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Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer

Titel: Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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von ihrer Anwesenheit mitbekam. Alise nickte schwach und huschte hinaus, wo sie ihren Rundgang über Deck fortsetzte.
    Thymara hatte die Hosen bis zum Knie hochgekrempelt. Die Schuppen an ihren baumelnden Beinen glitzerten silbern im Sonnenlicht. Sie saß mit gekrümmtem Rücken da, Jerd dagegen hatte sich straff aufgerichtet und streckte förmlich den Bauch hinaus. Alise beneidete die Mädchen, denn sie besaßen so viel Freiheit. Niemand machte ein Aufheben darum, dass sie zu viel Bein zeigten oder dass sie ins Wasser fallen könnten. Jedermann auf dem Schiff ging davon aus, dass sie wussten, was sie taten, und ließ sie in Frieden. Sie erinnerten Alise an Althea Trell und daran, wie selbstbewusst diese sich auf Paragons Deck bewegt hatte. Da fiel ihr ein, dass Althea wie sie selbst auch von Händlern aus Bingtown abstammte. Es lag wohl nicht allein an ihrer Herkunft. Nein. Langsam wurde ihr bewusst, dass sie selbst an all diesen Einschränkungen schuld war. Sie war es, die an Regeln festhielt.
    Wütend und voll Sehnsucht dachte sie an Leftrin. Sie spürte seine Zärtlichkeit und Leidenschaft, zwei Dinge, die sie von Hest nie bekommen hatte. Er rief in ihr dieselben Gefühle wach. Warum konnte sie nicht einfach zu ihm gehen und sich ihm hingeben, so wie sie es sich herbeisehnte? Der Kapitän wollte ganz offensichtlich mit ihr schlafen, und sie wollte es auch.
    Ein verwegener Teil ihrer selbst war der Meinung, dass sie diesen seltsamen Fluss bereits zu weit hinaufgefahren waren und dass sie sich keine Gedanken darum zu machen brauchte, was geschehen würde, wenn sie wieder nach Bingtown zurückkehrte. Ihr verwegenes Ich glaubte nicht daran, dass sie jemals zurückkehren würde. Und ganz gleich, ob sie während dieses verrückten Abenteuers sterben würde oder es heil überstand – sollte sie es nicht wenigstens bis zur Neige auskosten, anstatt sich zu beherrschen? Ihr kam die kalte Erkenntnis, dass Sedric nicht hier war, um sie mit traurigen, vorwurfsvollen Augen anzustarren. Ihr Gewissen war abwesend, und sie konnte tun, was ihr gefiel.
    »Der Tag ist gleich viel schöner, wenn Ihr an Deck seid, meine Liebe.«
    Ein warmer wohliger Schauer überlief sie, als sie seine Stimme hörte. Sie drehte sich um und stand vor Leftrin, der auf sie herabblickte. Er hatte zwei Tassen Tee in der Hand. Als sie den großen gesprenkelten Becher aus seinen schwieligen, verätzten Händen entgegennahm, dachte sie daran, wie sie vor nur einem Monat noch vor ihm zurückgezuckt wäre. Sie hätte sich gefragt, ob die Tasse sauber war, und sich über den schalen Tee mokiert. Inzwischen wusste sie, dass der Becher nur kurz mit einigen Tropfen Wasser ausgeschwenkt oder vielleicht mit einem Tuch ausgewischt worden war. Und obwohl sie es wusste, kümmerte es sie nicht. Und was den Tee anging, nun … Sie prostete ihm mit dem Becher zu. »Der beste Tee im Umkreis von Meilen!«
    »In der Tat«, pflichtete er ihr bei. »Und die beste Gesellschaft in der ganzen Welt, würde ich meinen.«
    Sie lachte leise und sah auf ihre Hände herab. Die Sommersprossen hoben sich dunkel von ihrer verbrannten Haut ab. Sie wollte gar nicht erst an ihr Gesicht und ihre Haare denken. Mühsam hatte sie sich gekämmt und die Locken hochgesteckt, doch nach einem Blick in den kleinen Spiegel in ihrer dunklen Kammer hatte sie es entmutigt aufgegeben. »Wie könnt Ihr mir nur solch ungeheuerliche Komplimente machen, ohne Euch dabei töricht anzuhören?«
    »Vielleicht seid Ihr das richtige Publikum für solche Worte. Und vielleicht kümmert es mich nicht, dass ich mich töricht anhöre, solange ich weiß, dass ich die Wahrheit sage.«
    »Oh, Leftrin.« Sie wandte sich von ihm ab, um auf den Fluss hinauszublicken. Den Becher stellte sie auf der Reling ab. »Was machen wir jetzt?« Sie hatte nicht geahnt, dass sie ihm diese Frage stellen würde. Sie kam ihr so selbstverständlich, wie der Dampf aus ihrer Tasse stieg.
    Er missverstand sie mit voller Absicht. »Nun, Carson ist vor Tagesanbruch losgefahren. Wir bleiben einen Tag lang hier vor Anker, sodass die Drachen sich ein wenig erholen und fressen können. Ein Stück flussaufwärts haben sie eine Ansammlung toter Fische gefunden. Also lassen wir sie fressen und ausruhen, während Carson weitersucht. Er fährt einen ganzen Tag lang stromabwärts. Falls er Überlebende findet, bringt er sie zu uns zurück. Falls nicht, gibt er auf und kehrt alleine zurück. Er hat das Horn dabei, dessen Klang ziemlich weit trägt. Vor nicht

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