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Rampensau

Titel: Rampensau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Blum
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Hof fuhr Edy mit seinem Fahrrad und dem weißen Kasten vorbei. Wie immer hatte er die silberfarbenen Knöpfe im Ohr und achtete auf nichts und niemanden. Er hob nur kurz vage die Hand zu einem Gruß, der aber eigentlich an niemanden gerichtet war.
    »Der Kerl soll machen, dass er verschwindet!«, rief Carlo. Er hatte die Hände in die Hüften gestemmt. Kim konnte förmlich riechen, wie sehr ihm missfiel, dass Dörthe so freundlich zu dem Mann war. »Er hat aus der Luft Fotos gemacht … wollte herumschnüffeln, uns ausspionieren.«
    »Lass ihn doch erst mal selbst erzählen!« Dörthe packte Carlo unsanft am Arm. So energisch war sie sonst nicht, fiel Kim auf.
    Der Mann lächelte. Seine beiden großen Schneidezähne blinkten wieder auf. »Vielen Dank! – Ja, ich habe Fotos gemacht, vom Wald und so, und dann verlor der Ballon plötzlich an Höhe, und ich dachte …« Er beugte sich zu Dörthe vor. »Ich dachte wirklich, ich stürze ab, aber zum Glück … Leider habe ich mich am Bein verletzt, und ich glaube nicht, dass mich heute noch jemand abholen kann …«
    Der Mann namens Finn hatte die Angewohnheit, sich immer wieder selbst zu unterbrechen.
    Aus den Augenwinkeln bemerkte Kim, dass sich auch Swara für den Neuankömmling interessierte, sie kam jedoch nicht näher, sondern hielt sich neben dem Stall auf. Das Gerät, in das sie sonst hineinsprach, hielt sie vor ihr Auge und auf den Mann gerichtet.
    »Dann kannst du ihn ja in die nächste Stadt fahren«, bemerkte Carlo in einem bitterbösen Tonfall, wie Kim ihn eigentlich nur von Che kannte. »Am besten sofort, und dann proben wir weiter.«
    »Ja, vielleicht«, entgegnete Dörthe, ohne Finn aus den Augen zu lassen.
    »Mein Bein … es ist verstaucht … wäre schön, wenn ich mir vielleicht einen kühlenden Umschlag machen könnte … und ein heißer Kaffee wäre auch nicht schlecht, wenn es keine Umstände bereitet …«
    »Eine blendende Idee«, sagte Dörthe. Sie strich dem Mann über den Arm, ganz zart und scheinbar zufällig, doch sofort glitt ein noch tieferes Lächeln über sein Gesicht, und seine Augen funkelten beinahe so wie Dörthes.
    Geht das auch bei den Menschen so?, dachte Kim. Sie schauen sich an und verstehen sich? Aber so hatte Dörthe weder den toten Maler Munk noch Michelfelder jemals angesehen und den unfreundlichen Carlo schon gar nicht.
    »Wir können ins Haus gehen«, fuhr sie fort. »Carlo rollt Ihren Ballon zusammen, und ich mache uns einen Kaffee. – Nicht wahr?« Spöttisch blickte sie Carlo an.
    »Unsere Probe war noch nicht zu Ende«, erwiderte er, doch da hatte sie sich schon umgedreht. Mit Finn, der sich alle Mühe gab, kräftig zu hinken, verließ sie die Wiese, während Carlo sich tatsächlich daranmachte, den Ballonstoff zusammenzulegen. Dabei fluchte er unentwegt, und als er Kims neugierigen Blick bemerkte, klaubte er einen Brocken Erde vom Boden auf, um ihn nach ihr zu werfen. Der Erdbrocken traf sie an der linken Flanke und tat überhaupt nicht weh, aber trotzdem nahm sie sich vor, Carlo bei nächster Gelegenheit eine Lektion zu erteilen.
    »Wir müssen reden«, sagte Lunke.
    Sie lagen im Wald, jenseits der Wiese. Die letzten Sonnenstrahlen verschwanden hinter dem Horizont.
    »Reden? Wieso reden?«, fragte Kim.
    Eine eigenartige Atmosphäre hing in der Luft, irgendwie als würde gleich ein Gewitter losschlagen. Swara lief aufgeregt auf dem Hof herum, während Dörthe und Finn in Munks altem Atelier saßen und unentwegt redeten, nachdem sie ihm ein paar Bilder gezeigt und erklärt hatte. Carlo wiederum lehnte ein Stockwerk höher im offenen Fenster und rauchte – oder vielleicht versuchte er auch mitzubekommen, was unter ihm besprochen wurde.
    »Über uns«, erwiderte Lunke beinahe im Flüsterton. Er blickte stur geradeaus.
    Was sollte es denn da zu reden geben?, wollte Kim schon erwidern. Dass Bertie tot war, hatte Lunke nur mit einem Achselzucken kommentiert. Er war also doch ein hartherziger wilder Schwarzer – wenn sie nicht seine Hilfe brauchen würde, hätte sie sofort wieder kehrtgemacht.
    »Ich muss mir bald eine Bache suchen«, fuhr Lunke fort. »Obwohl ich eigentlich gar keine Lust dazu habe – verstehst du?«
    »Klar«, erwiderte Kim in betont nüchternem Tonfall, »du sollst dir eine Bache suchen, hast aber keine Lust dazu.«
    Sie blickte zu dem kleinen Wall hinüber. Die Schweine hatten beschlossen, dass nun immer einer von ihnen Wache halten sollte. Brunst war als Erster dran, er hatte es sich hinter dem

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