad? Ich darf Sie doch Brad nennen, oder?«
»Natürlich.«
»Haben Sie sie gern gehabt? Rein menschlich, meine ich.«
»Ehrlich gesagt nicht besonders. Verstehen Sie mich nicht falsch, aber sie war wie aus einer anderen Welt.« Plötzlich argwöhnisch geworden, sah er seinen Anwalt an.
»Sexy und willig?«, schlug Dean vor. »Das Mädchen, mit dem wir in der Highschool alle gern ausgegangen wären?«
»Das war sie auch. Aber sie hatte keinen besonders angenehmen Charakter.«
»Inwiefern?«
»Wie die meisten extrem gut aussehenden Mädchen war sie eingebildet und egozentrisch. Sie behandelte ihre Mitmenschen wie Dreck. Entweder spielte man nach ihren Regeln, oder man durfte überhaupt nicht mitspielen.«
»Hat Sie sie je abgewiesen?«
»Nur ein einziges Mal.«
»Wegen eines anderen Mannes?«
Er schüttelte den Kopf. »Sie behauptete, sie hätte PMS und sei nicht in Stimmung.«
Dean lächelte ihn von Mann zu Mann an. »Das haben wir alle schon erlebt.«
Dann setzte er sich zurück, verschränkte die
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