Rankin, Ian - Rebus - 06 - Blutschuld
Einsparungsmaßnahmen seitens der Regierung »wieder in die Gesellschaft eingegliedert« – besser gesagt, ihr aufgehalst – worden. Es war ein Jammer.
Unstable saß mit D.S. Holmes in einem Vernehmungszimmer und ließ sich mit süßem Tee und Zigaretten verwöhnen. Früher oder später würden sie ihn wieder rausschmei- ßen, vielleicht mit ein paar Pfund in der Hand, weil sein buntscheckiger Biermantel keine Taschen hatte.
Siobhan Clarke saß im Mord-Zimmer an ihrem Schreibtisch. D.I. Alister Flower redete gerade auf sie ein.
Irgendjemand hatte Rebus’ Empfehlung bezüglich des Dienstplans also offensichtlich vergessen.
»Schön, schön«, sagte Flower laut, als er Rebus sah, »wenn das nicht unser Mann vom SCS ist! Haben Sie die Milch dabei?«
Rebus verstand den Witz nicht sofort, also half Flower ihm freundlicherweise auf die Sprünge.
»Die Scottish Co-Operative Society. SCS, selbe Buchstaben wie das Scottish Crime Squad.«
»War Sean Connery nicht Milchfahrer beim Co-Op«, sagte Siobhan Clarke, »bevor er Schauspieler wurde?« Rebus lächelte ihr zu, dankbar für ihre Bemühungen, das Thema zu wechseln.
Flower schien ein schlagfertiger Bursche zu sein, also hielt Rebus es für ratsamer, ihm nicht mit irgendeiner Stichelei zu antworten. Stattdessen sagte er: »Die halten da ja große Stücke auf Sie.«
Flower blinzelte. »Wer?«
»Die drüben vom SCS.«
Flower starrte ihn an, kniff dann die Augen zusammen.
»Erzählen Sie.«
Rebus zuckte die Achseln. »Was gibt’s schon zu erzählen?
Es ist mein Ernst. Die Oberbonzen wissen, was Sie leisten, sie verfolgen Ihre Arbeit mit großem Interesse … so habe ich jedenfalls gehört.«
Flower scharrte mit den Füßen, und seine Haltung entspannte sich. Er wurde fast verlegen, seine Wangen röteten sich ein wenig.
»Ich soll Ihnen von denen ausrichten …« Rebus beugte sich vor, Flower ebenfalls, »… dass sobald es eine Milchmannstelle zu besetzen gibt, sie sich bei Ihnen melden werden.«
Knurrend bleckte Flower die Zähne. Dann stampfte er davon, auf der Suche nach einem wehrloseren Opfer. »Nicht ganz leicht, den auf die Schippe zu nehmen, stimmt’s?«, sagte Siobhan Clarke.
»Deswegen nenne ich ihn ja auch den Uhrwerk-OrangeMann.«
»Er ist ein Orangeman ?«
»Man weiß, dass er am zwölften mitmarschiert.« Er dachte kurz nach. »Vielleicht wäre ›Orangenschäler‹ ein passenderer Name für ihn, was meinen Sie?« Clarke stöhnte.
»Was haben Sie mir von unseren teuchter -Freunden zu berichten?«
»Sie meinen die Orkneys. Ich glaube nicht, dass sie es besonders schätzen würden, als teuchter bezeichnet zu werden.« Sie gab sich redlich Mühe, das Wort, mit dem Tieflandschotten die Highlander spöttisch titulierten, richtig auszusprechen, da sie aber eine weitgehend englische Erziehung genossen hatte, scheiterte sie kläglich.
»Sie vergessen anscheinend«, sagte Rebus, »dass teuch
die schottische Form von tough ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie was dagegen hätten, als taffe Burschen bezeichnet zu werden.« Er zog einen Stuhl an ihren Schreibtisch heran. »Also, was haben Sie erfahren?«
Sie blätterte ein Notizbuch durch. »Zabriskie House ist eigentlich ein croft , ein kleines Pachtgut. Da steht eine Kate darauf, mit einem Schlafzimmer und einem Raum, der gleichzeitig als –«
»Ich habe nicht vor, das Anwesen zu kaufen.«
»Nein, Sir. Die gegenwärtigen Besitzer wussten nichts über dessen Vorgeschichte, aber Nachbarn konnten sich an einen Typen erinnern, der das Anwesen in den Siebzigern für ein, zwei Jahre pachtete. Er nannte sich Cuchullain.« »Wie?«
»Ein mythischer Krieger, keltisch, glaube ich.«
»Und das war sein einziger Name?«
»Scheint so.«
Das passte zum Ton der Floating Anarchy Factfile: hippiekeltisch. Rebus wusste, dass Anfang der Siebzigerjahre viele junge Schotten dem Vorbild ihrer amerikanischen und europäischen Brüder gefolgt und »ausgestiegen« waren. Jahre später hatten sie dann allerdings die Neigung gezeigt, wieder einzusteigen, und waren beruflich recht erfolgreich geworden. Er wusste das, weil er selbst um ein Haar unter den Aussteigern gewesen wäre. Er war dann aber nach Nordirland gegangen.
»Sonst noch was?«, fragte er.
»Kleinigkeiten. Eine mittlerweile mehr als zwanzig Jahre alte Personenbeschreibung, geliefert von einer Frau, die seit ihrer Geburt auf einem Auge blind ist.«
»Das ist Ihre Quelle, wie?«
»In erster Linie, ja. Ein Police Constable hat sich umgehört.
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