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Ramses Mueller

Titel: Ramses Mueller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tex Rubinowitz
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wie Winnetou und Old Shatterhand, sondern das Klo kaputt hauen, und beide Brüderschaften sind noch nicht mal so unverwandt (to shatter = zertrümmern).
    – Trotzdem, ich muss jetzt irgendwie gehen, erzähl den Leuten irgendwas, erfinde was, denk dir was aus, aber lass es aussehen wie einen Unfall, haha.
    – Wie Unfall? Dass du aus dem Klofenster gefallen bist? Wie der Typ vorhin in der Küche?
    – Zum Bleistift, nein, egal, nur Haußmann muss nicht wissen, dass ich hier war, wie geht’s denn dem, der da vorhin an der Lampe hing?
    – Hat sich beruhigt, Leanders Art lullt ihn ein wie ein Schnuller.
    Schnullleander, genau. Hab ich dir eigentlich erzählt, dass ich mir einen Totenkopf hab tätowieren lassen? Einen, der aussieht wie ein Kürbis.
    – Nein, zeig’s mir ein andermal, geh mal jetzt lieber, bitte, Aska kommt auch gleich, dann muss ich sowieso alle wegschicken, in Tranchen sozusagen, sie kann ja schlecht um die Leute herumputzen.
    In der Küche erzählt jetzt Haußmann über Schicksalsgemeinschaften, erzwungene, im Juni 1973 hätte Karl Lagerfeld Marlene Dietrich mit Helmut Newton zusammengebracht, für Fotos für Vogue , sie schmiss ihn nach 30 Minuten raus, jetzt liegen beide auf dem gleichen Friedhof, für immer, keiner kann irgendwen mehr rausschmeißen, trotzdem wäre es toll, wenn das ginge, das ist die ganze Idee hinter den Zombies.
    Schubals Gedanken schweifen wieder ab ins Klo, immer wieder ins Klo, warum? Vielleicht, weil es das kleinste, abschließbare Übel von dreien ist, neben der Nacht und der Ohrfeige? Noch nie hatte er einen Menschen geschlagen, und noch nie ist er geschlagen worden, es war so, als ob er sich selbst verprügelt hätte, es brennt ihm nicht nur die Hand, sondern auch die Backe, das ist Fakt, auch ein Phantomschmerz kann ordentlich zwiebeln, aber was war im Klo? Gemusst hatte er ja, aber hat er nun oder nicht geschissen? Er ist sich so sicher nicht mehr jetzt, war der Wunsch, nicht zu scheißen, also im Beisein Lydias, so mächtig, dass er darüber vollkommen vergessen hatte, dass er es dann doch machte, schiss, war er sozusagen betriebsblind geworden? Und wenn, hatte er gespült? Das Klopfen Lydias hatte ihn wohl so in Trance versetzt, dass er wie ein Zombie irgendwas gemacht hat, der Zombie, über den Haußmann gerade referiert, welcher normale Mensch wäscht denn in einer fremden Wohnung seine Socken, vielleicht hätte er auch sein Geld aus dem Fenster geschmissen, bei einem bestimmten Klopfcode Lydias. Er war zu ihrem Werkzeug geworden, sie ist hier die, die die Fäden zieht, das ist ihre Schönheit, sie macht sich, ob sie es nun will oder nicht, zum Dr. Frankenstein, am Ende ist sie sogar ihr eigener Zombie, geblendet von sich selbst, wie Narziss, der vollkommen verblüfft von seinem Antlitz in der Pfütze fasziniert ist. Ich bin ein schöner Knabe, weine alle Tage, Jesus mein, ich bitt, lass mich sterben nit . Oder betrachtet das Spiegelbild ihn? Was denkt es? »Ich trockne meine Socken auf dem Grabstein deiner Großmutter« vielleicht, denn auch sie waren in der Pfütze nass geworden.
    Was war mit ihm und Haußmann? Haußmann erkennt ihn nicht mehr, saßen sie zusammen auf der Biller-Soirée, er musste das Armin erzählen, um ihn zu beruhigen, der war so aggressiv, der wollte doch so was hören, Leute wollen belogen werden, auch Biller glaubt, dass Esra ihn noch liebt, dass ihre Klage so eine Art Schrei nach Aufmerksamkeit ist, Verletzungsökonomie nennt man das wohl, zeig mir deine Wunden, und ich zeig dir meine, und über den Vergleich entdeckt man wieder das Gemeinsame, sicher kennt Haußmann Biller, und ganz sicher wird Biller diese Heulworkshops gemacht haben, und vielleicht war da ja wirklich jemand wie Schubal ebenfalls anwesend, auf Partys gibt’s immer diese Gäste, Ausländer des Daseins , die, die niemand kennt, und das ist immer er, auch hier jetzt in der Küche, ob er nun hier sitzt oder nicht, ist einerlei, aus dem kollektiven Gedächtnis ist er zwar der, der am schnellsten verblasst, aber ohne den es auch nicht geht, und dass er so schnell verblasst, ist auch gut, es drängt ihn nicht ins Rampenlicht, sondern in dessen Gegenteil, ins Licht sollen die anderen, es reicht ihm die Rolle der dauerhaften Fußnote, Armin drängt’s hinein, der leckt sich die Lippen nach solchen Situationen, deshalb hing der auch vorhin an der Lampe, Ein Zombie hängt am Glockenseil , na ja, jetzt gerade sieht er nicht so aus, als ob er die Situation genösse, jetzt hängt

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