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Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer

Titel: Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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auf. Heimlich wie eine diebische Ratte schlich er sich hinein. Wie erhofft, stand auf dem kleinen Stahlherd der Kombüse eine große Kanne Kaffee. Das einzige Licht in dem Raum kam durch die Spalten der Ofenklappe. In einem abgedeckten Topf brodelte es leise. Wahrscheinlich die unerschöpfliche Fischsuppe für die Mannschaft, die ständig vor sich hin köchelte. Er hatte schon beobachtet, dass Wasser, Fisch und Gemüse in den Eintopf gegeben wurden, aber er hatte nicht erlebt, dass er einmal geleert und gespült worden wäre. Egal. Er verspürte noch immer den nagenden Hunger aus seinen Tagen der Einsamkeit. Er war so hungrig, dass er alles essen konnte.
    Er kannte sich in der kleinen Kombüse nicht gut aus. Vorsichtig tastete er umher, bis er an den Haken die Becher fand. Die Teller standen aufrecht in einem Gestell. Er goss sich fragwürdigen Kaffee ein, und schließlich entdeckte er in einem Regal auch Schüsseln. Eine solche füllte er mit Suppe und nahm sich einen Zwieback aus dem Brotsack. Löffel oder Gabeln fand er nicht. Mutterseelenallein setzte er sich an den Tisch und trank einen Schluck Kaffee.
    Er war bitter und dünn, aber immerhin war es Kaffee. Mit beiden Händen hob er den Suppennapf und schlürfte. Der Eintopf schmeckte stark nach Fisch mit einer deutlichen Knoblauchnote. Er schluckte und fühlte, wie sich Wärme in ihm ausbreitete und er neue Kraft gewann. Gut. Nicht delikat und auch nicht wohlschmeckend, aber gut. Plötzlich verstand er, wie die Kupferne den faulenden Elchkadaver hatte fressen können. Wenn es darauf ankam und der Hunger groß genug war, konnten Drachen wie Menschen nahezu alles essen.
    Die weichen Brocken Fisch und Gemüse auf dem Boden des Napfs klaubte er mit den Fingern heraus und steckte sie sich gerade in den Mund, als die Tür zum Deckshaus geöffnet wurde. Er erstarrte und hoffte, dass wer auch immer es war, an der Küche vorbei zum Schlafraum gehen würde. Doch sie kam tatsächlich in die Kombüse.
    Als Alise ihn über das Essen gebeugt dasitzen sah, öffnete sie wortlos einen Küchenschrank, griff in eines der Fächer und holte einen Löffel hervor. Sie legte ihn neben seinen Napf.
    Schweigend schenkte sie sich einen Becher scheußlichen Kaffe ein und blieb damit stehen. Im Dämmerlicht war er sich nicht sicher, ob sie ihn ansah oder nicht. Dann kam sie mit einem Seufzen an den Tisch und setzte sich ihm gegenüber. »Ich habe dich heute schon mehrere Stunden verabscheut und verachtet«, sagte sie im Plauderton.
    Nickend fügte er sich dem Urteil und fragte sich, ob sie im Dunkeln sein Gesicht ausmachen konnte.
    »Jetzt bin ich darüber hinweg.« Sie klang eher resigniert als freundlich. »Ich hasse dich nicht, Sedric. Ich mache dir noch nicht einmal Vorwürfe.«
    Da fand er seine Stimme wieder. »Ich wünschte, das könnte ich auch sagen.«
    »Ich habe mich über die Jahre so sehr an deine witzigen Bemerkungen gewöhnt.« Tot. So klang ihre Stimme. Tot. »Aber irgendwie sind sie nicht mehr so lustig wie früher.«
    »Das meine ich ernst, Alise. Ich schäme mich meiner selbst.«
    »Erst jetzt.«
    »Du klingst immer noch wütend.«
    »Ja. Ich bin auch noch wütend. Ich hasse dich nicht, so viel ist mir klar geworden. Aber ich habe eine Wut im Leib, wie ich sie noch nie zuvor empfunden habe. Wenn ich dich hassen würde, dann würde ich nicht mehr empfinden als das – Hass. Aber nur jemand, den ich liebe, konnte mich so dermaßen verletzen, und also hasse ich dich offensichtlich nicht. Und deswegen bin ich so wütend.«
    »Es tut mir leid, Alise.«
    »Ich weiß. Aber das hilft nicht, auch wenn ich weiß, dass es dir leidtut. Jetzt erst.«
    »Tatsächlich tut es mir schon ziemlich lange leid. Fast schon von Anfang an.«
    Sie wedelte mit der Hand, fast so, als wolle sie seine Entschuldigungen verscheuchen. Dann schlürfte sie ihren Kaffee und schien innerlich mit etwas zu ringen. Er wartete ab. Schließlich sagte sie in beinahe ruhigem Tonfall: »Eines muss ich wissen. Bevor ich weitermachen kann, bevor ich etwas entscheiden kann, muss ich es wissen. Du und Hest, habt ihr euch über mich lustig gemacht? Habt ihr darüber gelacht, dass ich so leichtgläubig war und so arglos, dass ich niemals auch nur Verdacht schöpfte? Wussten Hests Freunde Bescheid? Wussten Leute, die ich kannte oder die ich für meine Freunde hielt, wie dumm ich war? Wie sehr ich mich habe täuschen lassen?«
    Er schwieg. Er dachte an kleine Abendgesellschaften spät in der Nacht in den Hinterzimmern von

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