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Raritaeten mit Biss

Raritaeten mit Biss

Titel: Raritaeten mit Biss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Mecklenburg
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Apple
    Buttrig nussiger Tannenzapfen
    »Jetzt schlägt deine schlimmste Stunde, du Ungleichrunde, du Ausgekochte, du Zeitgeschälte, du Vielgequälte, du Gipfel meines Entzückens, jetzt kommt der Moment des Zerdrückens ...« So beginnt ein Gedicht von Ringelnatz über die beliebteste Knolle Deutschlands – die Kartoffel. Doch bis dahin war es ein weiter Weg. Als das Nachtschattengewächs im 16. Jahrhundert nach Europa kam, wurden die weißen, rosafarbenen oder violetten Blüten der Pflanze gern von Adeligen am Revers getragen, die damit wohl zeigen wollten, wie weltmännisch sie waren – und doch so ahnungslos. Der Versuch, die tomatenartigen grünen Beeren der Pflanze zu essen, rief schlimme Vergiftungserscheinungen hervor. Das giftige Solanin war dafür verantwortlich, dass die Pflanze lange Zeit als ungenießbar galt und die essbaren Knollen unentdeckt ein Schattendasein im Untergrund fristeten. Erst Friedrich der Große verhalf der »Tartuffel« (der Erdapfel wurde zunächst aufgrund seines knollenartigen Aussehens für eine Art Trüffel gehalten!) 1756 in Preußen per königlichem Dekret zum Durchbruch und fand in ihr das geeignete Mittel, um die herrschende Hungersnot zu bekämpfen. Ihre »goldene Zeit« hatte die Kartoffel in den 1950er Jahren, rund 150 Kilo verbrauchte jeder Bundesbürger damals durchschnittlich im Jahr – heute liegt der Pro-Kopf-Verbrauch bei noch immer stattlichen 63 Kilo.
     

     
    Neben den üblichen Standardsorten erfreuen sich historische und bunte Edelsorten zunehmender Beliebtheit. So wie die Pink Fir Apple, eine der ältesten Sorten, die in England schon um 1850 erwähnt wurde und heute wieder verstärkt auch in Deutschland angebaut wird. In Belgien ist die längliche Fingerkartoffel mit hübschen Auswüchsen, rosa Schale und gelblichem Fleisch auch bekannt als »Corne du Gatte« (Ziegenhörnchen), in sehr vielen Regionen Deutschlands als »Rosa Tannenzapfen“ und in Schleswig-Holstein auch als »Angeliter Tannenzapfen«.
    Dank ihres würzigen, buttrig nussigen Geschmacks wird die Zapfenkartoffel nicht nur in Feinschmeckerkreisen hoch geschätzt – ihr hoher Anteil an leicht verdaulicher Stärke (16 % Kohlenhydrate) und der geringe Fettgehalt (0,1 %) sind optimal für Sportler. Auch der Gehalt an Vitamin C und B, Betacarotin und Niacin trägt zur gesunden Wirkung bei. Um die Nährstoffe – und den Geschmack – nicht zu verlieren, empfiehlt es sich, die Erdäpfel ungeschält zu garen – die Pink Fir Apple eignet sich hervorragend als Pell- oder Salatkartoffel. Nach dem Kochen noch kurz in Butter oder Öl schwenken, mit Meersalz bestreuen – fertig ist ein ebenso einfaches wie köstliches Mahl. Man kann die Pink Fir Apple mit Fisch, Fleisch und Gemüse reichen, muss man aber nicht. Denn der edle Erdapfel stiehlt ohnehin allen anderen die Show.
     

     
    Kartoffel-Kräuter-Salat
    Zutaten
    1 kg Pink Fir Apple
    1 TL Kümmel, 1 Bund Brunnenkresse
    einige junge Blätter Römischer Ampfer
    oder Sauerampfer
    ½ Bund Schnittlauch
    8 Cocktailtomaten, 2 Schalotten
    125 ml Gemüsebrühe
    1 TL Senf, 2 EL Balsamico
    6 EL Traubenkernöl, Salz, Pfeffer
     
    Zubereitung
    Die Kartoffeln mit der Wurzelbürste waschen, in 1 Zentimeter dicke Scheiben schneiden (die Schale bleibt dran) und mit Kümmel in Salzwasser in etwa 8 Minuten gar kochen.
    Die Kräuter waschen, trocken schleudern und fein hacken, die Schalotten pellen und fein hacken. Die Brühe im Topf erwärmen.
    In einer Schüssel zuerst die Schalotten mit der warmen Gemüsebrühe übergießen, wenig salzen, mehr pfeffern. Abschmecken und Senf, Balsamico und Öl unterrühren.
    Kartoffelscheiben, geteilte Cocktailtomaten und Kräuter unterheben, noch einmal abschmecken und vor dem Servieren 1 Stunde bei Zimmertemperatur durchziehen lassen.
     
    Tipp
    Serviere ich gern zu gebratenem Zander oder gegrilltem Barsch. Die Tannenzapfenkartoffeln munden auch, wenn man sie in Scheiben in Hühnerbrühe kocht, gut abtrocknet und mit einem Pesto dünn bestreicht.
     

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