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rank und schlank und rattenscharf

rank und schlank und rattenscharf

Titel: rank und schlank und rattenscharf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burghard Pohl
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Einige kommen aus Madrid, andere aus Amerika. Offenbar handelt es sich um eine Großfamilie. Ich überhole sie zügig und laufe noch ein kleines Stück, bevor ich mich, nur wenige hundert Meter weiter, ins Gras lege. Die Pilger ziehen fröhlich plappernd wieder an mir vorbei. Sie haben einen schwarzen Labrador, auch er läuft ohne Leine.
    Ich schlafe eine gute Stunde. Ob weitere Leute vorbei laufen, bekomme ich nicht mit, aber dann hätte Kira bestimmt gebellt. — So wie es aussieht, geht auch dieser Weg irgendwann mal zu Ende. Nach siebzehn Kilometern, nur Sonne, nur geradeaus, abgesehen von dieser einzigartigen Oase. Wir sind in Calzadilla de la Cueza. Am Ortseingang setze ich mich auf eine Bank und ziehe meine Schuhe aus. Gerade fülle ich meine Wasserflaschen am Brunnen auf, da steht völlig unerwartet Reinhard vor mir. Er erkennt mich wieder und spricht mich sofort an: „Hallo Burghard. Wie geht es Dir?“ — „Mehr schlecht als recht, und Dir?“ — „Ich konnte auch nicht mehr weiter, mein Schienbein hat mir Probleme gemacht. Es war eine Überreizung und ich durfte mich im Refugio zwei Tage erholen, was normalerweise nicht üblich ist.“ — Man darf immer nur eine Nacht in der Herberge schlafen. „Der Herbergsvater ist Physiotherapeut und hat mich wieder fit gemacht. Ich durfte sogar allein in der oberen Etage schlafen, alle anderen Pilger schlafen im Erdgeschoß in einem Raum.“ — „Wir werden uns bestimmt nicht mehr wieder sehen, denn Du bist um einiges schneller als ich!“ — Also verabschieden wir uns erneut und wünschen uns einen guten Weg. Es dauert keine fünf Minuten, ich habe noch keine Schuhe an, da steht der Herbergsvater vor mir. Ein kleiner, drahtiger Mann mit einem kurz geschnittenen Haarkranz. Er begrüßt mich wie einen alten Freund in Englisch und fordert mich auf, meine Sachen zu packen und ihm in die Herberge zu folgen. Ich trabe mit Kira hinterher, ohne dass ich mir die Schuhe zugebunden habe. Kira binde ich im Garten hinter der Herberge an. Im Innenhof glänzt das glatte, blaue Wasser des Swimmingpools. Wir gehen ins Haus und sie kläfft wieder mal in einer Tour.
    Ich gehe mit ihm die Treppe hoch ins Obergeschoß. Vor der ersten Stufe hängt eine Kette, sie trennt beide Etagen mit einem Hinweisschild „Privado“ voneinander. Hier oben stehen mindestens zehn frisch bezogene Etagenbetten, dahinter ist noch ein Raum. Das ist sein Zimmer, er zeigt es mir und bietet mir das große Doppelbett zum Schlafen an. Ich gucke etwas irritiert und frage: „Und wo schläfst Du?“ — „Ich stelle mir eine Liege auf.“ — Mir wird es langsam mulmig. Ich sage im fast perfekten Englisch: „No, I love my dog. I sleep in the garden in the tent, no problem!“ — Er hat es verstanden und ich gehe zurück zu Kira.
    „Hast Du schmutzige Wäsche, die Du waschen willst? Die kannst Du da in die Waschmaschine werfen und waschen.“ — Ich suche alles, was schmutzig ist, zusammen. Sauber ist nichts mehr. Er nimmt mir die Wäsche ab und steckt sie in die Maschine. Das ist total nett, denke ich und bedanke mich. Ich habe in meinem Leben bis zu diesem Tag noch nie eine Waschmaschine bedient. Das hat er mir bestimmt angesehen. Ich hätte die gesamte Wäsche auf dreißig Grad gewaschen, zu heiß, dann wird sie kleiner, soviel weiß ich auch.
     
    Im Garten baue ich mein Zelt am Grundstücksende auf und schicke Kira hinein, damit ich in Ruhe duschen kann. Ich komme gerade aus der Dusche, stehe noch nackt davor und trockne mich mit meinem Mini-Handtuch ab, da geht die Tür auf. Eine Frau schaut mich erstaunt an. Wir sind mit dieser Situation beide überfordert. Die Duschen sind nicht nach Geschlechtern getrennt. Da muss sie jetzt durch und den ungewollten Anblick ertragen. Ich halte dezent das Handtuch vor den Schniedel, 30 x 30 cm, das reicht. Nach unseren Gesichtern zu urteilen, hat keiner von uns damit gerechnet.
     
    Reinhard und ich gehen gegen Abend in das einzige nahe gelegene Hotel zum Essen. Jede Menge Pilger und Einheimische sitzen in verschiedenen Räumen. Vor dem Restaurant kann man nur etwas trinken, essen darf man hier draußen nicht. Schade, drinnen ist eine warme, stickige Luft.
    Ein junger ungarischer Pilger gesellt sich zu uns an den Tisch. Reinhard kennt ihn bereits seit gestern und fungiert während des Essens als Dolmetscher. Das Gespräch zwischen den beiden wird über längere Zeit in englisch, deshalb ohne mich, geführt. Es ist schon gut, wenn man englisch kann. Für Kira

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