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Rassenwahn: Kriminalroman (German Edition)

Rassenwahn: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Rassenwahn: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Gustmann
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an. Er ruckte ein wenig, ansonsten blieb er
unbeeindruckt. Martin war perplex, dass er mit seinem ehemals schlagkräftigen Hieb
keinerlei Wirkung erzielte, und kaum hatte er diesen Gedanken gedacht, traf ihn
seine eigene Waffe an der rechten Schläfe mit einer Wucht, die ihn an die Rückwand
schleuderte. Ein dumpfer Schmerz fuhr durch sein Gehirn, doch das, was noch kommen
sollte, übertraf diesen Schmerz bei Weitem.
    Dräger steckte
die Waffe in den Hosenbund zurück und hob Pohlmann mit erstaunlicher Leichtigkeit
von seinem Lager. 90 Kilo, die ihm keinerlei Mühe machten. Er zog ihn aus der Zelle
hinaus. Noch bevor Feldmann reagieren konnte, war die Zellentür wieder verschlossen.
    Pohlmann
wurde von Dräger auf jenen Stuhl gewuchtet, auf dem er auch zehn Stunden zuvor gesessen
hatte. Er wurde festgeschnallt und leistete keinen Widerstand. Sein Kopf hing schlaff
auf seiner Brust. Flackernde Sternchen tanzten vor seinen Augen. Wie durch einen
dicken Nebel sah er Dräger an einem Tisch hantieren, wie er verschiedene Instrumente
in einer bestimmten Reihenfolge ordnete. Er sah Dräger zurückkommen und verlor jede
Hoffnung, den nächsten Tag noch zu erleben.
    Dräger griff
nach Pohlmanns Kopf, warf ihn zurück und schnallte ihn an. Er suchte etwas auf dem
Tisch und fand es auf dem Boden liegend. Er hob das dreckige Öltuch auf und stopfte
es ihm zwischen die Zähne. Er ging zu dem Tisch und holte sein Lieblingswerkzeug.
Jene Knochenbrecherzange vom Vortag.
    Er baute
sich vor Pohlmann auf, der von dem Schlag an die Schläfe noch immer benommen war.
    »So, mein
Lieber. Jetzt ist Schluss mit lustig. Das hättest du nicht tun dürfen, den guten
Lars zu schlagen. Obwohl ich schon gespannt war, wann einer von euch das mal versuchen
wird. Und da konntest du als Bulle, als Freund und Helfer des Volkes, nicht widerstehen.
Na ja, für seine Dummheiten muss man bestraft werden, findest du nicht?«
    Dräger riss
den Verband von Pohlmanns Hand ab und gab ihm wie zur Begrüßung die Hand. Er schüttelte
sie mit einem Grinsen und drückte zu, bis es mehrfach knackte. Kaum hatten sich
die Knochenstücke unter der Schienung in der Nacht einigermaßen stabilisiert, waren
sie schon wieder gegeneinander verschoben. Martin stieß einen undefinierbaren Laut
hinter dem Öllappen aus und drückte die Stirn gegen den Lederriemen, der seinen
Kopf fixierte. Dräger nahm die Zange zur Hand und legte Pohlmanns Zeigefinger hinein.
Diesmal ließ er sich nicht so viel Zeit wie am Vortag und drückte zügig und emotionslos
zu. Die Lust musste gesteigert werden, und dieses Instrument reichte ihm nicht mehr
aus. Als Nächstes ging er zu seinem Tisch zurück und nahm ein Werkzeug, das sich
im Mittelalter größter Beliebtheit erfreut hatte – die Daumenschraube für jenen
Finger, der an Pohlmanns rechter Hand noch unverletzt geblieben war.

Kapitel 58
     
    Scharmbeck, 13. November 2010
     
    Der Henker, wie er sich selbst nannte,
schob die grausame Vorrichtung zur mittelalterlichen Erzwingung von Geständnissen
über Martins rechten Daumen. Der Finger wurde dabei in eine Zwinge gespannt und
die durch Gewinde miteinander verbundenen Backen zusammengezogen. Genüsslich begann
Dräger mit seinem Werk. Er liebte es, Martin zuzusehen, wie der die Augen vor Entsetzen
aufriss und heftig atmete.
    »Bitte,
Dräger. Tun Sie’s nicht. Ich verspreche Ihnen, dass ich Sie laufen lasse, aber nicht
noch der Daumen. Ich kann nicht mehr. Bitte, Lars. Hör auf.«
    »Ich wusste
gar nicht, dass ich Ihnen das Du angeboten habe. Ist schon erstaunlich, wozu die
Leute alles bereit sind, wenn man ihnen Schmerzen zufügt. Gestern wollten Sie nur
ein gutes Wort für mich einlegen und heute, zwei Finger weiter, lassen Sie mich
schon laufen. Was bieten Sie mir als Nächstes an? Ihren Wagen? Ihre Wohnung? Ihre
Frau?«
    »Ich habe
keine Frau. Sie ist vor über zwei Jahren gestorben.«
    »Na, das
trifft sich ja gut. Dann gibt es bald ein nettes Wiedersehen.«
    »Nicht den
Daumen, bitte. Hören Sie auf, Sie mieses Schwein.«
    »Ah, endlich
zeigen Sie mir Ihre Wut. Weiter so. Lassen Sie ruhig alles raus. Das hilft. Schreien
Sie. Schimpfen Sie. Heulen Sie meinetwegen. Vielleicht lasse ich mich ja erweichen.«
    Martin fing
an zu schluchzen. Die Tränen liefen ungehindert die Wangen hinab. Er hatte begriffen,
dass sein Leben zu Ende war. Er brauchte kein Blatt mehr vor den Mund zu nehmen.
Es war eh alles vorbei. Keine Diplomatie mehr. Keine Rücksichtnahme. Keine Angst,
seinen Widersacher

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