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Rasheed, Leila

Rasheed, Leila

Titel: Rasheed, Leila Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rueckkehr nach Somerton Court
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einer riesigen Eisskulptur in der Mitte – ein Elefant mit einer Sänfte auf dem Rücken. Die Wände waren mit indischer Seide behängt, mit der auch die Stühle bezogen waren.
    Ein begeistertes Raunen ging durch den Raum. Lady Wellingborough nahm Lord Westlakes Arm, und auch die anderen Gäste taten sich zusammen, jeder mit dem Nächsten gleichen Rangs, um so zur Tafel zu schreiten.
    »Darf ich?« Lord Fintan bot Ada den Arm. Sie hatte keine andere Wahl, als anzunehmen.
    Als sie zum Speisesaal hinübergingen, warf sie einen verstohlenen Blick zurück. Sie wünschte, sie hätte es unterlassen. Gleich hinter ihnen gingen Ravi und Charlotte, und beider Augen sprühten Funken.

    Rose sprang mit dem Rest des Publikums auf. Sie hörte sich nicht klatschen, hörte kaum den donnernden Applaus der anderen. Sie hatte Sebastian völlig vergessen, bis er eine Hand auf ihre Schulter legte.
    Sie drehte sich zu ihm. »Oh, Sir – ich meine …« stotterte sie, als ihr einfiel, dass sie sich nicht wie ein Dienstmädchen benehmen durfte. »… Mr Templeton. War das nicht wunderbar? Ich habe noch nie solche Musik gehört.«
    »Ja, es war großartig.« Sebastian lächelte sie an. »Vielleicht spielt er eine Zugabe.«
    Rose war nicht ganz sicher, was das war, applaudierte aber weiter. Die Musik war so einfach und doch so ausdrucksstark, sie hatte sie an die Märchen erinnert, die ihre Großmutter ihr erzählt hatte, als sie klein war. Magie, Wunder, Zwerge, Ringe mit verzauberten Steinen – sie hätte sich nie träumen lassen, dass sich so etwas in Musik verwandeln ließe. Sie klatschte immer heftiger, wenn sie daran dachte, wie Mr Vronskys lange, flinke Finger über die Tasten geflogen waren, als wären auch sie verzaubert.
    Der Applaus schwoll an, als der Russe auf die Bühne zurückkehrte und sich lächelnd verbeugte. Er ging an den Flügel, setzte sich und bat das Publikum mit einer Handbewegung um Ruhe. Als Rose und alle anderen sich gehorsam setzen, sagte er: »Danke, danke. Ich bin sehr bewegt.« Er strich mit einem Finger nachdenklich über die Tastatur und wandte sich dann an das Publikum: »Ich hatte vor kurzem das Glück, eines Ihrer englischen Landhäuser zu besuchen. Mir wurde eine bezaubernde kleine Melodie vorgespielt, die ich gern an Sie weitergeben möchte. Ich habe nicht die Erlaubnis von der Komponistin, aber ich glaube, sie hätte nichts dagegen. Ein erstaunliches, vielversprechendes und noch so junges Talent.«
    Er hob die Hände und begann zu spielen.
    In den ersten Sekunden glaubte Rose zu träumen. Dann zog eine tiefe Röte über ihr Gesicht. Sie warf verstohlene Blicke nach links und rechts, die Leute mussten doch merken, wie aufgewühlt sie war. Aber niemand sah sie an. Alle waren von der Musik hingerissen. Verzaubert – von ihrem »Orientalischen Tanz«.
    Rose presste die Hände an die Wangen und versuchte, die Tränen der Aufregung und Freude zurückzuhalten. Mr Vronsky spielte ganz anders als Georgiana, er interpretierte mit einem gewissen Pathos und brachte Bedeutungen und Gefühle zum Vorschein, die sie in ihrer Komposition nie vermutet hätte. Unter seinen Händen verwandelte sich ihre Melodie von dem lieblichen, vertrauten Lied einer englischen Amsel in einen schwermütigen Klagegesang. Als er geendet hatte, trat eine ehrfürchtige Stille ein, und dann brach das Publikum in Ovationen aus.
    Rose war so tief berührt, dass sie nicht klatschen konnte. Sie wusste nicht einmal mehr, wo sie war, bis Sebastian sie am Arm fasste.
    »Rose? Zeit zu gehen.« Er lächelte sie freundlich an.
    »Oh? Ach ja …«, stammelte sie. Wie eine Schlafwandlerin folgte sie ihm aus der Loge ins Treppenhaus.
    »Alles in Ordnung?« Sebastian klang besorgt.
    Sie nickte. »Ja, … ich bin nur … überwältigt …«
    »Setzen Sie sich hierher. Ich besorge Ihnen etwas zu trinken.« Sebastian führte sie zu einem Stuhl und verschwand in der Menge. Rose klammerte sich mit beiden Händen an die Stuhllehne. Was war nur gerade passiert? Ihr kühnster Traum war wahr geworden, und dennoch wusste niemand, dass sie die Komponistin war. Sie konnte nicht anders, als sich zu wünschen, dass man es doch wüsste. Plötzlich machten Adas Worte – Sie müssen auf die Flamme, die Sie in sich tragen, stolz sein – auch für sie Sinn. Sie war voller Angst und Freude zugleich. Es war, als hätte sie für einen Moment den Himmel berührt und müsste nun zur Erde zurück.
    Sebastian kam mit einem Glas in der Hand auf sie zu. Es sah aus wie

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