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Rasheed, Leila

Rasheed, Leila

Titel: Rasheed, Leila Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rueckkehr nach Somerton Court
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ihrer Hand unsanft und mit lautem Geklirr auf dem Unterteller landete.
    Fiona zog die Augenbrauen hoch, als Mrs Verulam ihr eine Zeitung mit schreiender Aufmachung vorlegte. Ada sah auf einen Blick, dass es sich nicht um eines der renommierteren Blätter handelte.
    »Was, um Himmels willen, ist denn das? Etwas aus der Dienstbotenstube?«
    »Ja. Baines, mein Butler, ist so freundlich und hebt sie für mich auf.«
    Charlotte durchquerte den Salon und blickte ihrer Mutter über die Schulter.
    »Der Illustrated ?« Sie lachte schockiert. »Mrs Verulam, Sie lesen doch bestimmt nicht dieses grauenhafte Schundblatt.«
    »Ach, sind Sie sich da so sicher?« Mrs Verulam schoss einen durchdringenden Blick auf sie ab. »Aber ganz gewiss lese ich dieses Schundblatt. Wie sollte ich sonst erfahren, was meine Freunde so treiben?«
    Das Hausmädchen tat, als unterdrücke es einen Hustenanfall, und eilte mit bebenden Schultern hinaus. Ada hielt sich die Hand vor den Mund, um ein Lächeln zu verbergen.
    Fiona seufzte und nahm die Zeitung in die Hand. »Was hat der Kerl denn jetzt wieder angestellt?«, fragte sie nachsichtig, aber doch mit einem besorgten Unterton.
    »Schlagen Sie die Seite neun auf, da stehen in der Regel die Nachrichten aus dem Gesellschaftsleben«, empfahl Mrs Verulam.
    Ada beobachtete sie nervös; sie war sich des ungeschriebenen Gesetzes bewusst, dass der Name einer Lady nur drei Mal in ihrem Leben in der Zeitung erscheinen durfte: bei Geburt, Eheschließung und Tod. Sie hoffte, Sebastian hatte nichts getan, was ein schlechtes Licht auf die Averleys werfen würde. Und zum ersten Mal heute dachte sie an Rose. Da sie wusste, dass Rose müde sein würde, hatte Ada sie weder bei ihrer Rückkehr noch am Morgen geweckt. Sie hatte es fertiggebracht, sich selbst aus- und anzuziehen. Das gab ihr ein herrliches Gefühl von Unabhängigkeit.
    Fiona sog scharf die Luft ein, als sie die Seite aufschlug. »O mein Gott!«
    »Ist das nicht aufregend?« Mrs Verulam zog ihr die Zeitung aus den Händen und zeigte sie Charlotte. Ada konnte ihre Neugier nicht länger bezwingen und eilte ebenfalls hinüber. »In flagranti erwischt – zumindest mit einer Frau …«
    »Mrs Verulam!« Fionas Stimme war eisig.
    »… die sowohl schön als auch gut angezogen ist, wollte ich sagen«, beendete Mrs Verulam ihren Satz in aller Ruhe.
    Ada starrte entsetzt auf das Foto. Ein Irrtum war unmöglich: In der Mitte strahlte der lange, schlaksige Pianist aus Russland, auf der einen Seite standen die Churchills, und auf der anderen Seite – unverkennbar – Sebastian und Rose, abgelichtet mitten in einem Kuss.
    »Ach du meine Güte«, sagte sie schwach. Was war denn da passiert? Warum hatte Sebastian das getan? Sie blickte auf und sah sofort, dass auch Charlotte und Fiona Rose erkannt hatten.
    Mrs Verulam lud sich ein Stück Kuchen auf den Teller und stocherte mit der Gabel geziert darin herum. »Die Leute mutmaßen, es handle sich um eine russische Prinzessin. Für mich sieht sie nicht russisch aus, aber was kann man anhand solcher Bilder schon sagen?«
    Charlotte fand als erste die Sprache wieder. »Ich glaube nicht, dass sie Russin oder irgendeine Prinzessin ist. Wahrscheinlich ist sie eine Frau aus der Stadt, die er dafür bezahlt hat, dass sie ihn begleitet.«
    »Nein, nein, unmöglich. Ich kenne Leute, die tatsächlich dabei gewesen sind, und die haben mir versichert, sie sei eine perfekte Lady gewesen. So etwas lässt sich nicht vortäuschen, das wissen Sie ja.« Sie griff wieder nach der Zeitung und betrachtete das Foto eingehend.
    Ada schluckte. Sie wollte nicht, dass Lady Verulam mit ihrer klugen Nase mehr ausschnüffelte als unvermeidlich. Wenn sie auch nur eine Ahnung von der Wahrheit bekam, dann wüsste bis Mittag die ganze Stadt davon, egal, ob Fiona ihre Freundin war oder nicht. Es juckte sie in den Fingern, ihr die Zeitung aus der Hand zu reißen und ins Feuer zu werfen.
    Zu ihrem Entsetzen sagte Lady Verulam: »Ada, wenn es nicht zu viel Mühe ist, würde ich gern mit Ihrer Zofe sprechen. Wenn ich mich recht erinnere, war sie es doch, die Ihren Hut, der mir bei meinem Tee-Empfang so gefiel, zurechtgemacht hat. Ich möchte, dass Dobbs mit meinem blauen Seidenhut etwas Ähnliches anstellt. Würde es Ihnen etwas ausmachen?«
    »N-nein, g-gar nicht«, stammelte Ada. Charlotte und Fiona sahen sie entgeistert an, aber sie konnte Mrs Verulam ihren Wunsch schlecht abschlagen. »Selbstverständlich … Ich … werde sofort nach ihr

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