Rasheed, Leila
bleibt.«
Ada stand stumm da, mit Tränen in den Augen. Noch nie im Leben hatte sie solche Schuldgefühle gehabt. Rose war ihr so wichtig geworden, eine echte Freundin. Der Gedanke, sie zu verlieren, war ihr unerträglich, und dazu noch auf diese Art!
Es gab nur noch eine Hoffnung: ihren Vater. Sie bebte innerlich vor Angst bei der Vorstellung, ihm von ihrer Dummheit zu berichten, aber das bliebe ihr nun einmal nicht erspart. Sie musste Rose retten. Auf der Stelle drehte sie sich um und lief aus dem Wintergarten.
Ada fand ihren Vater in der Bibliothek, wo er die Zeitungen studierte.
»Papa? Ist alles in Ordnung?«, fragte sie beim Anblick seiner gerunzelten Stirn.
»Ada?« Er sah mit einem müden Lächeln auf. »Die Situation auf dem Kontinent wird immer beunruhigender – aber weshalb kommst du denn zu mir?«
Ada holte tief Luft.
»Ich habe eine Dummheit gemacht«, platzte sie heraus. »Eine sehr, sehr große Dummheit – und darunter leiden muss jemand, der es nicht im Geringsten verdient. Bitte, Vater, du musst helfen.«
Rasch erzählte sie ihrem Vater die ganze Geschichte und wand sich innerlich, als sie das Entsetzen und den Zorn in seinen Augen sah.
»Ohne mich wäre Rose nie in diese Situation gekommen«, endete sie kläglich. »Sie ist unschuldig. Alles war mein Fehler.«
»Und Sebastians!«, brach es aus ihrem Vater voller Wut heraus. Er stand auf und lief hin und her. »Fiona handelt, wie eine verantwortungsbewusste Mutter handeln muss. Einen solchen Vorfall in aller Öffentlichkeit kann man nicht einfach hinnehmen, vor allem nicht so kurz vor deiner ersten Saison. Wenn dich auch nur der leiseste Hauch eines Skandals umgibt … Was hast du dir bloß dabei gedacht , Ada?« Er baute sich vor ihr auf. »Konntest du nicht sehen, welcher Gefahr Rose ausgesetzt sein würde, allein mit solch einem frivolen Kerl wie Sebastian?«
Tränen der Beschämung stiegen Ada in die Augen. Er war noch zorniger, als sie erwartet hatte. »Es tut mir leid, Papa. Ich wollte nur … ich wollte ihr ja nur etwas Gutes tun.«
»Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert«, brummte er. Er sah aus, als würde er angestrengt nachdenken oder als erinnere er sich an etwas, von dem sie nichts wusste.
»Bitte, Papa«, sagte Ada. »Rose verdient das nicht. Du kannst doch nicht zulassen, dass Lady Westlake sie ohne einen Penny in London auf die Straße setzt.«
»Das geht tatsächlich nicht.« Ihr Vater sah so ernst aus, wie sie ihn noch nie gesehen hatte. »Das würde ihr Verderben bedeuten. Ich hätte schon früher für ihre Sicherheit sorgen sollen.«
Ada sah ihn verwirrt an. Ihr Vater fing ihren Blick auf und räusperte sich verlegen.
»Ich werde zusehen, dass Fiona sie erst entlässt, wenn wir wieder auf Somerton Court sind und sie die Unterstützung ihrer Mutter hat«, erklärte er entschieden. »Aber ich weiß nicht, Ada, ob ich sie weiter in unserem Haus behalten kann. Der Schaden ist nun einmal entstanden.«
Mit einem Tränenschleier vor den Augen, packte Rose ihre Sachen. Sie konnte kaum glauben, was gerade mit ihr passierte, und fühlte sich wie in einem grauenhaften Albtraum. Dauernd musste sie daran denken, was ihre Mutter sagen würde, wenn sie davon erführe. Würde sie glauben, dass es nicht ihre Schuld war? Wenn Rose sich den Zorn und die Enttäuschung ihrer Mutter vorstellte, bekam sie eine Gänsehaut.
Sie besaß nicht viel; ihre Uniformen gehörten der Familie. Die Habseligkeiten in ihrem Koffer nahmen sich sehr dürftig aus. Sie wandte sich zur Tür und schrak zurück. Dort lehnte Stella Ward und beobachtete sie.
Rose wischte sich die Tränen mit dem Handrücken ab.
»Du bist wohl gekommen, um dich an meinem Unglück zu weiden«, sagte sie bitter. Stella hatte sie nie gemocht, so viel war klar.
»Ich habe tatsächlich einmal gesagt: Wer auf dem hohen Ross sitzt, kann tief fallen.« Stella lächelte so geziert, dass Rose sich beherrschen musste, um ihr nicht in ihr hochmütiges Gesicht zu schlagen. »Aber du tust mir Unrecht, Rose. Ich bin hier, um dir zu helfen. Ich habe eine Idee, wie du deine Stellung retten könntest.«
Rose lachte halb überrascht, halb ungläubig auf.
Stella sah sie verletzt an. »Sag bloß, du glaubst mir nicht. Du tust mir leid, Rose. Du warst als Zofe einfach überfordert. Erinnerst du dich denn nicht mehr an den guten Rat, den ich dir am ersten Tag gegeben habe?«
Rose schüttelte den Kopf. Sie war furchtbar müde und von den Ereignissen des Tages verwirrt;
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