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Rashminder Tage 01 (German Edition)

Rashminder Tage 01 (German Edition)

Titel: Rashminder Tage 01 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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den düsteren, fensterlosen Kellerraum, in dem die rangniedrigen Bandenmitglieder schliefen. Es war schmutzig, kalt, muffig. Lebendige Spinnen krabbelten über tote Artgenossen, die wie kleine Mumien an den Wänden hingen. Es roch nach dem Wein, den die Priester hier unten früher gelagert hatten, obwohl der Raum gewiss schon seit zwanzig Jahren leer stand. Hier zu schlafen war kein Vergnügen, aber Cael beschwerte sich genauso wenig wie alle anderen – Querulanten wurden blitzschnell entsorgt.
    Auf dem Weg nach oben folgte er einem von Fackeln erleuchteten schmalen Gang. Oben bedeutete keineswegs, dass er zurück zum Tageslicht gehen durfte. Nach dem Erdbeben war der Tempel in einen Hohlraum abgestürzt, der sich plötzlich unterirdisch geöffnet haben musste, die gesamte Anlage war verschüttet worden. Es gab bloß zwei Zugänge von außen, die kaum jemand kannte. Die Fluchmagie von Varel, dieser Pestbeule, sorgte dafür, dass niemand zufällig darüber stolperte.
    Cael betrat den ehemaligen Hauptraum des Heiligtums. Hier hatten früher Priester beiderlei Geschlechts gebetet, und was immer die Kuttenträger sonst noch taten, um ihren Göttern zu dienen. Karchos nutzte ihn für sich, wie es ihm gefiel. Er aß, schlief, feierte hier drinnen, wo die Luft deutlich besser war und man nicht überall auf geborstene Stützbalken und Risse im Gestein starren musste, in ständiger Angst, dass einem die Decke auf den Kopf fallen könnte.
    Das Wiesel war ein kleiner, sehr dünner Mann mittleren Alters. Seine weißen Haare ließen ihn älter wirken, manch einer hatte bereits den Fehler gemacht, ihn für einen harmlosen Alten zu halten. Spätestens ein Blick in die harten dunklen Augen machte klar, Karchos war weder harmlos noch schwach …
    Er hatte den ehemaligen Gebetsschrein der Erdmutter zu einer Art Thron umfunktioniert, auf dem er tagsüber residieren, nachts gemütlich schlafen konnte. Cael nickte ihm respektvoll zu, unruhig gespannt, was ihn erwarten würde.
    „Cymon!“, rief Karchos mit einem jovialen Lächeln, das seine beinahe unnatürlich weiß glänzenden Zähne enthüllte. Cymon war Caels Tarnname. Karchos war seltsam besessen von körperlicher Sauberkeit. Cael kannte niemanden sonst, der mit so viel Penetranz seine Zähne pflegte und um den Zustand von Haaren, Nägeln, Haut und Kleidung besorgt war. Zumindest keinen Mann. Für jemanden, der in sämtlichen Dreckslöchern von Rashmind bis Zarul und jenseits der Eisenberge gehaust hatte, sich in den finstersten Kaschemmen daheim fühlte, Chaos und Schmutz in seiner unmittelbaren Umgebung duldete und den Abschaum der Menschheit als Mitarbeiter um sich scharte, war das mehr als nur eine seltsame Marotte. Nur ein Narr wagte allerdings, über diesen exzessiven Hang zur körperlichen Reinlichkeit zu spotten. Karchos zögerte nicht, seine Hände mit Blut zu besudeln. Er hatte schon Männer aus geringeren Gründen als Spott hingerichtet, um sich anschließend bei einem heißen Bad von dieser Strapaze zu erholen.
    „Hascht’n Ufftrag, Wiezel?“, fragte Cael im breitesten Rashminder Straßendialekt, den er nicht erst hatte erlernen müssen. Gerade die Tatsache, dass er aus den dunkelsten Ecken der Gossen gekrochen war, empfahl ihn für solche Einsätze. Das, und noch einiges mehr …
    „Ich wollte bloß ein wenig plaudern, mein Lieber.“ Karchos Lächeln vertiefte sich, während bei Cael sämtliche inneren Warnglocken Sturm läuteten. Er verzichtete beherrscht auf einen ruhelosen Rundblick – auch so konnte er spüren, dass er keine Fluchtmöglichkeit hatte. Ohne sich seine aufflammende Nervosität anmerken zu lassen, erwiderte er das Lächeln gelassen und setzte sich scheinbar entspannt auf der Holzplatte eines der an der rechten Wand aufgereihten Tische nieder. Dafür musste er schmutziges Geschirr und die Reste von Karchos’ Frühstück beiseiteschieben. Eine Geste, die ihm den unauffälligen Blick zur Treppe erlaubte, die er gerade erst hochgestiegen war. Vier der übelsten Schläger von Karchos’ Bande hatten sich dort breit gemacht und grinsten in seine Richtung.
    „Plaudern, eh?“, erwiderte er mit, wie er hoffte, unbekümmerter Miene.
    „Ja. Zum Beispiel darüber, warum du bis jetzt leben durftest. Oder warum du jetzt sterben wirst. Das heißt, nein, falsch, allzu rasch wirst du nicht erlöst werden.“ Karchos Lächeln blieb unverändert freundlich.
    Cael grinste ihm dafür unverändert frech ins Gesicht. Er würde auch einen Dreigehörnten angrinsen,

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