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Rampensau

Titel: Rampensau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Blum
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Augen zu lassen.
    »… habe eingesehen, dass unsere Liaison keine Zukunft haben konnte. Dörthe ist mal als Stripperin aufgetreten, stand kürzlich in der Zeitung«, erklärte Michelfelder pikiert.
    Der andere lachte heiser. »Tatsächlich.« Obwohl er deutlich kleiner war, schlug er Michelfelder auf die Schulter. »Scheint ja ein wilder Feger zu sein – die kleine Rote.« Noch ein heiseres Lachen. Dann fuhr er ernst fort. »Also beschlossen und verkündet: Wir machen Ernst und lassen den blonden Sven von der Leine.«
    Ein Feuerzeug flammte auf und erhellte das Gesicht des Mannes. Seine Augen wirkten irgendwie schwarz und leblos. Er steckte sich eine Zigarette an und wandte sich ab, um zu gehen. Mit ihm verflog auch die Wolke von Parfüm.
    »Na, großartig!« Lunke seufzte übertrieben. »Jetzt sind sie weg, und wir hatten kein bisschen Spaß.«
    Plötzlich fiel Kim ein, wo sie den Mann schon einmal gesehen hatte: auf dem Fetzen Papier, den Cecile angeschleppt hatte. Ein Foto hatte Carlo zusammen mit diesem kleinen fetten Mann mit Glatze und grauem Zottelbart gezeigt.
    »Und was machen wir jetzt?«, fragte Lunke hoffnungsfroh. »Wollen wir ins Dorf laufen und Blumenzwiebeln ausgraben – oder suhlen gehen?«
    In einiger Entfernung sprang ein Motor an, ein Licht wischte durch die Bäume.
    Kim lächelte. »Wir könnten ein Spiel spielen«, sagte sie mit süßlicher Stimme. »Ich sehe was, was du nicht siehst. – Berties Lieblingsspiel.«
    »Bertie? Wer ist Bertie?« Lunke klang entgeistert.
    »Na, unser nettes Wollschwein!«
    »Ich soll ein Spiel spielen, das dieser fusselige Schlappschwanz spielt? He, ich bin ein wilder Schwarzer. Ich spiele keine Spiele. Das kann nicht dein Ernst sein!«
    Kim gähnte. »Hast recht. Kein guter Gedanke. Ich bin auch müde und muss ins Stroh, und zwar allein.« Sie warf Lunke ein letztes Lächeln zu und lief am Zaun entlang zum Durchschlupf.
    Hinter sich hörte sie ihn leise fluchen.
    Morgen, nahm sie sich vor, würde sie wieder freundlicher zu ihm sein.

11
    Als Kim zum Stall zurückkehrte, war ein runder Mond aufgezogen und stand silbern am Himmel. Das Atelier war dunkel, von Dörthe war nichts zu sehen, nur in Carlos Zimmer brannte noch immer Licht. Kim hoffte, dass die anderen schon schliefen. Che und Brunst nahmen es ihr stets übel, wenn sie mit Lunke loszog. Die beiden selbst waren zu feige, um durch das Loch zu schlüpfen.
    Kaum stand sie in der Öffnung zum Stall, hörte sie Che: »Auf Verräter können wir verzichten«, zischte er. »Verräter müssen wir ihrer gerechten Strafe zuführen.«
    Ihrer gerechten Strafe zuführen – was sollte das denn heißen?
    »Aber ich habe doch nur gesagt, dass ich Dörthe nett finde und Swara auch«, entgegnete Bertie kläglich.
    »Menschen sind nicht nett – das ist eine konterrevolutionäre Aussage, die eine Strafe verdient«, erwiderte Che streng. Er hatte sich mitten im Stall aufgebaut. Das Mondlicht fiel durch die kaputte Scheibe auf ihn, so dass er einen mächtigen, beinahe furchterregenden Schatten warf.
    »Meine liebe Mutter hat immer gesagt, dass jedes Lebewesen einen Sinn auf dieser Welt hat – ob Grashalm, Schmetterling, Regenwurm oder Mensch …« Bertie bemühte sich um einen freundlichen Tonfall.
    »Ich finde, wir sollten abstimmen«, unterbrach ihn Che rüde. »Wer glaubt, dass Bertie ein Konterrevolutionär und damit ein Verräter ist, soll seine Stimme erheben.«
    Stille trat ein. Kim hörte nur ein heftiges Scharren. Brunst hatte sich in seiner Ecke auf die Beine geplagt. Gleich würde er sich räuspern und etwas sagen. Schnell trabte sie über die Schwelle in den Stall.
    »Könnt ihr euren Streit nicht morgen weiterführen?«, meinte sie mit möglichst unverfänglicher Stimme. »Ich bin müde und brauche meine Ruhe.«
    »Ach ja!« Che wandte sich ihr zu – ein wütendes Funkeln lag in seinen Augen. »Ist Madame von ihrem Ausflug zurück und muss sich jetzt zum Schönheitsschlaf hinlegen? Über dich können wir auch gleich abstimmen, Kim! Wer mit den wilden Schwarzen paktiert …«
    »Hör mit dem Gerede auf, Che!« Kim postierte sich vor ihm. »Wir wissen doch alle, dass du, wenn es hart auf hart kommt, dein Ringelschwänzchen einziehst und dich verdrückst.«
    Che schnaubte heftig. »Willst du damit sagen, dass ich ein feiger Revolutionär bin?«
    Kim lächelte maliziös. »Du bist gar kein Revolutionär, sondern …«
    »Halt, halt!« Bertie drängte sich zwischen sie. »Bitte – kein Streit! Das ertrage

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