Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer
Schmunzeln nicht verkneifen. Doch genau in diesem Augenblick küsste Sedric ihn flüchtig auf den Mund. Carson erschrak im selben Maße, wie es ihn erfreute. Als der Jäger ihn wieder umarmen wollte, wich Sedric jedoch kopfschüttelnd nach hinten aus. »Du gehörst zu den wenigen Dingen in meinem Leben, die nichts mit dem Scherbenhaufen zu tun haben, den ich angerichtet habe. Ich habe dich nicht verdient, und ich verdiene dich immer noch nicht. Aber leider habe ich es sehr wohl verdient, mit all den Trümmern leben zu müssen, die ich verursacht habe.«
»Als da wären?« Carson gab seine Bemühungen auf, ihn zu umarmen, und verschränkte die Arme vor der Brust, um sich vor der frischen Morgenluft zu schützen.
»Alise ist wütend auf mich, glaube ich. Sie denkt, ich hätte sie in Bezug auf Leftrin angelogen.«
»Das hast du vielleicht wirklich getan«, stellte Carson freundlich klar.
»Ich habe ihr gegenüber nur wiederholt, was Jess mir gesagt hat, und das waren Dinge, die ich aus gutem Grund für wahr halten musste.«
»Hättest du zuerst mit mir darüber gesprochen, hätte ich dir vielleicht etwas Klarheit verschaffen können.«
»Damals habe ich doch gerade erst angefangen, dich kennenzulernen.«
»Sedric, mein Lieber, du fängst noch immer erst an, mich kennenzulernen.«
»Sieh. Die Drachen wachen auf.«
»Und du wechselst das Thema.«
»Ja, das tue ich.« Es störte ihn nicht, dies zuzugeben. Es gab so viele Scherbenhaufen, über die er nicht mit Carson reden wollte. Sollte der ruhig weiterhin denken, er wäre ein guter Mensch. Er selbst wusste, dass er es nicht war, und er wusste auch, dass Carson etwas Besseres verdient hatte, aber er ertrug den Gedanken nicht, ihn wieder aufzugeben. Noch nicht. Bald genug würde Carson alles herausfinden, aber jetzt noch nicht. Er lenkte seine Aufmerksamkeit ab. »Gütiger Sa, schau dir ihre Farben an. Das warme Wasser hat sie verändert.«
Die Drachen erinnerten ihn an Gänse oder Schwäne. Einige erwachten gerade erst. Andere streckten sich, breiteten die Flügel aus und schüttelten sie. Wassertropfen flogen umher, und im aufsteigenden Dampf sah es aus, als würden sie sich aus einem Traum erheben. Alle Drachen schienen heute größer zu sein, ihre Schwingen waren länger und kräftiger. Er spürte Relpdas zufriedenes Flüstern. Wärme, die uns groß macht. Wärme, die uns stark macht.
Plötzlich tauchte sie in der Drachenherde auf, strahlender als eine blitzende Münze, und schimmernd in der Hitze.
Das sind hübsche Gedanken über mich, lobte sie ihn. Dann öffnete sie die Flügel, damit er sie bewundern konnte. In der Nacht hatte sich auf ihnen eine schwarze Netzzeichnung gebildet. Das Muster erinnerte ihn an Eisblumen auf einer kalten Fensterscheibe. Plötzlich schlug sie wild mit den Schwingen. Zwar flog sie nicht, aber sie rauschte auf dem Wasser zum Kahn herüber, wo sie stehen blieb und zu ihm aufsah.
»Ich bin schön!«
»Oh, das bist du wirklich, meine Liebliche.«
»Du hattest Angst in deinen Träumen. Du musst keine Angst haben. Ich werde dich genauso schön machen, wie ich es bin.«
Er beugte sich über Teermanns Reling und spürte an seinem Leib die Präsenz des Schiffes. »Dann weißt du, wie man einen Elderling formt?«
Sie putzte sich die federartigen Schuppen ihrer Schwingen. »Das kann ja nicht so schwer sein«, wischte sie seine Bedenken beiseite. Dann sah sie über die Schulter zurück. »Mercor kommt. Mit Kalo. Kalo hat eine Klage. Heute werden Dinge geändert. Aber hab keine Angst. Ich werde dich beschützen.«
Das war nicht nach Art der Drachen, dachte Sintara. Ein Drache handelte immer allein. Sie taten sich nicht zu einem Rudel zusammen, um ihren Willen durchzusetzen.
Außer, wenn sie es doch taten. So wie früher beim Umgang mit den Elderlingen. In ihrem Kopf keimte eine Erinnerung. Es gab Absprachen. Regeln über das Reißen von Vieh. Übereinkünfte, dass man sich nicht in einem Kornfeld wälzte. Notwendige Regeln, von denen alle profitierten. Und um solche aufzustellen, hatten sich sogar die Drachen versammelt. Der Gedanke erfüllte sie mit Staunen. Und mit einer Sehnsucht nach besseren Zeiten.
Sie hatte sich einen Platz am Rand des geheizten Betts gesichert und die ganze Nacht über stur verteidigt. An den angenehm warmen und heilenden Stein gedrückt, war die Wirkung in ihrem ganzen Körper spürbar gewesen. Hitze und Sonnenlicht waren wichtig für die Drachen. Genauso wichtig wie frisches Fleisch und klares Wasser.
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