Ragnarök
Kim um die nächste Ecke und stand unvermittelt einem P’nir Auge in Auge gegenüber… obwohl dieser Ausdruck vielleicht nicht ganz treffend war, denn genaugenommen starrte der Fähnrich den Thorax des Alien an. Kims Nasenspitze befand sich jedenfalls nur knapp einen Meter von der harten, dunkel schimmernden
Oberfläche des Exoskeletts entfernt.
Er sah zum erstenmal einen P’nir, und der Anblick erschreckte ihn ein wenig. Aufgrund der Schiffsarchitektur hatte er bereits geschlossen, daß die Aliens groß und dünn sein würden, doch diese Vermutung hatte ihn nicht auf die Wirklichkeit vorbereitet.
Der P’nir war sehr groß, mindestens drei Meter, wenn nicht sogar noch mehr, und damit fast doppelt so groß wie Kim. Das glatte Gesicht und die vier roten Augen schienen geradezu unglaublich hoch über ihm zu schweben.
Kim wußte, was er zu tun hatte. Als er den Phaser hob und feuerte, warf er sich zugleich vor, nach so vielen leeren Korridoren leichtsinnig geworden zu sein. Er hatte einfach nicht mehr aufgepaßt und wäre deshalb fast mit dem Alien
zusammengestoßen.
Der Phaserstrahl wirkte schmerzhaft grell in dem trüben grünlichen Licht, das die P’nir offenbar als ausreichende Beleuchtung betrachteten.
Zum Glück war der P’nir über ihre Begegnung ebenso
überrascht wie Kim, wenn nicht sogar noch mehr; Kim hatte immerhin gewußt, daß sich Hunderte von P’nir an Bord des Schiffes befanden, während der Alien nicht ahnen konnte, daß Menschen hier frei herumliefen. Der P’nir griff weder an, noch machte er Anstalten zu fliehen oder sonst etwas zu unternehmen, was für Kim hätte gefährlich werden können. Statt dessen ruderte er lediglich hilflos mit den Armen, während der Fähnrich erkannte, daß er mit seinem Schuß offenbar kein wichtiges Nervenzentrum getroffen hatte. Der P’nir war durch den
Phaserstrahl nicht betäubt, sondern nur geblendet worden. Kim feuerte abermals und zielte diesmal direkt auf den Kopf des Alien.
Der P’nir ignorierte den Schuß und streckte seine Arme nach dem Fähnrich aus. Offenbar hatte er seine ursprüngliche Überraschung mittlerweile überwunden. Kim sah, daß der P’nir nicht nur komplexe, bedrohlich wirkende Klauen besaß, sondern zudem an den Innenseiten des oberen Armpaars harte, gezackte Kanten aufwies, die unangenehm scharf wirkten.
Da der Alien noch immer bei Bewußtsein war, begriff Kim, daß sich das Gehirn der P’nir offensichtlich nicht in ihren Köpfen befand. Einen weitgefächerten Strahl, der den gesamten Körper des Alien erfaßt hätte, konnte er im Moment jedoch nicht einsetzen, dafür war er seinem Gegner zu nah. Statt dessen duckte er sich, um den Klauen zu entgehen, drückte den Abzugsknopf und bewegte die Waffe hin und her, während er den Strahl gleichzeitig langsam nach unten wandern ließ.
Als der Phaserstrahl ungefähr die Körpermitte des Wesens erreicht hatte, geriet der P’nir ins Stolpern, stieß einen sonderbaren Laut aus und kippte schließlich zur Seite, bis er in einer halb sitzenden Stellung an der Korridorwand lehnte. Er war zu groß und vor allem zu steif, um auf dem engen Raum wie ein Mensch der Länge nach zu Boden zu stürzen. Sein Kopf war zur Decke gerichtet, so daß Kim nicht sehen konnte, ob seine Augen geschlossen waren oder nicht, doch es stand außer Frage, daß er das Bewußtsein verloren hatte.
Harry Kim richtete sich auf und sah rasch in beiden Richtungen den Flur entlang. Nichts deutete darauf hin, daß irgend jemand den Zwischenfall bemerkt hatte. Er warf einen Blick auf die Kontrollen des Phasers.
Die Ladeanzeige war alarmierend gesunken. Handphaser waren nicht dafür gedacht, wie ein Gartenschlauch beim Rasensprengen benutzt zu werden, nicht einmal, wenn sie nur auf Betäubung justiert waren. Wenn er auf weitere P’nir stieß – wovon er ausgehen mußte, denn der betäubte Alien würde sich bald erholen, Alarm geben und ihm Sicherheitstrupps auf den Hals hetzen –, dann würde er sie erheblich effizienter ausschalten müssen, wenn er sein Ziel je erreichen wollte.
Natürlich könnte er den bewußtlosen P’nir auch töten und damit auf einen Schlag alle Probleme loswerden, die sein Erwachen verursachen würde, doch das schien dem Fähnrich kaum mit seiner Rolle als Mitglied einer diplomatischen Delegation vereinbar. Er mußte davon ausgehen, daß es Chakotay gelungen war, die ursprünglich feindselige Haltung der P’nir zu
überwinden und mit deren Captain ein Gespräch über die
Möglichkeit
Weitere Kostenlose Bücher