Rasheed, Leila
zu tun?«
Georgiana starrte ihn mit offenem Mund an. Die Welt, die sich gerade noch so köstlich gedreht hatte, kam mit einem knirschenden Ruck zum Halt. »Pr… Priya?«, stieß sie hervor. »Du bist in Priya verliebt?«
»Sie ist die schönste, eleganteste, vornehmste …« Über sein Gesicht legte sich ein träumerischer Ausdruck, den Georgiana noch nie an ihm gesehen hatte.
»O-o-o-oh …« Georgiana bemühte sich verzweifelt, ihre Enttäuschung zu verbergen. »Dann waren die Rosen also für …«
»Ja, ich wollte sie ihr schenken, aber ich habe den Moment verpatzt wie der letzte Trottel. Das wollte ich dich nämlich fragen. Jedes Mal, wenn ich in ihre Nähe komme, fällt mir kein einziges Wort mehr ein, was ich sagen könnte. Deshalb dachte ich, ob du nicht …?« Er sah sie flehentlich an. »Ich meine, du bist schließlich ein Mädchen. Du weißt doch, was man so zu Mädchen sagt. Wenn du sie einfach wissen lassen könntest, was ich für sie empfinde, und vielleicht herausfinden könntest, was sie empfindet …?«
Georgiana holte tief Luft. Sie fühlte sich wie eine Sandburg, über die gerade die größte Welle des Jahrhunderts hinweggedonnert war. Aber das durfte sie ihm nicht zeigen. Es war nicht seine Schuld, dass sie sich so getäuscht hatte. Und außerdem besaß sie den Stolz einer Averley.
Aber eines stand ihr ganz klar vor Augen. »Michael, sie ist das Kindermädchen«, sagte sie so behutsam wie möglich.
»Na und? Sie ist wunderschön!«
»Ich weiß, aber …« Sie suchte nach Worten. Ihn jetzt besonnen zur Vernunft zu rufen fiel ihr nicht leicht, aber sie hatte das deutliche Gefühl, dass sie ihn warnen musste. »Michael, es wäre euch nie erlaubt, zusammen zu sein, begreifst du nicht?«
Er stieß zornig den Fuß in den Kies. »Ich hätte nicht gedacht, dass ausgerechnet du so versnobt sein würdest …«
»Ich bin nicht versnobt, sondern nur pragmatisch. Kannst du dir vorstellen, was deine Mutter dazu sagen würde?« Aus seinem Gesichtsausdruck schloss sie, dass er es konnte. »Ist es wirklich fair gegenüber Priya, sie so unter Druck zu setzen?«
Michael ließ den Kopf hängen. »Vielleicht nicht«, brummte er. »Aber was soll ich dann tun?«
»Warten«, sagte Georgiana wie aus der Pistole geschossen. »Ich glaube nicht, dass du aufhören solltest, sie zu lieben, aber du solltest eine Weile warten, bevor du mit ihr redest. Ich glaube, das würde es für euch beide einfacher machen.«
Es ging ihr ans Herz, so unglücklich sah Michael aus. Sie trat dicht an ihn heran und legte ihm sanft die Hand auf den Arm.
»Du darfst nicht verzweifeln, Michael. Ich verspreche dir, wenn du in einem Jahr noch immer genauso empfindest, dann tue ich alles, was in meiner Macht steht, um euch zu helfen, dass ihr zusammen sein könnt. Aber deine Gefühle müssen über jeden Zweifel erhaben sein, verstehst du? Um aller Beteiligten willen.«
Das Licht der Laterne flackerte im Dunkel des Dienstbotengangs und malte unheimliche Schatten auf Marthas Gesicht. Sie warf einen Blick nach hinten.
»Ein bisschen schneller, Tobias. Mir gefällt das nicht.«
»Kriegst du schon kalte Füße?«, brummte Tobias. Er machte sich mit einem kleinen Metallinstrument an der Tür zur Haushälterinnenstube zu schaffen.
»Du weißt, was passiert, wenn wir erwischt werden.« Martha fröstelte.
»Hab dich nicht so. Ich hab das schon tausendmal gemacht, und es hat immer funktioniert. Wir müssen uns schon sehr blöd anstellen, damit sie was spitzkriegen.« Noch während er redete, gab es einen leisen Klick, und das Schloss ging auf. »Na siehst du!«
Hastig traten sie in die Wohnstube von Mrs Cliffe. Prompt stieß Martha gegen etwas Großes und unterdrückte einen Aufschrei, aber es war nur der Schaukelstuhl. Die Stube war still und dunkel, Mrs Cliffe hatte sich schon vor Stunden zurückgezogen.
»Jetzt schau einfach, dass du Roses Brief findest. Für den wird uns Miss Ward einiges hinblättern«, sagte Tobias. Er sah Martha finster an. »Aber diesem Kindermädchen wird es noch leidtun, dass ich wegen ihr solche Scherereien bekommen habe.«
Martha eilte zu dem Sekretär in der Ecke. Sie stellte die Laterne darauf, schob den Rollladen hoch und begann die diversen Papiere durchzusehen, die wohlgeordnet in verschiedenen Fächern steckten.
»Pass auf, du Spatzenhirn, dass du nichts durcheinanderbringst, sonst merkt sie gleich, was los ist.«
»Da, geh das mal durch.« Martha drückte ihm einen mit einem Band verschnürten Packen
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