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RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts

RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts

Titel: RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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hat?«
    »Ich bin zum königlichen Schreiber aufgestiegen und
hatte geglaubt, mein Vater habe mich zum Nachfolger bestimmt.«
    »Mit Chenars Einverständnis?«
    »Es war natürlich nur ein Traum, aber ich hatte es mir
in den Kopf gesetzt. Als mein Vater mich dann öffentlich der Schmach aussetzte,
war die Illusion schnell verflogen, aber…«
    »Aber?«
    »Aber diese Kraft, dieselbe Kraft, die mich über meine
Fähigkeiten getäuscht hat, sie ist noch in mir. Wie ein Narr vor mich hin zu
dösen widert mich an. Was sollen wir mit unserem Leben anlangen, Moses?«
    »Das ist die entscheidende Frage, da stimme ich dir
zu.«
    »Und welche Antwort hast du gefunden?«
    »Eine ebenso unbefriedigende wie du. Ich bin einer der
vielen Gehilfen des Leiters dieses Harim, arbeite in einer Weberei, überwache
die Arbeit der Töpfer, verfüge über ein Haus mit fünf Räumen, über einen Garten
und erlesene Kost. Dank der hier gesammelten Schriften kenne ich, der Hebräer,
mich jetzt bestens aus in der Weisheit Ägyptens. Was kann man sich sonst noch
wünschen?«
    »Eine hübsche Frau.«
    Moses lächelte.
    »Daran mangelt es hier nicht. Bist du verliebt?«
    »Vielleicht.«
    »Wer ist es?«
    »Iset, die Schöne.«
    »Ein Prachtweib, wie es heißt. Da könnte ich schon
neidisch werden. Doch warum sagst du vielleicht?«
    »Sie ist wunderbar, wir verstehen uns herrlich, aber
ich glaube nicht, daß ich sie liebe. Die Liebe habe ich mir immer anders
vorgestellt, tiefer, verzehrender, viel…«
    »Quäl dich nicht und genieße den Augenblick, sind das
nicht die Worte der Harfenspieler, die beim Festmahl unsere Ohren bezaubern?«
    »Und du, hast du die Liebe gefunden?«
    »Liebschaften, gewiß, aber keine, die mir wahre
Befriedigung schenkt. Auch in mir brennt ein Feuer, das ich nicht zu benennen
weiß. Soll man es ersticken oder lieber schüren?«
    »Wir haben keine Wahl, Moses; wenn wir fliehen,
vergehen wir wie unselige Schatten.«
    »Glaubst du, diese Welt besteht aus Licht?«
    »Das Licht ist in dieser Welt.«
    Moses wandte die Augen gen Himmel.
    »Verbirgt es sich nicht im Herzen der Sonne?«
    Ramses riet seinem Freund, den Blick zu senken.
    »Blick ihr nicht direkt ins Antlitz, sie könnte dich
blenden.«
    »Was verborgen ist, werde ich enthüllen.«
    Ein Entsetzensschrei unterbrach ihr Zwiegespräch, in
einer der anderen Alleen liefen zwei Weberinnen um ihr Leben.
    »Jetzt habe ich eine Überraschung für dich«, sagte
Moses, »komm, bestrafen wir den Dämon, der diese beiden in Schrecken versetzt.«
    Der Störenfried hatte gar nicht versucht, sich aus dem
Staub zu machen. Er kniete mit einem Bein am Boden und fing ein schönes
dunkelgrünes Reptil ein, das er in seinen Beutel steckte.
    »Setaou!«
    Der Schlangenkundige ließ sich die Wiedersehensfreude
nicht anmerken. Als Ramses seinem Erstaunen, ihn hier zu finden, Ausdruck
verlieh, erklärte er nur, er verkaufe Gift an die hiesige Arzneikammer und
könne sich somit ein unabhängiges Leben gestatten. Auch sei es ihm eine große
Freude, hin und wieder ein paar Tage mit Moses zu verbringen. Dann machten sie
sich ein Weilchen ein schönes Leben, bevor ihre Wege wieder auseinandergingen.
    »Ich habe Moses ein paar Grundbegriffe meiner Kunst
beigebracht. Schließ die Augen, Ramses.«
    Als der Prinz die Augen wieder öffnen durfte, hielt
Moses, der mit den Beinen fest auf dem Boden stand, einen spindeldürren
dunkelbraunen Stab in der rechten Hand.
    »Das ist keine besondere Leistung.«
    »Schau genauer hin«, riet Setaou.
    Der Stab bewegte sich, wand sich, und Moses warf eine
Schlange von beachtlicher Größe zu Boden, die Setaou sofort wieder einfing.
    »Ist das nicht ein wunderbar einfaches
Zauberkunststück? Etwas Kaltblütigkeit, und schon gelingt es einem, jedermann
in Erstaunen zu versetzen, sogar einen Königssohn!«
    »Mir mußt du diesen Stockzauber auch beibringen.«
    »Warum nicht?«
    Die drei Freunde zogen sich in einen Obstgarten
zurück, wo Setaou ihnen eine Lehrstunde in Zauberei erteilen wollte, denn um
ein lebendes Reptil gefügig zu machen, brauchte man Fingerspitzengefühl.
    Schlanke junge Mädchen übten sich in einem Tanz, der
völlige Körperbeherrschung erforderte. Sie trugen einen engen, halblangen Rock
mit gekreuzten Bändern über Brust und Rücken und das Haar hoch am Hinterkopf
zum Pferdeschwanz gerafft, an dessen Ende eine kleine Holzkugel baumelte. Sie
vollführten kunstvolle Figuren.
    Ramses genoß das Schauspiel, bei dem er zugegen sein
durfte, weil

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