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Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer

Titel: Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Seit sie auf diesem Nebenfluss unterwegs waren, hatte sich vieles verändert. Das Wasser war nicht mehr die trübe, sandige Brühe, die man aus einem kleinen Loch im Uferschlamm soff. Hier konnte sie so viel von dem süßen, frischen Nass trinken, wie sie wollte. Sie konnte sich darin wälzen und baden, ohne Angst um ihre Augen oder Nüstern haben zu müssen. Sie spürte, wie sich ihr Fleisch regelrecht mit Wasser vollsog.
    Und Essen. In diesem Fluss gab es Beute, zwar nur kleine, aber dafür reichlich, und man musste sich etwas Mühe geben, um sie zu fangen. Man brauchte ein schnelles Auge, um einen Fisch aus dem Wasser oder einen Affen von einem tief hängenden Ast zu pflücken. Aber auch das war gut, denn sie spürte Befriedigung, wenn sie das Tier warm und frisch hinunterschlang. Dieser Fluss mit klarem Wasser veränderte sie.
    Die größte Veränderung war aber durch die Hitze in der Nacht ausgelöst worden. Sintara hatte gespürt, dass mit ihrem Körper etwas geschah, als er von dem Wasser gewärmt worden war. Vor allem in den Schwingen. Sie hatten sich mit Wärme und Wohlgefühl vollgesogen, als wären sie Pflanzen, die Feuchtigkeit aufnehmen und sich nach einer Dürre wieder aufrichten. Nun spannte Sintara sie auf und freute sich daran, wie sich das Sonnenlicht in ihrer Bläue fing und von ihr wieder zurückgeworfen wurde. Sie sah, dass das Blut kraftvoller durch ihre Flügel hindurchgepumpt wurde. Dann schlug sie mit ihnen, einmal, zweimal, dreimal und spürte mit wachsender Hoffnung, wie ihr Leib im Wasser in die Höhe gehoben wurde. Doch weiter hinauf ging es nicht, noch nicht. Immerhin hielt sie es jetzt für möglich, dass ihre Schwingen sie eines Tages tragen würden.
    Eigentlich wollte sie die angenehme Wärme nicht verlassen, aber während des langen Gesprächs in der Nacht waren alle Drachen übereingekommen, dass sie sich am Morgen mit den Hütern auseinandersetzen würden. Was Greft getan hatte, war unannehmbar. Kalo hätte ihn töten sollen, dachte sie nicht zum ersten Mal. Wenn er ihn gefressen hätte, wäre das jetzt nicht nötig. Dass ein Mensch es gewagt hatte, sich in der Nacht zu ihnen zu schleichen, nicht um zu dienen, sondern um Blut und Schuppen zu stehlen, als wären sie Kühe, die man melken, oder Schafe, die man scheren konnte – das zeigte, wie krank diese Beziehung geworden war. Es war Zeit, sie zu beenden, ein für alle Mal.
    In Trehaug waren sie mit dreizehn Drachen aufgebrochen, denn Relpda und Fauch hatte sie damals noch nicht dazugezählt. Nun waren sie trotz des Verlusts von Heeby noch immer vierzehn. Vierzehn Drachen, die sämtlich größer und kräftiger waren als bei ihrem Aufbruch in Trehaug. Vierzehn Drachen, die man niemals wieder als etwas anderes betrachten würde als das, was sie waren: Drachen.
    Entschlossen schritten sie auf den Kahn zu, während es um sie her tagte. Sie roch Rauch. Jemand hatte an Bord ein Feuer zum Kochen gemacht. Von Deck sahen ihnen Sedric und Carson entgegen. Das Herz des Manns aus Bingtown leuchtete ihm aus den Augen, als er die Schönheit seiner Drachin anlächelte. Wenigstens hatte er eine ordentliche Einstellung, wie sie sich für einen Menschen geziemte.
    »Wacht auf und hört uns!«, dröhnte Mercor und erschütterte den ruhigen Morgen. Aus einem Schilfdickicht flog ein aufgeschreckter Schwarm Vögel auf. Kreischend flohen die Enten flussaufwärts. Kalo gab dem Kahn mit der Schulter einen Stoß. »Aufwachen!«, donnerte er. Die Menschen kreischten noch lauter als die Enten, während sich die beiden Männer auf Deck furchtsam an der Reling festklammerten.
    »Geduld, Kalo«, riet Mercor ihm leise. »Sonst jagst du ihnen Todesangst ein, und dann bekommen wir nichts Gescheites aus ihnen raus und können die Sache nicht regeln.«
    Vielleicht kam der Hinweis schon zu spät, fürchtete Sintara, denn die Menschen wuselten aus dem Inneren des Schiffs hervor wie Termiten, nachdem man in ihren Bau getreten ist. Sie war beeindruckt von der Vielfalt der Laute, die sie dabei von sich gaben. Manche fluchten, andere schluchzten, einige riefen etwas, während der Kapitän herausstürmte und wilde Drohungen ausstieß, gegen jeden, der Teermann bedrohte. Alise war an seiner Seite und gleichermaßen erbost. Ohne Worte strahlte sie Sorge um ihren Partner und um das Schiff aus. Nein, dachte Sintara. Nein, sie hatte sich nicht geirrt. Trotz ihrer schicklichen Einstellung den Drachen gegenüber war Alise keine geeignete Hüterin und auch kein Elderlingsmaterial.

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