Raine der Wagemutige
Beifall zur Kenntnis zu nehmen, den seine nächste geistreiche Bemerkung ihm mit Gewissheit einbringen würde, „oder Euer Arbeitgeber. “
Fias anderer Begleiter, ein grüner Junge, der erst in der vorangegangenen Nacht Favor seinen sehnlichsten Wunsch, „mit den Wassern der Sünde getauft zu werden“, anvertraut hatte, griff die Anspielung seines blonden Freundes auf.
Er blickte kurz schuldbewusst zu Favor, bevor er seinen Blick von ihr abwendete und zu ihr sagte: „Miss Donne, erklärt bitte nicht, dass Eure Vorliebe für Bauernkost und andere ländliche Genüsse Euch dazu veranlasst hat, mehr weltmännisch gewürzte Speisen zu verschmähen. Ich wollte Tunbridge erst nicht glauben, als er das behauptete, aber . . .“, er hielt sich eine Hand vor den Mund, „ich kann wohl kaum an dem zweifeln, was ich mit meinen eigenen Augen gesehen habe.“
„Ihr müsst einige Schwierigkeiten auf Euch genommen haben, um mich zu finden, Lady Fia.“ Favor versuchte einmal mehr die Aufmerksamkeit von Rafe abzulenken. Er musste verrückt sein, hier mitten in eine von Carrs Veranstaltungen zu platzen. Wenn ihr nicht rasch etwas einfiele, würde er entlarvt werden. „Und eilig müsst Ihr es dabei auch gehabt haben. Lord Tunbridge hat uns vor kaum mehr als zehn Minuten verlassen. Gab es einen zwingenden
Grund dafür, dass Ihr mich sehen wolltet? Oder wart Ihr darauf aus, uns zu sehen?“ Die Anspielung war spitz und wenig schmeichelhaft, doch Fia gönnte Favor kaum einen Blick.
Die Männer, die entweder zu beschränkt waren, den Sinn ihrer Bemerkung zu erfassen, oder zu abgestumpft, beobachteten Rafe, der in Schweigen verfallen war - ein seltsames Betragen von einem Mann, dem es noch vor wenigen Minuten nicht an Worten gemangelt hatte. Favor musterte ihn genauer. Obwohl man auf den ersten Blick hätte glauben können, dass er, wie alle anderen Männer auch, in Fias Bann geraten war, konnte man in seinem Ausdruck keine Spur von Begehren entdecken. Er schaute sie eher suchend und irgendwie ein wenig traurig an.
„Ist dieser Grobian einer Eurer Dienstboten, Lady Fia?“ erkundigte sich der eine junge Mann.
Favor hielt den Atem an und versuchte Rafe durch schiere Willensanstrengung dazu zu bringen, keinen Anstoß daran zu nehmen.
Fia antwortete, ohne ihren Blick von Rafe abzuwenden. „Nein.“
„Dann kennt Ihr ihn?“ wollte der blonde Mann wissen.
„Ich bin mir nicht ganz sicher“, erwiderte Fia nachdenklich. „Da ist eine gewisse Ähnlichkeit mit jemandem . . .“ Sie machte einen Schritt auf ihn zu.
„Nun“, sagte sie gebieterisch, „kennt Ihr mich, Sir?“
Rafe zögerte. Die Traurigkeit in seinen Augen vertiefte sich. Er schüttelte den Kopf. „Nein. Ich kenne Euch nicht.“
Ein Schatten legte sich über Fias Züge, verlieh ihrer Schönheit mit einem Mal etwas Tragisches. Dann zeigte ihr Gesicht wieder die übliche kühle Miene, und sie hob hochmütig eine zart geschwungene Augenbraue.
„Das dachte ich schon. Noch kenne ich Euch.“ Sie drehte sich um, verhielt im Schritt und wandte ihren Kopf noch einmal zu ihm um. „Ah, jetzt habe ich es. Ich weiß, wo ich diesen Kerl schon gesehen habe. Kennt Ihr meinen Vater?“
Ein unfrohes Lächeln kräuselte Rafes Lippen. „Oh, ja. Ihn kenne ich.“
Fia nickte, eindeutig zufrieden gestellt. „Da habt Ihr es. Er ist einer der besonderen Gäste meines Vaters, und das ist der Grund, warum wir ihn bislang nicht gesehen haben. Das, und die Tatsache, dass er in letzter Zeit offensichtlich mit. . ihr Blick fiel auf Favor, „anderer Gesellschaft beschäftigt war. Sagt mir einmal, Miss Donne, weiß mein Vater eigentlich, dass Ihr herumtändelt mit seinem . . . Gast hier? Es wird ihm nicht gefallen.“
Favors Herz schlug schwer in ihrer Brust. Sie betete im Stillen, dass Fia Rafe gegenüber ihr Interesse an Carr nicht verraten würde. Nicht jetzt. Sie brauchte Zeit. Weitere Zeit, um zu . . .
„Er teilt nicht gerne“, fuhr Fia fort. „Dafür hatte er noch nie eine Gabe.“ Ein Lächeln erhellte ihr jugendliches Gesicht, dann bedeutete sie ihren Verehrern, zu ihr zu kommen. Sie eilten so eifrig an ihre Seite wie Welpen zu einer Schüssel mit Milch. Sie hakte sich bei den beiden unter.
„Meine Herren, lasst uns gehen. Trotz Miss Donnes Überzeugung, dass wir durch das Gehölz schleichen in der Hoffnung, sie und diesen Kerl bei unerlaubten Vertraulichkeiten zu ertappen, verspüre ich dennoch das Verlangen, das Hirschgeweih zu finden, das Mrs. Petrie schwört,
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