Rampensau
Kater.
»Hör auf damit!«, zischte Kim ihm zu. Wenn Che oder die anderen mitbekamen, wie er sich bei Menschen benahm, würde er noch mehr Schwierigkeiten kriegen.
»Vielleicht schaue ich mich erst mal ein wenig um«, erklärte die Frau. Rasch streifte sie eine blaue Jeans über und schlüpfte in weiße Turnschuhe.
Bertie begann hinter ihr herzutraben. Zumindest das Schnurren hatte er aufgegeben. »Kommen immer so nette Leute auf den Hof?«, rief er Kim zu.
Nein, wollte Kim antworten, eigentlich nicht, und sie beschloss, dass es nun an der Zeit war, Dörthe zu wecken.
Drei lange laute Grunzer brauchte es, bis sie ihr Fenster im ersten Stockwerk geöffnet hatte und missmutig hinausblickte. »Kim!«, rief sie. »Bist du verrückt geworden? Was soll dieses furchtbare Gegrunze?«
Schuldbewusst blickte Kim zu ihr empor. Tauchte auch das Gesicht von Carlo neben Dörthe auf? Nein, zum Glück nicht. So nahe waren die beiden sich also noch nicht gekommen. Außerdem hatte er heute in der Früh ja schon wieder einen Ausflug gemacht.
»Heute ist Sonntag«, fuhr Dörthe tadelnd fort. »Ich habe bis in die Nacht mit Carlo geprobt und …« Sie verstummte abrupt.
Kim lächelte. Menschen reagierten manchmal recht langsam. Nun erst hatte Dörthe das rote Stoffhaus registriert.
»Was ist das? – Ein Zelt?«, rief sie und war im nächsten Moment aus dem Fenster verschwunden.
In einem orangefarbenen Schlafanzug umrundete Dörthe das Zelt und beäugte es, als könnte jeden Moment ein wildes, gefährliches Tier daraus hervorschießen.
Dann spähte sie hinein und zupfte an der grünen Decke herum.
Swara war in den Stall gegangen. Kim hörte, wie Wasser plätscherte. Einen Moment später standen die anderen Schweine aufgereiht auf der Wiese und starrten zu ihnen herüber.
»Hallo, Freunde«, rief Bertie mit vor Aufregung schriller Stimme. Er war stolz, etwas verkünden zu können. »Ich habe die Sonne begrüßt – und es gibt gute Neuigkeiten. Wir haben überaus netten Besuch erhalten!«
Che grunzte unfreundlich, während Brunst den Kopf wandte und sich nach etwas zu fressen umschaute. Nur Cecile lief neugierig quiekend heran.
Dörthe hatte sich den Rucksack vorgenommen und zog mit spitzen Fingern ein rotes Handtuch und ein weißes T-Shirt heraus.
»He, was machen Sie denn da?« Entrüstet schritt Swara heran. Anscheinend hatte sie sich im Stall an dem alten steinernen Becken gewaschen und den Kopf unter Wasser gehalten. Ihr Haar war nass und ganz nach hinten gekämmt.
Dörthe hatte sich erhoben. »Das könnte ich Sie fragen! Wie kommen Sie dazu, auf meinem Grund und Boden zu zelten?« Unfreundlich musterte sie die blonde Frau vor ihr.
Ein Lächeln glitt über Swaras Gesicht. Sie streckte eine nasse Hand vor. »Tut mir leid – ist mir so rausgerutscht. Ich bin Swara. Ich bin seit einer Woche unterwegs. Komme aus Lübeck … und ich wollte … Ich schreibe eine Arbeit über Robert Munk und seine bahnbrechende Kunst, und da wollte ich unbedingt sehen, wie und wo er gelebt und gemalt hat …« Sie lächelte wieder und zeigte ihre weißen, ebenmäßigen Zähne. »Ich weiß, ich hätte mich anmelden müssen, aber ich dachte, es wäre möglich … ich weiß, ich habe viel von Ihnen gehört … Sie waren seine Muse und sind selbst eine große Künstlerin.« Swara verstummte und wandte den Blick ab.
Carlo kam mit großen Schritten heran. Bleich sah er aus, mit tiefen Schatten unter den Augen, wie Kim schadenfroh feststellte. Es tat ihm nicht gut, nachts durch die Gegend zu laufen und Geld, das er gestohlen hatte, zu vergraben.
Er öffnete das Gatter. »Dörthe, wer ist diese Person?«, fragte er, und es klang ziemlich vorwurfsvoll.
Dörthe schaute ihn an. »Die Frau sagt, sie sei wegen Munk hier … wegen einer Arbeit über ihn.«
Swara stellte sich auch Carlo vor, aber nun wirkte sie unsicher und sogar ein wenig ängstlich. »Ich würde gerne ein paar Tage bleiben, draußen im Zelt. Ich störe auch bestimmt nicht. Ich möchte nur die Atmosphäre, in der Robert Munk seine wunderbare Kunst erschaffen hat, ein wenig auf mich wirken lassen.«
Kim bemerkte, dass Dörthe schon besänftigt war. Freundlicher blickte sie die blonde Frau an. »Was schreiben Sie denn für eine Arbeit?«, fragte sie, doch bevor Swara antworten konnte, mischte sich Carlo ein.
»Du kannst doch nicht im Ernst daran denken, dass diese Frau bleiben kann! Wir müssen Tag und Nacht unser geheimes Stück proben … und wer weiß? Vielleicht ist sie
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