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Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer

Titel: Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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war seit fast einer Woche schlechter Laune. Unter den Drachen brodelte etwas, dachte Thymara, etwas, das sie ihren Hütern verschwiegen. Ihr grauste davor, was es sein mochte. Während ihrer Grübeleien malte sie sich alles Mögliche aus: dass die Drachen sie einfach zurücklassen oder sich gegen die Menschen wenden und sie einfach auffressen würden. Bei Tage betrachtet erschienen ihr solche Ideen töricht. Nicht so jedoch in finsterer Nacht.
    »Du! Thymara! Meinst du, du bist nur zur Dekoration hier? Da ist noch eine Stange übrig. Pack mal mit an.«
    Henneseys Befehl riss sie aus ihren Tagträumereien. Sie errötete, während sie sich beeilte, die letzte verbleibende Stange aufzuheben. Jerd stand noch immer abseits und hielt sich den Bauch. Nicht weit daneben verzog Sylve, die Arme vor der Brust verschränkt, missbilligend den Mund. Offenbar hatte sie damit gerechnet, trotz ihrer geringen Größe zu den Stangen gerufen zu werden.
    Hennesey bellte weitere Befehle. »Ich erwarte nicht, dass ihr versteht, was ihr da macht, aber ich erwarte, dass ihr mithelft. Es ist ganz einfach. Stoßt die Stange in den Schlamm. Wenn ich rufe, stemmt ihr euch alle gemeinsam dagegen. Es dürfte nicht lange brauchen, bis wir wieder flott sind. Sobald wir es geschafft haben, holt ihr die Stangen an Bord, ohne euch gegenseitig die Köpfe einzuschlagen, und überlasst der Mannschaft alles Weitere. Fertig?«
    Thymara war neben Skelly zu stehen gekommen. Die Decksgehilfin grinste sie an. »Keine Bange, Schwester. Das geht ganz leicht. Und dann kannst du wieder zu deinen Töpfen in die Küche.«
    »O ja, nichts lieber als das«, versicherte ihr Thymara und erwiderte das Grinsen. Sie achtete darauf, wie Skelly die Stange hielt, und erntete von der Decksgehilfin schließlich ein anerkennendes Nicken.
    »Schiebt an!«, rief Hennesey, und alle legten sich ins Zeug.
    Das Schiff ruckte, wankte, ruckelte nochmals, während alle stöhnten und ächzten.
    Und dann sank Teermann tiefer in den Morast.
    Der lange Nachmittag verging sehr schleppend.
    Mannschaft und Hüter standen an den Stangen. Sie stemmten sich dagegen, der Kahn bewegte sich ein wenig und sank dann zurück. Längst hatte Leftrin begriffen, dass sich Teermann ihren Befreiungsversuchen widersetzte, doch er ließ die Mannschaft verbissen weiterarbeiten. Erst bat Hennesey ihn auf ein Wort zur Seite, dann sprachen ihn Swarge und Bellin gemeinsam an. Skelly dagegen erkannte, in welcher Stimmung er war, und verzichtete darauf. Die Antworten des Kapitäns auf ihre Fragen waren knapp. Ja, er sah, dass sich das Schiff absichtlich eingrub. Ja, ihm war klar, dass es kein Versehen war. Nein, er wollte es weiterprobieren. Und nein, er hatte keine Ahnung, weshalb das Schiff so aufgebracht war.
    In der gesamten Familiengeschichte Teermanns fiel Leftrin kein Beispiel dafür ein, dass sich der Kahn dem Wunsch des Kapitäns direkt widersetzt hätte. Er wollte nicht glauben, was er erlebte. »Schiff, was ist mit dir?«, murmelte er, während er die Achterreling umklammerte. Doch um ihn her war zu viel Betrieb. Die zusammengedrängten und schnatternden Hüter, seine besorgte Mannschaft und seine eigene hilflose Verzweiflung trübten seine Fähigkeit, den Geist des Schiffes zu lesen. Teermann strahlte abwechselnd unterschiedliche Gefühle aus: Wenn sie versuchten, ihn zu bewegen, war er aufgebracht, und wenn er sich tiefer eingrub, zeigte er Entschlossenheit.
    Wiederholt legte Leftrin die Hände auf die Reling und versuchte stumm herauszufinden, was mit seinem Schiff los war. Wenn er den Kahn jedoch fragte, was verkehrt lief, dann bekam er nur wie ein Echo zurück, dass dies hier verkehrt sei.
    Einmal rief er wütend aus: »Warum ist es verkehrt?«
    Alle Köpfe wandten sich ihm zu, und Skelly klappte entsetzt das Kinn herunter. Die einzige Antwort, die er von Teermann erhielt, ergab keinen Sinn. Wasser falsch, Fluss falsch. Das leuchtete ihm nicht ein. Deshalb versteifte sich Leftrin im selben Maße, wie Teermann seine Klauen in den Schlamm bohrte, und trieb Mannschaft und Hüter weiter an, den Kahn freizubekommen. Zweimal schwenkte ein Ende des Schiffes herum, und es wäre ihnen fast gelungen, es flott zu bekommen, doch grub es sich am anderen Ende wieder fest. Zu spüren, wie sehr sich das Schiff über die kläglichen Versuche der Menschen lustig machte, war Öl in die Flammen von Leftrins Wut.
    Als Hennesey und Swarge gemeinsam auf ihn zutraten, gewährte er den Leuten an den Stangen eine Pause.

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