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Ramses Mueller

Titel: Ramses Mueller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tex Rubinowitz
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Wem?
    – Wie, wem?
    – Wem soll ich spenden, und was?
    – Die Kohle, die du aus dem Fenster schmeißt, spende das Reporter ohne Grenzen oder Ärzte ohne Grenzen oder so, gibt doch genug Stellen, die gerne dein Geld nehmen.
    – Warum aus dem Klofenster, Mann?
    Haußmann ist aufgebracht oder tut zumindest so, auch ihn scheint die Missachtung, die Besudelung des Geldes zu irritieren, das, was für alle hier nicht nachvollziehbar ist, aber auch er scheint sich zu verstellen, er fummelt an seinem Genital herum, wo genau, ist nicht erkennbar, Hose blickdicht, sowieso, Lydia denkt, er kratzt sich den sogenannten Sack, er aber ist erregt, er stimuliert sich, kneift sich in die Eichel, wie es kleine Kinder tun, Araber und Rap-Sänger, dieser Sonderling, das interessiert ihn, er findet es nicht mal unmoralisch, das mit dem Geld, dieser Schubal stellt sich verschüchtert dar, wie ein geprügelter Hund, er kommt nicht gut zurecht mit seiner Umwelt, er kühlt alles runter, Runden, in die er vordringt, da erstirbt die Kommunikation, wird banal, bevor sie erdrosselt wird, deshalb hält der wohl die Klappe, hört nur zu, will sich nicht verplappern, wäscht z. B. ab, wie vorhin in der Küche, ehe etwas eskaliert, lenkt ab, deeskalisiert, Haußmann erinnert Schubal an Der glückliche Prinz von Oscar Wilde, der surreale Fatalismus eines Jünglings, der außerhalb jeder moralischen Verpflichtungen steht, im Schatten einer Lampe, in deren Kegel sich die Motten paaren, die Motten, die er selbst gezüchtet hat, in seinem Wams.
    – Warum ich mein Geld aus dem Klofenster geschmissen habe?
    Was soll er sagen, es gibt tausend Erklärungen, und es gibt gleichzeitig keine, es gibt eine einzige, wahre, das ist eine, die die Leute hier verunsichern wird, ist er mutig genug für die Wahrheit, sind sie es, ist Lydia es? Weiß sie, was sie getan hat, ihn verhext? Inwieweit ist sie sich ihrer Handlungen bewusst? Passiert das instinktiv, unbewusst, unterbewusst, vorsätzlich, mutwillig, zum eigenen Vorteil, dem der anderen, seinem, Schubals gar? Soll er warten, soll er reden, was wird er tun? Der heiße Brei? Die heiße Kartoffel?
    – Ich heiße Schubal.
    Alle lachen, der Mann hat wirklich einen Knall, Armin lacht am lautesten, meckernd, wohl auch, um von seinem eigenen Wahnsinn abzulenken, er verlacht grimassierend seine Gefangenschaft wie der Gaukler im Zirkus, die, die ihn zum Irren gemacht hat, wie so einer aus der Gurkentruppe Schlingensiefs, wo ist der eigentlich abgeblieben, war der nicht vorhin noch hier, oder hat er sich den nur eingebildet, der hat ihn doch vom Tisch gezogen, war es nicht so? Nur, sein Lachen ist beredt, jetzt ist er wieder im Zentrum, lenkt ab auf sich, ein Fingerzeig: Hier sitzt der eigentlich Wahnsinn, das Symbol der derzeitigen Situation, des grassierenden Kollers, Schubal ist nur wie ein Außerirdischer, jenseitig, aber arglos, er, Armin, unzurechnungsfähig, bösartig, ein Virus, vielleicht hat er Schubal dazu gebracht, das Geld aus dem Fenster zu schmeißen, hat er? Diese verfluchten Lücken, vielleicht gestern auf der Party, schmeiß dein Geld aus dem Fenster, mach dich interessant, bringe jemanden dazu, das Geld einzusammeln und es dir zu bringen, eine faszinierende Metapher, er ist erstaunt, dass Schubal das wirklich zustande bringt, wann hat er die alte Frau eingeweiht? Es gibt Leute, die machen sich interessant, indem sie sich selbst Briefe schicken, früher Telegramme, oder mit verstellter Stimme auf dem Anrufbeantworter Nachrichten hinterlassen, heute hat man mehrfache Identitäten im Internet, mit denen man arbeiten, aber auch streiten kann, Sockenpuppen heißen diese Popanze, Schubal baut sich ein System aus mehreren Bezugspersonen und Widersachern auf, eine kleine, schlagkräftige Truppe, das Abbild einer Gesellschaft im Kleinen, ein Soziotop, eine Mikroparallelgesellschaft in der Petrischale, er war lange auf dem Klo, hat sich die Socken gewaschen? Vielleicht eine Art Alibiveranstaltung. Hat er und nicht die Taube das Fenster kaputt gemacht, das Geld rausgeworfen und die alte Frau angerufen, sie möge es ihm wieder rauftragen?
    – Und ich …
    Aha, Schubals Vortrag geht weiter. Pause. Muss sich wohl sammeln.
    – Das Geld ist nicht mein Geld, d. h., ist es schon, aber es ist mir anvertraut worden, etwas draus zu machen.
    – Anlegen, oder was?
    – Aber anlegen ist weggeben, das siehst du teilweise nie wieder, oder nur, wenn man Glück hat.
    – Und aus dem Fenster schmeißen, das ist weniger

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