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Rampensau

Titel: Rampensau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Blum
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ich nicht! Ich liebe euch doch alle, und ich will so viel von euch lernen. Kim ist bewundernswert klug, und Che …« Er wandte den Kopf, ein Licht glomm in seinen Augen auf. »Che, du bist so stark und weißt immer genau, was richtig ist …«
    »Und was bin ich?«, quiekte Cecile und huschte Kim zwischen den Beinen hindurch.
    »Du bist auch ganz toll, Cecile«, erwiderte Bertie, allerdings nicht ganz so überzeugend. »Ehrlich, und jetzt sollten wir uns hinlegen, friedlich schlafen und etwas Schönes träumen, nicht wahr, Che? Träume sind doch ganz wichtig.«
    Che schnaubte erneut, diesmal klang es jedoch eher ratlos. »Wir reden morgen weiter«, sagte er drohend zu Kim. Er drehte bei und verschwand in der Dunkelheit des Stalls.
    »Morgen denke ich mir für euch alle eine Überraschung aus!«, rief Bertie, überaus erfreut, dass er einen Streit abgewendet hatte. »Ein neues, tolles Spiel oder so etwas Ähnliches.«
    »Ja«, sagte Kim spöttisch. »Für Brunst spielen wir ›Das große Fressen‹ und für Che ›Die glorreiche Revolution‹.«
    »Meinetwegen«, entgegnete das Wollschwein überschwänglich, »und dann erzähle ich euch von meiner wunderbaren lieben Mutter, die nun im Himmel …«
    »Halt endlich das Maul!«, rief Brunst grummelnd aus seiner Ecke. »Oder du kannst draußen übernachten.«
    Kim erwartete, dass Bertie nun auch Brunst mit einer freundlichen Erwiderung traktieren würde, doch überraschenderweise schwieg er und scharrte sich nur ein wenig Stroh zurecht.
    Niemand wagte es, noch etwas zu sagen.
    Kim rollte sich in ihrer Ecke zusammen. Obwohl es warm im Stall war, fröstelte sie. Solange sie bei Dörthe wohnten, mussten sie keine Angst vor dem Schlachthaus haben – wie konnte es da sein, dass sie sich immer häufiger stritten? Kim spürte erneut, wie einsam sie sich unter den anderen Schweinen fühlte. Sollte sie sich doch auf Lunke einlassen?
    Sie schloss die Augen und lauschte in die Stille, die nur von Brunsts gelegentlichem Schnauben unterbrochen wurde.
    Irgendwie war ihr mulmig zumute. Mit Swara stimmte etwas nicht, und was hatte der Mann gemeint, als er sagte, sie würden jemanden von der Leine lassen? Carlo, dachte Kim, sie mussten Carlo und sein gestohlenes Geld loswerden, wenn sie weiter in Ruhe leben wollten. Aber wie sollte sie das anstellen? Vielleicht könnte sie ihn ins Bein beißen, ihn so schwer verletzen, dass er von sich aus verschwinden würde. Aber nein – ein einfacher Biss würde kaum ausreichen.
    Kim wälzte sich im Stroh herum. Dass sie nicht schlafen konnte, war eine völlig neue Erfahrung.
    Plötzlich hörte sie wieder die Stimme ihrer Mutter. Hör auf damit, sagte die fette Paula. Du zerbrichst dir ganz sinnlos den Kopf. Achte auf deine Artgenossen, auf die kleine Cecile, den wunderlichen Bertie …
    Manchmal fragte Kim sich, wo sich ihre Mutter nun wohl aufhielt. Kam ihre Stimme irgendwo aus dem Himmel? Nicht aus dem blauen Himmel über ihnen, sondern aus einem Himmel, der hinter dem Himmel lag?
    Ach, es war sehr kompliziert, aber ganz tot konnte Paula nicht sein, wo doch ihre Stimme immer noch umhergeisterte.
    Kim erwachte, weil draußen ein Vogel schrie. Sie wusste gleich, dass es noch sehr früh am Morgen war und dass sie irgendwie falsch geschlafen hatte. Der Kopf und der Hals taten ihr weh. Sie musste sich einen Muskel verzogen haben. He, sie bekam ihre ersten Wehwehchen – mittlerweile war sie eben nicht mehr die Jüngste, obwohl sie nicht annähernd so alt war wie Doktor Pik, der wohl zwölf oder dreizehn Sommer zählte.
    Mühsam erhob sie sich. Ein heftiger Schmerz raste ihr durch den Kopf und stach ihr von hinten in die Augen. Paula hat recht – zu viele Gedanken, überlegte sie.
    Im Zwielicht lagen die anderen friedlich da. Cecile hatte sich, wie sie es häufig tat, eng an Doktor Pik geschmiegt. Brunst schnarchte mit offenem Maul, gelegentlich fuhr ein Zucken durch seinen mächtigen Kiefer, und Che sah selbst im Tiefschlaf grimmig und zutiefst unzufrieden aus. Wahrscheinlich glückte es ihm nicht einmal im schönsten Traum, eine Revolution zu entfachen.
    Leise reckte Kim sich – dann fiel es ihr auf. Wo war Bertie? Hatte er gestern Abend nicht nahe an der Tür auf einem ordentlichen Haufen Stroh gelegen? Neugierig schaute sie sich um. Das Stroh lag verstreut am Eingang, als wäre das Wollschwein plötzlich aufgesprungen und hinausgelaufen.
    Klar, Bertie war ein Frühaufsteher – möglicherweise jagte er beim ersten Sonnenstrahl, der ihm in

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