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Rassenwahn: Kriminalroman (German Edition)

Rassenwahn: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Rassenwahn: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Gustmann
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erfüllen. Er genoss es, die drei damit seelisch zu foltern, bevor er mit
der körperlichen Tortur begann. Wie Wassertropfen, die stundenlang von der Decke
auf die Stirn tropfen und den Gefangenen zum Wahnsinn treiben, übte auch dieses
Geräusch seine hypnotische Wirkung aus. Dräger kannte sich aus. Er war bewandert
auf dem Gebiet des Folterns. Zumindest in der Theorie. Nun war die Stunde der Praxis
für ihn gekommen, um aus dem Lehrling einen Meister zu machen. Er hatte alle Techniken
studiert, um Menschen Leid zuzufügen, sei es auf psychischer oder auf physischer
Ebene. Sie durch verschiedene diabolische Maßnahmen in ihrer Seele auszudörren,
bis jeglicher Funken Hoffnung auf ein Überleben erloschen war und es dem Opfer am
Ende egal war, wie es ausginge, solange es schnell gehen würde. Bei körperlich zugefügten
Schmerzen verhielt es sich seiner Meinung nach anders. Zuerst würde der ›Patient‹
sich wehren, sich aufbäumen, würde seinen Peiniger anflehen, gegen sein Schicksal
rebellieren, bevor er die Unausweichlichkeit und die Endgültigkeit der Situation
begriff. Dann, nach diversen ›Anwendungen‹ seiner Kunst, würde das Opfer beginnen
zu winseln und in Anbetracht seines nahen Endes keine Kraft mehr aufbieten und sich
ergeben. Der Zeitpunkt der Aufgabe käme bei jedem verschieden schnell, und er plante,
die Grenzen des individuellen menschlichen Leidensvermögens mit wissenschaftlicher
Genauigkeit auszuloten.
    Lars Dräger
hatte ein neues Hobby entdeckt. Der einfache, schnelle Auftragsmord, als er den
angeschlagenen Nazi Gerhard Strocka endgültig niederstreckte, hatte eine neue Leidenschaft
in ihm aufflammen lassen. Er wunderte sich, wie leicht es gewesen war, jemandem
das Leben zu nehmen, beobachten zu können, wie die Seele den Körper verließ und,
wer weiß wohin, entschwand. Er wusste zwar, dass Töten an sich ungesetzlich war
und allgemein als moralisch verwerflich galt, doch er konnte in seinem Inneren keinerlei
Deckungsgleichheit zu diesen Geboten finden. Zumal es sich bei seinen Opfern um
Menschen handelte, die ihr Leben gelebt hatten und nach Ansicht seiner Auftraggeber
kein Recht auf Verlängerung desselben hatten. Man hatte entschieden, sodass er sich
keine Gedanken mehr zu machen brauchte. Dass man ihn ausgewählt hatte, empfand er
als große Ehre, ihn, den unerfahrenen Henker. Ihn, dessen Größe endlich erkannt
worden war. Sein Vater hatte ihn einen Nichtsnutz genannt, bis er 19 war. Er hatte
ihn aus dem Haus getrieben, in das er nun zurückgekehrt war, nachdem die Eltern
endlich tot waren. Nein, er hatte keinen Anteil daran gehabt, zumindest nicht in
dem Sinne, dass er Hand angelegt hätte. Nur in dem Maße, wie hasserfüllte, unsichtbare
Gedanken ihr Pendant in der sicht- und greifbaren Welt gefunden hatten. Wenn Wünsche
die Vorläufer der Wirklichkeit sind und sie erschaffen, was nicht ist, dass es sei.
In diesem Sinne war er schuldig am Tod seiner Eltern. Er hatte ihnen die Pest an
den Hals gewünscht. Krebs, Autounfall, einen Mord durch die Hand eines anderen,
egal, nur tot sollten sie sein – mehr nicht. Sie, die dem schlaueren und hübscheren
Bruder den Vorzug gegeben hatten, dem Kind ihrer Gunst, ihrer Liebe, all ihrer guten
Wünsche und ihres Segens.
    Als sie
bei einem tragischen Unfall ums Leben gekommen waren, knallte bei Lars Dräger in
seinem schäbigen Zimmer auf dem Flur des achten Stockwerkes in Hamburg-Wilhelmsburg
ein Korken. Ein billiger Sekt, der jahrelang auf seine Bestimmung gewartet hatte.
Er trank auf den Tag seiner Befreiung und den seines Erbes. Bald danach zog er in
das Elternhaus und wohnte wieder in seinem ehemaligen Kinderzimmer. Er fand es verschlossen
in dem Zustand vor, wie er es vor Jahren verlassen hatte, als er eine Ausbildung
zum Alten-und Krankenpfleger begonnen hatte. Er suchte den Schlüssel vergeblich,
da er fortgeworfen worden war, und empfand große Genugtuung darin, die Tür einzutreten.
Seitdem hauste er in diesem Gemäuer, das schon zu Lebzeiten der Eltern wie ein verwunschenes,
gottverdammtes Haus wirkte: ungepflegt, zusammengeflickt, bar jeglicher Liebe zu
Sträuchern, Blumen und ähnlichen Gewächsen. Man ließ alles wachsen, wie es wollte,
einzig am Zaun, zur Straße hin, galten die Auflagen der Stadt, die murrend erfüllt
wurden, von Lars, dem es unter strengem, eisigem Blick aufgetragen worden war.
    In seiner
Ausbildung zum Pfleger, dachte er, könne er sein Gemüt verwandeln. Wollte den Hass
loswerden, indem er genau das

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