Rankin, Ian - Rebus - 06 - Blutschuld
tragenden Burschen und deren miniberockten Begleiterinnen die Tür aufhielten.
»Nun denn.« Er schloss seinen Wagen ab und überquerte forschen Schritts die Straße, bemüht, wie ein Mann auszusehen, der sich auf einen amüsanten Abend freut. Die Rausschmeißer beäugten ihn argwöhnisch und machten die Tür nicht auf. Rebus entschied, für heute habe er schon genug Theater gespielt, zückte seinen Dienstausweis und hielt ihn dem größeren Typen unter die Nase. Er fragte sich, ob der Mann überhaupt lesen konnte.
»Polizei«, sagte er daher hilfsbereit. »Wollen Sie mir die Tür nicht aufhalten?«
»Nur beim Rausgehen«, antwortete der kleinere Typ. Also
zog Rebus die Tür selbst auf und trat ein. Die Kasse sah wie
ein alter Bankschalter aus, mit senkrechten Gitterstäben vor
einem lächelnden weiblichen Gesicht.
»Platin-Cowboy-Karte«, sagte Rebus und zeigte seinen
Ausweis. Hinter der Kasse befand sich ein recht geräumiger
Vorraum, in dem Leute sich mit einarmigen Banditen herumschlugen. Eine große Menschenmenge drängte sich um
ein interaktives Videospiel, bei dem ein bärtiger Schauspieler einen aufforderte, ihn totzuschießen, falls man schnell
genug ziehen könne. Die meisten Kids vor dem Gerät trugen keine Cowboyklamotten, einige gaben allerdings mit
Cowboystiefeln und Schnurkrawatten an. Große Gürtelschnallen schienen Pflicht zu sein, und Männlein wie Weiblein trugen Levi’s oder Wrangler mit breiten Aufschlägen.
Wer auf die Toilette wollte, war hier draußen ebenfalls
richtig – immer vorausgesetzt natürlich, er kriegte irgendwie
raus, was er war: Honcho oder Honchette .
Eine zweite Doppeltür führte zum Tanzsaal und zu vier
Bars, je eine in jeder Ecke der riesigen Halle. Bei der Dekoration hatte man nicht gegeizt, und die erlesensten Stücke
hingen, vorteilhaft angestrahlt, hinter Plexiglas außer Reichweite der Gäste hoch oben an den Wänden. Es gab einen
lebensgroßen Zigarrenladenindianer, jede Menge eingeborenen Kopfputz, Fransenhemden und derlei mehr sowie
eine – wie Rebus hoffte, unechte – Gatling-Kanone. In eine
Wand war eine Reihe von Fernsehmonitoren eingebaut, auf
denen alte Western ohne Ton liefen, und an einer anderen
Wand stand ein mechanisches Rodeopferd. Das war allerdings nicht mehr in Betrieb, seit ein Teenager davon abgeworfen und ins Koma befördert worden war. Wegen dieses
Zwischenfalls hatte man den Laden seinerzeit fast dichtgemacht. Rebus dachte nicht gern darüber nach, warum es nur
beim Fast geblieben sein mochte. Immer wieder stieß er bei
solchen Überlegungen auf Freunde an den richtigen Stellen und Geld, das unauffällig den Besitzer wechselte. Unweit
von einer der Bars stand etwas, das wie ein Trinkwasserspender aussah, aber Rebus wusste, dass es ein Spucknapf
war. Ihm fiel auf, dass die betreffende Bar keinen übermäßigen Umsatz machte.
Rebus war im Getümmel nicht schwer auszumachen.
Zwar gab es durchaus Gäste seines Alters, aber sie waren
alle bis zu einem gewissen Grad westernmäßig bekleidet
und tanzten. Auf der hell angestrahlten Bühne standen zahlreiche Instrumente, aber keine Musiker. Die Musik kam
aus den Lautsprechern. Neben der Bühne befand sich ein
Kabuff mit einem darin eingeschlossenen DJ, der zwischen
den einzelnen Songs drauflosquatschte.
»Kann ich Ihnen helfen?«
Im Getümmel nicht schwer auszumachen – und natürlich hatten die Rausschmeißer den Geschäftsführer informiert. Er war Ende zwanzig, hatte gegeltes schwarzes Haar und trug eine Strassweste. Sein Akzent war Lothian
pur.
»Ist Frankie heute Abend nicht da?« Wenn Bothwell sich
im Tanzsaal befunden hätte, wäre er ihm sofort aufgefallen. Seine Aufmachung hätte selbst die plärrenden Lautsprecher in den Schatten gestellt.
»Der Verantwortliche bin ich.« Das Lächeln verriet Rebus, dass er ebenso willkommen war wie Hämorrhoiden bei
einem Rodeoritt.
»Nun, es ist alles in Ordnung, mein Junge, also kein
Grund zur Sorge. Ich suche nur eine Freundin, und ich
hatte keine Lust, dafür Eintritt zu zahlen.«
Der Geschäftsführer sah erleichtert aus. Man merkte ihm
an, dass er den Job noch nicht lange machte. Wahrscheinlich hatte man ihn von hinter der Theke weg befördert. »Ich
heiße Lorne Strang«, sagte er.
»Und ich Lorne Brühwurst.«
Strang lächelte. »In Wirklichkeit heiße ich Kevin.«
»Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen.«
»Einen Drink aufs Haus?«
»Ich würde lieber einen
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