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Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer

Titel: Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Ahnung, dass Jess noch bei anderen in Lohn und Brot stand, oder der Verrat ging tiefer, als sich Leftrin auszumalen wagte. Das brauchte ihn im Moment aber nicht zu bekümmern. Es galt, sich auf den Jäger zu konzentrieren. Jess hatte sich mit Greft angefreundet, jeden Abend am Lagerfeuer mit ihm geredet und ihm angeboten, ihn einen besseren Umgang mit Jagdgerät zu lehren. Leftrin hatte beobachtet, wie er das Selbstbewusstsein des Jungen aufgebaut hatte, indem er ihn in hochgestochene philosophische Gespräche verwickelt und ihm eingeredet hatte, seine Kameraden wären zu bäurisch und naiv, um all dies zu begreifen. Zudem hatte er den Jungen davon überzeugt, dass Führerschaft bedeutete, sich vorzuwagen und das Undenkbare zu tun – zum Wohl derer, die zu weichherzig waren, um die Notwendigkeit zu erkennen. Gleichzeitig hatte er Greft darin bestärkt, dass er der Anführer der Drachenhüter war. Das wohl kaum, dachte Leftrin. Denn er hatte die Gesichter der anderen gesehen, als sie über Grefts Vorschlag gesprochen hatten. Bis auf den letzten Mann waren sie entsetzt gewesen. Nicht einmal seine halslosen Kumpane Kase und Boxter waren ihm auf das trügerische Eis gefolgt. Verwirrt wie kleine Welpen hatten sie sich gegenseitig angeschaut. Offenbar hatte Greft es zuvor noch nicht mit ihnen besprochen.
    Daran hatte Leftrin die Quelle dieser giftigen Ideen erkannt. Jess. Bestimmt hatte Jess es ganz logisch und pragmatisch dargestellt. Eingeleitet hatte er es wahrscheinlich mit der Feststellung, dass ein wahrer Anführer zuweilen schwere Entscheidungen treffen musste. Wahre Anführer mussten manchmal gefährliche, widerliche, ja sogar amoralische Dinge tun für das Wohl derer, die ihnen folgten.
    Wie zum Beispiel einen Drachen zu zerteilen und die Stücke an ein fremdes Reich zu verkaufen, um die eigenen Taschen zu füllen.
    Und der Junge war blauäugig genug gewesen, dem erfahrenen, alten Jäger zu glauben und die Idee als seine eigene unter die Leute zu bringen. Als sie nicht gut angekommen war, hatte die Schmach allein Greft getroffen. Jess’ Freundschaft zu einigen anderen Hütern war davon nicht beeinträchtigt worden, aber nun wusste der Jäger, was die Hüter von der Idee hielten, einen Drachen zur eigenen Bereicherung abzuschlachten. Und das war schade, denn Leftrin hatte tatsächlich das Gefühl, dass Greft das Zeug dazu hatte, die Gruppe anzuführen, auch wenn er auf dem Weg dorthin noch ein paar herbe Lektionen lernen würde. Vermutlich war sein Fehltritt bei den Hütern bereits eine solche. Wenn der junge Mann nicht auf den Kopf gefallen war, würde er seine Lehre daraus ziehen und weitermachen. Wenn nicht – nun ja, aus manchen Seeleuten wurden Kapitäne, aus anderen nur Matrosen.
    Sei dem, wie es wolle, jedenfalls hatte Grefts Missgeschick Leftrin die Augen geöffnet. Zwar hatte er Jess schon davor verdächtigt, aber an jenem Tag war es ihm zur Gewissheit geworden. Als Leftrin den Jäger daraufhin unter vier Augen zur Rede gestellt hatte, dass er mit einem Chalcedanischen Kaufmann im Bunde steckte, hatte dieser nicht einmal mit der Wimper gezuckt. Er hatte es unverwandt zugegeben und sogleich betont, dass ihre Aufgabe nun, da alles zu Tage gekommen war, viel einfacher zu bewerkstelligen war. Leftrin knirschte mit den Zähnen, wenn er an das Grinsen dieses schleimigen Hundesohns dachte, der ihm vorgeschlagen hatte, den Kahn langsamer fahren zu lassen. Wenn die Hüter und Drachen und die anderen Jäger einen größeren Vorsprung hätten, wäre es ein Leichtes, sich den hinterherhinkenden Drachen vorzunehmen. »Und wenn wir das armselige Geschöpf erst einmal von seinen Leiden erlöst und handlich zerkleinert haben, können wir sofort umkehren und das tiefere Fahrwasser ansteuern. In Trehaug und Cassarick brauchen wir gar nicht anzuhalten, wir müssen noch nicht einmal am Tag daran vorbeifahren. Wir könnten mit unserer Fracht geradewegs die Küste ansteuern. Ich habe ein spezielles Signalpulver bei mir, das schon in einem spärlichen Feuer roten Qualm entwickelt. Der Herd in der Kombüse würde schon reichen. Darauf wird sich ein Schiff zu uns gesellen, und gemeinsam geht es dann in Richtung Chalced und zu Reichtümern, die Ihr und Eure Mannschaft nicht in Euren kühnsten Träumen ausgeben könnt.«
    »Außer mir und meiner Mannschaft befinden sich noch andere an Bord von Teermann «, hatte Leftrin eisig eingewendet.
    »Das ist mir nicht entgangen. Aber unter uns gesagt, die Frau steht auf Euch. Ihr müsst

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