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RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts

RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts

Titel: RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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und Gemüse
gelabt hatten, kehrten sie in die Sümpfe des Deltas zurück.
    Der Prinz wiederum labte sich an ihrer Kraft. Er schulte
seinen Blick und sein Gehör, stählte seinen Körper, ließ keine Klage hören,
wenn die Müdigkeit ihm ins Fleisch schnitt, und dachte nicht mehr an die
Vorzüge seines Rangs. Seine Kraft und Geschicklichkeit kamen einem Wunder
gleich. Er vermochte ebensoviel zu leisten wie drei erfahrene Fischer. Doch
diese Leistung weckte mehr Neid als Bewunderung, und bald schon wurde der
Königssohn geschnitten.
    Ein Traum zerbrach. Der Traum, ein anderer zu werden,
auf die geheimnisvolle Kraft, die ihn beseelte, zu verzichten, um wie die
anderen zu werden und als junger Mann leben zu dürfen wie die Steinhauer, die
Seefahrer oder die Fischer. Sethos hatte ihn an die Grenze des Landes geführt,
in diese abgelegenen Gefilde, wo das nahe Meer das Land aufzusaugen begann, damit
er seine wahre Natur erkenne und sich von den Traumbildern der Kindheit
befreie.
    Sein Vater hatte ihn verlassen. Aber hatte er ihm
nicht in der Nacht vor seiner Abreise einen Weg zum Königtum gewiesen?
    Seine Worte waren nur für ihn bestimmt, für ihn, Ramses,
und keinen anderen.
    Ein Traum, ein Augenblick der Gnade, nichts weiter.
Sethos sprach mit dem Wind, dem Wasser, dem unermeßlichen Reich des Deltas, und
seine Worte sollten im Sohn Widerhall finden. Als er ihn mitnahm ans äußerste
Ende der Welt, hatte er seine Eitelkeit und seine Träume gebrochen. Ramses’
Leben würde nicht das eines Herrschers sein.
    Dabei fühlte er sich Sethos so nahe, wenn der Vater so
unerreichbar schien. Er sehnte sich nach seinen Lehren, wollte seine Fähigkeit
unter Beweis stellen und über sich hinauswachsen. Nein, das war kein
gewöhnliches Feuer, das in ihm brannte. Sein Vater hatte ihn auserwählt, und
die Geheimnisse, die er ihm nach und nach enthüllte, waren die des Königtums.
    Niemand würde ihn abholen. Er mußte allein zurückfinden.
    Ramses verließ die Fischer noch vor Morgengrauen,
während sie, eng um eine Feuerstelle gedrängt, schliefen. Mit zwei Rudern
steuerte er sein Papyrusboot gen Süden. Er ruderte gleichmäßig, beobachtete die
Sterne, um die Richtung zu halten, vertraute dann seinem Instinkt und gelangte
in einen Hauptarm des Flusses. Der Nordwind trieb ihn vorwärts, seine Arme, die
nie müde wurden, ruderten weiter. Zielgerichtet und zielbewußt gönnte er sich
nur kurze Pausen, aß etwas Dörrfisch und überließ sich dem Strom, anstatt gegen
ihn anzukämpfen. Kormorane flogen über ihm dahin, und die Sonne umfing ihn mit
ihren Strahlen.
    Dort, an der Spitze des Deltas, sah man die weißen
Mauern von Memphis.
     
    SECHZEHN
     
     
    die hitze lastete schwer. Mensch und Tier verlangsamten ihren
Arbeitsrhythmus und warteten sehnsüchtig auf die Flut, die den Bauern eine
lange Ruhepause bescherte. Die Ernten waren eingebracht, und der Boden schien
bald zu verdursten. Doch die Farbe des Nils hatte sich verändert, und die
braune Tönung kündigte den baldigen Anstieg der wohltätigen Wassermassen an,
denen Ägypten seinen Reichtum verdankte.
    In den großen Städten suchte man überall Schatten. Die
Händler auf den Märkten hatten große Stoffbahnen über Pfähle gespannt, die
Zuflucht boten. Die von allen am meisten gefürchtete Periode hatte soeben
begonnen, die fünf letzten Tage des Jahres, die nicht in den Kalender der zwölf
Monate zu dreißig Tagen gehörten. Diese fünf Tage, die außerhalb des normalen
Zyklus lagen, wurden von Sachmet beherrscht. Sachmet, schreckenerregende
löwenköpfige Göttin, die die gegen das Licht aufbegehrende Menschheit
vernichtet hätte, wenn nicht der Schöpfer sich noch cm letztes Mal für sie
verwendet hätte und das göttliche Tier glauben machte, es tränke Menschenblut,
während es in Wirklichkeit rotes, aus Schwindelhafer gewonnenes Bier war. Jedes
Jahr zur gleichen Zeit befahl Sachmet ihren Horden, Unheil und Seuchen über das
Land zu verbreiten, und machte sich selbst daran, die Erde von nichtsnutzigen,
feigen und Ränke schmiedenden Menschenwesen zu befreien. Tag und Nacht wurden
in den Tempeln Bittgebete gesprochen, um Sachmet zu besänftigen, und der Pharao
persönlich vollzog ein Geheimritual, das – sofern der König gerecht war –
abermals Tod in Leben verwandeln würde.
    Während dieser fünf gefürchteten Tage lag das
Wirtschaftsleben nahezu brach. Vorhaben und Reisen wurden verschoben, die
Schiffe blieben im Hafen, viele Felder waren menschenleer. Ein paar

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