Rambo
zurückgelegt, daß er ihn mit geschlossenen Augen gehen konnte.
»Danke«, sagte Rambo zu dem Alten, der ihn immer noch anleuchtete. Dann ging auch seine Lampe aus. »Danke auch dafür«, sagte Rambo. Langsam gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit.
»Ich will nur die Batterie schonen.«
Rambo hörte ihn durchs Unterholz auf sich zukommen.
»Kommen Sie lieber nicht zu nahe heran«, sagte er zu dem Alten. »Der Hunde wegen. Damit sich Ihr Geruch nicht mit meinem vermischt.«
»Ich komme nicht an dich heran. Ich will mich nur auf einen Baumstamm setzen.«
Der Alte zündete ein Streichholz an und setzte eine Pfeife in Brand. Das Streichholz brannte nicht lange, aber während der Alte ein paarmal an seiner Pfeife paffte, flackerte die Flamme auf, und Rambo konnte einen ergrauten Kopf, ein stoppeliges Gesicht, den oberen Teil eines karierten Hemdes und darüber Hosenträger erkennen.
»Haben Sie etwas von Ihrem Zeug bei sich?« fragte Rambo.
»Vielleicht.«
»Es ist kalt. Ein Schluck würde mir guttun.«
Der Alte zögerte einen Moment. Dann knipste er seine Taschenlampe an, damit Rambo den Krug sehen konnte, den er ihm zuwarf. Der Krug war so schwer wie eine Kegelkugel, und Rambo hätte ihn vor Überraschung fast fallen lassen. Der Alte kicherte. Rambo löste den nassen, glitschigen Korken und trank auf die Art, die der Alte respektieren würde, indem er den Zeigefinger oben durch den Henkel schob und den Krug auf der Ellbogenbeuge balancierte. Das Zeug schmeckte wie hundertprozentiger Alkohol und brannte ihm auf der Zunge und in der Kehle, bis hinunter in den Magen. Er erstickte fast. Als er den Krug absetzte, tränten ihm die Augen.
»Ein bißchen stark, was?« fragte der Alte.
»Ein bißchen«, erwiderte Rambo und konnte nur mit Mühe sprechen. »Was ist das denn?«
»Maisschnaps. Aber ein bißchen stark geraten, was?«
»Ja. Das kann man wohl sagen«, meinte Rambo. Er hatte immer noch Schwierigkeiten mit dem Sprechen.
Der Alte lachte. »Ja, ziemlich stark.«
Rambo hob den Krug und trank nochmals. Wieder erstickte er fast an dem scharfen, dickflüssigen Gebräu. Der Alte brach in lautes Gelächter aus.
3
Teasle erwachte beim ersten Morgengesang der Vögel; es war noch dunkel. Er lag dicht am Feuer auf der Erde, in eine Decke gehüllt, die er sich aus dem Streifenwagen geholt hatte, und starrte die Sterne über den Baumwipfeln an. Seit Jahren hatte er nicht mehr im Wald übernachtet. Über zwanzig Jahre, rechnete er nach. 1950 in Korea. Nein, der Schlaf in den hartgefrorenen Schützengräben in Korea zählte nicht. Verdammt, das letzte Mal, wo er wirklich im Freien kampiert hatte, war damals im Frühling gewesen, als er seinen Stellungsbefehl erhalten und sich entschlossen hatte, bei der Marineinfanterie anzumustern. Damals waren er und Orval am ersten warmen Wochenende in die Berge gezogen. Jetzt war er ganz steif von dem harten Erdboden, seine Kleidung feucht vom Tau, der durch die Decke gedrungen war, und sogar dicht am Feuer war es bitter kalt. Trotzdem hatte er sich seit Jahren nicht mehr so wohl gefühlt, frisch und angeregt in seinem Jagdfieber. Aber es war zwecklos, die anderen jetzt schon zu wecken, bevor Shingleton mit der Verpflegung und dem Nachschub eintraf. Es tat ihm wohl, allein dazuliegen und als einziger wach zu sein. So ganz anders als die Nächte, die er durchwacht hatte, seit Anna ihn verlassen hatte. Er hüllte sich enger in seine Decke.
Als der Tabakduft zu ihm herüberwehte, blickte er auf und sah Orval, der auf der anderen Seite des Feuers saß und eine seiner selbstgedrehten Zigaretten rauchte.
»Ich wußte nicht, daß du wach bist«, sagte Teasle im Flüsterton, um die anderen nicht zu wecken. »Wie lange bist du schon auf?«
»Schon vor dir.«
»Ich bin schon eine Stunde wach.«
»Ich weiß. Heutzutage schlafe ich nicht mehr soviel. Nicht, daß ich es nicht könnte. Ich halte es einfach für Zeitverschwendung.«
In seine Decke gewickelt rückte Teasle näher an Orval heran und zündete sich an einem glühenden Zweig aus dem Feuer eine Zigarette an. Das Feuer war schon fast niedergebrannt, und als Teasle den Zweig hineinstieß, flackerten die Flammen knisternd auf. Er hatte recht gehabt, als er Orval sagte, es würde wieder sein wie in alten Zeiten. Er hatte selbst nicht daran geglaubt, als er es sagte, aber er hatte Orvals Hilfe benötigt und sich selbst dafür verachtet, daß er den Mann mit Sentimenten zu gewinnen versucht hatte. Aber er hatte schon vergessen
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