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Rashen - Einmal Hölle und zurück: Roman (Neobooks) (German Edition)

Rashen - Einmal Hölle und zurück: Roman (Neobooks) (German Edition)

Titel: Rashen - Einmal Hölle und zurück: Roman (Neobooks) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela B. Wahl
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rauschten, ich konnte nichts denken, nichts fühlen. Ich war wie betäubt. Der Schmerz durchströmte mich und raubte mir den Atem. Ich dachte daran zurück, wie ich die Nachricht von seinem Tod erhalten hatte. Es waren seine Eltern, die mich anriefen. Zunächst hatte ich nichts verstanden, doch das kreischende Heulen von James’ Mutter war mir durch Mark und Bein gegangen. Mit einem Schlag hatte sich meine gesamte Zukunft verändert. Tot. James war tot.
    »Soll ich mitkommen?«, fragte Jess leise.
    »Nein. Ich wäre gerne alleine.«
    Jess nickte, sah mich lange an und umarmte mich fest, ehe sie mich losließ und einen Schritt zurücktrat. Ich ging in das kleine Haus, fühlte die dröhnende Stille, die sich über mich senkte. Mit wild klopfendem Herzen blieb ich stehen. Atmete tief durch. Sammelte mich. Meine Hände waren schweißnass und kalt. Das Gefühl, einfach umzudrehen und wegzurennen, überkam mich ganz plötzlich. Doch es zog mich weiter ins Innere. Drinnen war es eiskalt. Ich machte einen Schritt. Noch einen. Hinter der Glaswand befand sich ein dunkelroter Sarg. James’ Augen waren geschlossen, der Mund leicht geöffnet. Er trug ein weißes Hemd, doch waren nur die Ansätze seiner Schultern zu erkennen. Ich wusste, dass seine Unterarme zertrümmert und seine Beine mehrmals gebrochen waren. Sein bizarrer Anblick raubte mir den Atem, und ich drückte meine Hand an den Hals. Er hatte Schrammen auf der Stirn und auf der Wange, doch ansonsten wirkte er so friedlich, als würde er schlafen. Tränen rannen meine Wange hinab. Rasch wischte ich sie fort.
    »Oh, James, warum?«, fragte ich tonlos in die Stille hinein.
    Müde schloss ich die Augen und drückte meine Stirn gegen die eiskalte Glasscheibe, die den pochenden Schmerz hinter meinen Schläfen linderte. Ich verweilte einige Sekunden in dieser Position und sah James ein weiteres Mal an.
    »Mach’s gut, Geliebter.«

Kapitel 10

    Alltag ist nichts für mich. Definitiv nicht.

    Ich hebe meine Hand und winke ein Taxi heran. Das schwarze Ungetüm hält mit quietschenden Reifen neben uns, und ich öffne die Hintertür. Es ist kühl, windig und neblig. London eben. Wenigstens pisst es nicht. Einige Passanten laufen an uns vorbei, eilen über die Straße, springen in den Bus oder telefonieren mit dem Büro, weil sie sich verspäten. Manchen von ihnen folgt ein Dämon, gerade denjenigen in den etwas teureren Anzügen. Ich persönlich stecke in einem einfachen grauen Sweatshirt, das zu meinem Aussehen passt und das, wie ich hoffe, nicht ein Überbleibsel von James ist. Ich tippe eher auf einen One-Night-Stand, der es vergessen hat.
    Ich grinse und nicke einem Dämon zu, der mich verwundert anstarrt.
    »Rashen, was tust du da?«
    Claire sieht wütend aus, als sie die Hände in die Hüfte stemmt. Über ihrer Nasenwurzel bildet sich eine steile Falte, und alle Freundlichkeit ist wie weggezaubert. Unser kleines morgendliches Techtelmechtel ist ebenfalls wie weggeblasen. Aus den Gedanken, aus dem Sinn. Weil ich sie seitdem so behandelt habe, wie sie es verdient. Wie einen Menschen, und normalerweise mag ich keine Menschen.
    »Ich dachte, wir fahren zur Universität.«
    »Doch nicht mit dem Taxi! Wir nehmen die Bahn.«
    »Underground?«
    »Was denn sonst?«, schimpft Claire kopfschüttelnd, schlägt die Tür, die ich in der Hand halte, zu und lächelt den Fahrer, der sich mit wüstem Fluchen wieder in den Verkehr einreiht, entschuldigend an. »Wir haben keine Zeit. Nach deiner Zwanzig-Minuten-Duschsession ist es verdammt knapp geworden.«
    »Dann schreib die dämliche Prüfung wann anders.«
    Claire presst den Mund zusammen, steckt ihre Hände in die Tasche ihres Mantels, der ihr doch recht sommerliches Outfit vor der Kälte schützt, und marschiert einfach weiter, zu dem roten, kreisrunden Zeichen, das den Eingang der Underground-Station ankündigt.
    »Ich liebe mein Studium. Ich muss die Prüfungen schreiben.«
    »Dann versuch, so viel wie möglich Geld zu scheffeln, bevor du fertig bist. Denn mal unter uns, die Miete für deine Traumwohnung wirst du danach nicht bezahlen können. Und, tut mir leid, wenn ich ehrlich bin, du wirst nicht ewig wie zwölf aussehen. Irgendwann wird auch deine Haut schrumpeln und alt werden, und dann solltest du schon längst einen besseren Job haben. Oder tot sein, das wäre auch noch eine gute Alternative.«
    Mit einem verbissenen Ausdruck im Gesicht löst Claire eine Karte für mich und tritt anschließend als Erstes durch das Drehkreuz,

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