Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer
Elderling machen wollte. Die körperlichen Veränderungen, die eine solche Kreatur dabei durchmachte, waren nur der geringste Teil. Wenn er gut darauf vorbereitet wurde, gewann ein Elderling eine Lebensspanne, die zwar nur einem Bruchteil der Lebenszeit eines Drachen entsprach, aber immerhin lang genug war, um wenigstens ein gewisses Maß an Weisheit und Kultiviertheit zu erlangen. Es war unterhaltsam, ja sogar beruhigend, einen Elderling zu haben. Die Lobpreisungen, die in Versen, Gemälden und Epen verewigt wurden, waren überaus schmeichelhaft. Elderlinge wurden zu Gefährten, auf eine Weise, wie das andere Drachen niemals waren. Mit einem Elderling brauchte man nicht zu wetteifern, man brauchte einfach nur ihre Bewunderung, das Wohlgefühl beim Putzen und ja, auch die anregenden Unterhaltungen zu genießen.
Doch in jedem Genuss liegt Gefahr, und manche Drachen verbrachten zu viel Zeit mit ihren Elderlingen und wurden ihrerseits von ihnen verändert. Man sprach nicht leichtfertig darüber. Kein Drache wollte den anderen einer solchen Abscheulichkeit beschuldigen, aber ihre Existenz war nicht von der Hand zu weisen. Drachen, die zu viel Zeit mit Menschen verbrachten, verwandelten sich. Die Veränderungen waren zwar nicht so offensichtlich wie die der Menschen, die zu lange in Gesellschaft von Drachen lebten, aber die Anzeichen waren dennoch vorhanden. Und wenn in der folgenden Generation aus den Eiern zweier derartiger Drachen Nachkommen schlüpften, dann, so argwöhnte man, waren es keine Schlangen, sondern Scheusale.
Dies gaben die Drachen gegenüber Außenseitern nicht zu. Nicht einmal unter sich sprachen sie darüber. Angewidert von der anstößigen Unterhaltung wandte Sintara sich ab. Ohne diese Geringschätzung zu beachten, richtete Mercor mit ernster Stimme das Wort an Relpda.
»Ich glaube, dass du eine Torheit begangen hast, Relpda. Ich habe meine Zweifel, dass du einen Menschen zum Stand eines Elderlings geleiten kannst. Wenn du unachtsam, ungeschickt oder gar vergesslich bist, können die Folgen für den Menschen schrecklich, sogar tödlich sein. Bei diesem hier handelt es sich um einen Menschen, der den Pfad der Verwandlung noch nicht einmal betreten hatte. Was hast du dir nur dabei gedacht, ihm diese Ehre zuteilwerden zu lassen?«
»Er konnte uns noch nicht einmal sprechen hören, als er zu uns kam«, warf Sintara ein. »Er glaubte, wir seien Tiere und nicht besser als Kühe. Er war sehr hochmütig und dabei furchtbar unwissend. Ich kann mir keinen Menschen vorstellen, der diese Ehre weniger verdient hätte.«
Bedrohlich peitschte Relpda ihren Schwanz. »Es war meine Entscheidung. Es ist mein gutes Recht. Er kam zu mir und hat die Verbindung gesucht. Als ich spürte, wie sein Geist mich berührte, habe ich ihn mir ausgesucht. Und nun ist er von mir erwählt. Mehr braucht keiner von euch zu wissen. Ich kann mich nicht entsinnen, dass die Entscheidung, einen Elderling zu erschaffen, je gemeinsam getroffen wurde. Und darum auch jetzt nicht.«
»Wenn du wütend bist, sind deine Gedanken und Worte klar und deutlich«, stellte Mercor geduldig fest.
»Ich benutze seinen Geist. Das geht dich nichts an.«
»Das geht dich etwas an, denn du wirst es noch bereuen, auf ihn angewiesen zu sein. Was ist, wenn er beschließt, dass er nicht mit dir verbunden sein will? Was, wenn er lieber gehen und in sein Bingtown zurückkehren will?«
»Das wird er nicht machen«, sagte Relpda mit einer gewissen Endgültigkeit.
Sintara entfernte sich, von Sorge erfüllt. Nicht zum ersten Mal war sie mit der Tatsache konfrontiert worden, dass ihre Erinnerungen unvollständig waren. Sie versuchte, sich auf die treibenden Bruchstücke ihrer Erinnerung zu konzentrieren, die das Gespräch aufgewirbelt hatte. Eine ihrer Vorfahrinnen hatte willentlich und absichtlich einen Elderling geschaffen. Konnte sie sich daran erinnern, wie sie es getan hatte?
Nur Bruchstücke. Blut hatte dabei eine Rolle gespielt, daran konnte sie sich entsinnen. War da noch mehr gewesen, musste man ein Körperteil hergeben? Eine Schuppe? Da war noch etwas, am Rand ihres Bewusstseins schwamm ein flüchtiges Bild.
»Sintara.«
Sie war zu sehr ins Grübeln geraten, sodass sie Mercor gar nicht hatte kommen hören. Sie bemühte sich, nicht überrascht zu wirken, als sie sich zu ihm umwandte. »Was ist?«
»Sind dir die Veränderungen bewusst, die deine Hüterin durchmacht?«
Kurz starrte sie ihn an, bevor sie kühl fragte: »Welche Hüterin?«
Er blieb
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