Ramses Mueller
wir auf das zurückgeworfen werden, was wir sind in der Unendlichkeit, ein sehr schnell und sehr heiß brennender Klumpen von irgendwas, oder das Gegenteil, eine Manganknolle (wächst ca. 5 mm in einer Million Jahren), oder ein verkapseltes Haar, das nach innen wächst, ein starrendes Bedeutungsgefl echt?
– Hi, Leander.
Christoph wieder schnippisch, immer gemein, wie üblich, er, Leander, hasst es, wenn er mit »Hi« begrüßt wird, nicht nur, weil er Amerikanismen hasst, sondern weil es dann, schnell gesprochen, so klingt wie Heil Leander, wer ihn provozieren will, begrüßt ihn so, Schlingensief weiß das, er, Leander, verkneift es sich, beleidigt zu sein, er will jetzt keinen Streit vor diesen fahlen Zeugen. Schlingensief überlegt, wie er Stuckrad isolieren kann, um dieser Farce ein Ende zu setzen, um an sein Geld zu kommen und sich dünne machen kann, vielleicht kann er Aska, der er unten im Hausflur begegnet ist, vorschicken, sie muss die Leute trennen, ich kann so nicht arbeiten, bitte zur Seite treten, Schlingensief braucht einen Umweg.
– Einen irren Bastard eben im Taxiradio gehört, »Ein Männlein steht im Walde, ganz still und stumm«, in einer Salsaversion, »sag, wer mag das Männlein sein, das da steht im Wald allein«, man glaubt nicht, wozu die fähig sind.
– Wer sind die ?
Armin ist wieder da, er bäumt sich auf, er ist wieder gelandet, Houston, geben sie Gedankenfreiheit. Aber sein Engagement versickert, wie es aufgetaut ist, erst Eis, schon im Wüstensand verdampft, weil niemand ihm und Schlingensief Beachtung schenkt, stattdessen fängt Aska an zu schimpfen, über Robert Mugabe, dass der schlimmer sei als Hitler, der schwarze Hitler, Lydia stöhnt leise auf, schon wieder Hitler, selbst Hitler war schlimmer als Hitler, denkt sie, letztlich, sie fühlt sich schwach, sie ist die schwächste Frau hier, die uralte, zähe Frau Armatage mit dem goldenen Gebiss und dem Geld, das der Hund gekaut hat, und die Afrikanerin, so kämpferisch, sie hat eine Zahnlücke, zwischen ihren oberen Schneidezähnen, so wie Madonna, dadurch bekommt sie etwas Hartes, Stämmiges, Solides, der Zahn steht noch da, wo er sein soll, und nicht so verweichlicht schwächlich wie bei ihr, Lydia, so übereinandergeschoben, die eine Ecke abgestoßen, wie ein filigraner Porzellantisch, und jetzt platzt es aus Schlingensief, Norbert Mugabe (er verwechselt absichtlich dessen Vornamen, um Aska zu provozieren) ist derjenige, der den afrikanischen Kontinent von der Fußfessel der Weißen losgeschmiedet hat, er bekommt ein hartes Gesicht, Hitler hätte niemanden befreit, höchstens und unbeabsichtigt uns von dem Hitler in unseren Köpfen, das soll, das darf man nicht vergleichen, bitte, wer hier vergleicht, hat seine Hausaufgaben nicht gemacht, das lässt sich Aska nun nicht gefallen, sie fängt kehlig an zu tirilieren, ihre Worte klicken, schnalzen, wie man es von den Xhosa kennt, dieses Klicken, man hat das gehört, wenn Zulus reden, aber wenn sie deutsch reden, noch dazu hat sie einen oberbayrischen Zungenschlag, kommt das umso eigentümlicher, sie zetert, dass das die typisch weiße Denkungsart sei, deutsche Weiße, die ihr, Askas, Volk, hier versklaven, ihre Wohnungen zertrümmern und von ihnen verlangen, dass sie die Schäden wieder beheben, womit? Ein Klo könne man nicht kleben, und wenn, wie sähe das denn aus, überall würden kleine Porzellanteile fehlen. Woher weiß sie das mit den zwei kaputten Klos? Oder hat sie damit schon oft Erfahrungen gemacht und nimmt das als Demütigungsmetapher? Schlingensief denkt entsetzt an das Klo hier , der Spülkastendeckel zerbrochen, das Fenster eingeschlagen, von ihm, im Chloroformrausch, Lydia denkt an ihren einen abgebrochenen Schneidezahn, lieber jetzt nichts sagen, sie will Haußmann küssen, ihr Gebiss verstecken, ihren Mund in seinen graben, Haußmann ist sicher Feminist, aber einer von der verständnisvollen Sorte, wenn sie ihre Matriarchatsideen erklärt, kommt von oben, aus Nordeuropa, da kommt das große M her, Frauen dort übernehmen alle Schlüsselpositionen, in Wirtschaft, Kultur, Politik, Verteidigung, Familie, schon hat es Deutschland erreicht, die Italiener hingegen wären aber noch lange nicht so weit, aber was soll man erwarten, weiche Nudeln essen, sie müssen nicht kauen, einfach alles runterschlucken, die Kehle, das Essen rutscht so »unverzollt« durch sie durch, das ist doch Babynahrung, da muss man ja verblöden, und Haußmann würde alles verstehen, sie
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