Rasende Leidenschaft
du tun sollst.“
Trey nickte.
„Tja, dann solltest du abwägen, ob dein Handeln mehr Gutes oder mehr Schlechtes nach sich zieht.“
„Wenn ich das tue, was ich für richtig halte, wird es viele Leute verletzen.“
Tater betrachtete ihn ruhig. „Und das Gute?“
Das wusste Trey nicht. Er trank seine Flasche Bier aus und hielt sie hoch, damit Sandy ihm eine neue brachte. Als er Tater wieder ansah, schüttelte der den Kopf. „Das ist mein letztes, versprochen.“
„Hat diese Sache, die dich beschäftigt, etwas mit deinem Dad zu tun?“
Treys Magen zog sich zusammen. „Wie kommst du darauf?“
„Ich habe vorhin mit Cardin gesprochen. Sie hat mir gesagt, dass du heute die Unterlagen deines Vaters durchgesehen hast.“
„Ja, ich habe in seinen Unterlagen etwas gefunden, was einige Leute in ernsthafte Schwierigkeiten bringen könnte, und das will ich nicht. Nur weiß ich auch nicht, ob ich das einfach alles vergessen kann.“
„Warum nicht? Was würde denn passieren, wenn du es nicht weiter verfolgst?“
„Nichts. Alles würde für die Betroffenen weiterlaufen wie bisher.“ Für den einen Betroffenen, den es seit dem Tod von Treys Vater noch gab.
„Na, wenn es nicht um ein Verbrechen geht …“
„Geht es aber.“
„Hm, das macht die Angelegenheit knifflig“, räumte Tater ein.
So knifflig, dass Trey vom vielen Grübeln schon ganz benommen war. „Ich habe es von allen Seiten betrachtet und komme immer zum selben Ergebnis.“
„Und zu welchem?“
„Dass ich die Sache am besten auf sich beruhen lassen sollte.“
„Wo liegt dann das Problem?“
„Ich bin mir nicht sicher, ob ich mit dieser Entscheidung klarkomme“, gestand Trey.
„Willst du denn Gerechtigkeit? Oder geht es dir um Rache?“
Damit hatte sein Freund den Nagel auf den Kopf getroffen, denn das war genau die Frage, der Trey bisher erfolgreich ausgewichen war. Jeb Worth hatte all die Jahre mit seiner Tat gelebt und würde sein Wissen mit ins Grab nehmen. Seit siebzig Jahren trug er diese Last mit sich herum – war das nicht Strafe genug? Wenn Trey mehr wollte, ging es ihm dann nicht um Rache? Außerdem wäre angesichts der Umstände die einzige Konsequenz, die Jeb zu befürchten hätte, dass alle von seiner Tat wüssten und er mit dieser Schande leben müsste.
Ja, Trey wollte Gerechtigkeit, aber er wollte Jeb nicht öffentlich demütigen. „Nein“, sagte er daher, „ich will keine Rache.“
„Dann sollte dir die Entscheidung leichterfallen.“
„Zumindest hast du mir einiges gegeben, worüber ich nachdenken muss.“
„Ich kann dir noch mehr geben. Sandy behauptet, sie habe noch nie jemanden getroffen, der mehr über absolut nichts redet als ich.“
„Und da wundert es dich, dass ich dich nie angerufen habe“, entgegnete Trey trocken.
Sie mussten beide zugleich losprusten. Als sie gerade das verschüttete Bier vom Tisch wischten, gesellte Cardin sich zu ihnen.
„Ist es ungefährlich, sich zu setzen?“, fragte sie, und statt zu antworten, klopfte Trey neben sich auf die Sitzbank. Tater klopfte ebenfalls auf den Platz neben sich, doch statt sich zu einem von beiden zu setzen, nahm sie einen Stuhl vom Nebentisch und setzte sich ans Kopfende des Tisches. Erst sah sie von Tater zu Trey, dann auf die Essensreste. „Ich weiß gar nicht, warum ich hier bin.“
„Du bist hier, weil diese Party ein wenig Klasse braucht“, sagte Trey.
„Klasse – ist das eine Rennkategorie?“, meinte Tater.
„Ich glaube, ihr habt beide ein wenig zu tief ins Glas geschaut.“
„Wir hatten uns viel zu erzählen“, verteidigte Tater sich. „Halte deinen Mann nicht unterm Pantoffel.“
„Genau, halte deinen Mann nicht unterm Pantoffel“, pflichtete Trey seinem Freund bei, obwohl ihm längst klar war, dass er nicht mehr allein nach Hause fahren sollte. Nach Hause. Zu Cardins Wohnung, zu ihrem Bett. In dem er nie wieder schlafen würde, wenn er ihren Großvater anzeigte.
Er stand auf. „Komm, bring mich nach Hause, bevor ich eine Dummheit begehe und jedes einzelne Bier bereue, das ich getrunken habe.“
12. KAPITEL
Um zwölf Uhr in der Nacht des Moonshine-Rennens saß Cardin im Licht der gleißenden Stadionbeleuchtung und wünschte, sie hätte ihre Ohrstöpsel nicht vergessen. Ihr Körper vibrierte bis in die Zehenspitzen, wenn die Wagen vorbeidonnerten.
In den vergangenen Jahren hatte sie hier mit Delta gesessen, weil Eddie in Jebs Wagen saß. Heute Nacht saßen ihre Eltern beide auf der Bank hinter ihr, weil Trey den
Weitere Kostenlose Bücher