Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer
der Tat wohlbehalten zu Hause angekommen ist. Zwei von ihnen gehörten zu der schnellen Sorte, die mit Reyall vor zwei Tagen bei uns eingetroffen ist, und die anderen beiden waren herkömmliche Brieftauben. Ich habe ihren Abflug zwei Tage hinausgezögert, damit sich die schnellen Tauben von der Reise erholen und ihre Flügel im Flugkäfig strecken konnten. Als ich sie losließ, sind alle vier unverzüglich davongeflogen, und ich muss gestehen, dass ich bei dem Anblick von Neid erfasst wurde und mir wünschte, ebenso mühelos nach Bingtown aufbrechen zu können. Bitte haltet mich über dieses Experiment auf dem Laufenden. Ich würde gerne wissen, wie viele Tage sie für den Flug brauchen und ob die neuen Vögel erheblich schneller sind als die herkömmlichen Brieftauben. Die Königstauben habe ich in Zuchtkäfige abgesondert und lasse immer nur einen Partner eines Paares ausfliegen. Bisher scheinen sie gut in der Lage zu sein, für sich selbst zu sorgen, und alle haben sich Nistkästen gesucht. Über den Verlauf dieses Versuchs werde ich Euch ebenfalls in Kenntnis setzen. Falls ihm auch nur ein bescheidener Erfolg beschieden ist, könnte ich mir vorstellen, dass eine Familie mit der Fleischproduktion ein ordentliches Geschäft machen könnte. Es freut mich zu hören, dass sich der gesundheitliche Zustand Eures Vaters wieder gebessert hat. Ihr seid nicht der Einzige, dem seine Familie in den Ohren liegt, dass er heiraten und einen eigenen Haushalt gründen soll. Man könnte meinen, meine Mutter hätte schon einen Nistkasten für mich, so wie sie andauernd schimpft, dass ich schleunigst einen Mann brauche!
Detozi
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Der zweite Fluss
N ach zwei Tagen anhaltenden Regens änderte sich das Wetter urplötzlich. Der strahlend blaue Himmel schien wie ein trügerisches Versprechen auf eine Rückkehr des Sommers. Nebel und Wolken verzogen sich und öffneten den Blick auf eine veränderte Landschaft. Ganz allmählich hatte der Fluss sich gewandelt, und das gegenüberliegende Ufer war langsam immer näher gerückt. Vielleicht hatten sie endlich den See durchquert, von dem die Drachen erzählt hatten, dachte Leftrin. Aber ebenso konnte es auch sein, »dass nichts so ist wie in der Erinnerung der Drachen«, wie er Swarge anvertraute. »Und was sie uns von früheren Zeiten beschreiben, ist vielleicht schlimmer als nutzlos. Wenn wir uns darauf verlassen, anstatt unserem eigenen Gefühl für den Fluss zu folgen, und sie sich irren, dann können wir allerhand Schwierigkeiten bekommen.«
Swarge hatte gewichtig genickt, dabei aber geschwiegen, wie es seine Art war. Leftrin hatte auch nicht viele Worte von ihm erwartet, doch für ein wenig mehr als ein Nicken wäre er schon dankbar gewesen. In letzter Zeit war er zu oft mit seinen Gedanken alleine. Alise war seit Tagen schweigsam, geradezu in sich gekehrt. Oh, sie lächelte ihn an und hatte einoder zweimal auch seine Hand ergriffen, deshalb glaubte er nicht, dass sie die kurze Episode ihres Zusammenseins bereute. Aber es gab keine Anzeichen dafür, dass sie es auf ein zweites Treffen abgesehen hatte. Das eine Mal, als er nachts leise an ihre Tür geklopft hatte, war er ohne Antwort geblieben. Nachdem er eine Weile bekümmert vor ihrer Kabine herumgelungert war, hatte er sich selbst verwünscht, weil er sich wie ein kleiner Junge verhielt. Sie hatte ihm gezeigt, dass sie es ihn wissen lassen würde, wenn es sie nach ihm verlangte. Und wenn dies nicht der Fall war, brauchte er auch nicht vor ihrer Tür zu schmachten.
Einmal hatte er sie am Bug angetroffen, wo sie schweigend und mit gramvoller Miene aufs Wasser gestarrt hatte. Er hatte sie zu fragen gewagt, ob ihr Ärger etwas mit ihm zu tun hatte. Da hatte sie so heftig den Kopf geschüttelt, dass Tränen von ihren Wangen geflogen waren. »Bitte«, hatte sie gesagt. »Bitte frag mich nicht danach. Nicht jetzt. Das ist etwas, das ich erst einmal für mich selbst klären muss, Leftrin. Wenn ich den Eindruck habe, dass ich mit dir darüber sprechen kann, dann werde ich das tun. Doch fürs Erste muss ich alleine damit klarkommen.«
Und dabei blieb es.
Er nahm an, dass es etwas mit Sedric zu tun hatte. Der Kerl verbrachte viel Zeit in seiner Kammer. Und wenn er nicht dort war, stand er meistens am Bug und beobachtete seine Drachin, wie sie schwerfällig dahinstapfte. In letzter Zeit hatte er sich angewöhnt, sie jeden Abend am Ufer zu besuchen. Und täglich unternahm er den Versuch, sie zu putzen. Auch er schien sich gerade über
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