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Rassenwahn: Kriminalroman (German Edition)

Rassenwahn: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Rassenwahn: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Gustmann
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absolut schmerzfrei, die Finger ließen sich in fließenden Bewegungen für die
alltäglichen Verrichtungen gebrauchen – nur der kleine Finger stand grotesk ab dem
Gelenk in der Mitte zur Seite, genauso, wie er es bei Dräger gesehen hatte. Eine
tägliche Erinnerung an denSchlächter von Hamburg – ein weiterer Titel der
Medien.
    An diesem
sonnigen und warmen Tag hielt er für seine Verlobte, Catharine Bouschet, Überraschungen
bereit.
    Es begann
mit einer verträumten Bootsfahrt auf der Ilmenau, einem Flüsschen, das direkt durch
Lüneburg seine verschlungenen Wege suchte. Das Licht brach sich an dem Blätterwerk,
unter dem sie hindurchfuhren, in unzähligen grellen Blitzen. Energiegeladen und
lebensfroh wollte der Frühling dem Winter, der seinen eisigen Griff erst Anfang
April lockerte, Lebewohl sagen. Während Martin ruderte, hielt er Catharine einen
imposanten Vortrag über den genauen Ursprungsort dieses Gewässers: Südlich von Uelzen,
begann er, entstehe die Ilmenau durch den Zusammenfluss von Gerdau und Stederau,
fließe durch Bad Beversen, Bienenbüttel und Lüneburg und münde schließlich in der
Nähe von Winsen an der Luhe, nur wenige Kilometer von Alois Feldmanns Haus entfernt,
in die Elbe.
    Catharine
hatte nachsichtig gelächelt, wusste sie doch all diese Details seit ihrer Jugend.
    Anschließend
führte er sie in ein uriges Restaurant mit dunklem Bier, Schweinebraten von einem
Bauern, der seine Tiere mit Vornamen kannte, und dampfenden Heidekartoffeln. Während
sie auf das Essen warteten, breitete Martin die Tageszeitung vor sich aus und suchte
nach aktuellen Neuigkeiten zu seinem fünf Monate zurückliegenden Fall. Im Wesentlichen
gab es nichts Neues zu lesen. Ausführlich hatten die Medien über die Prozesse berichtet.
Mit Empörung nahmen die Leser zur Kenntnis, dass Dr. Richard Fürst für den Euthanasiemord
an 67 Kindern eine Freiheitsstrafe von nur drei Jahren erhalten hatte. Die Anwälte
kündigten Revision gegen dieses Urteil an.
    Mit einer
Mischung aus Erleichterung und Genugtuung nahm die Bevölkerung das Urteil im Fall
Franz Wegleiter auf. Wegleiter hätte in seiner grenzenlosen Arroganz das milde Urteil
von einem Jahr auf Bewährung gelassen hingenommen, wäre er nicht am Tag vor der
Verkündigung in seiner kargen Zelle einsam verstorben. Friedlich, ohne Schmerzen,
hatte sein Herz unverschämterweise aufgehört zu schlagen, bevor die irdische Gerichtsbarkeit
den Urteilsspruch über ihn verhängen konnte.
    Von seinem
Sohn Hartmut Wegleiter hörte und las man Befremdliches in den Medien. Die politische
Szene hatte ihn ins Abseits gedrängt, und auch das stattliche Erbe, das er mit Alois
Feldmann teilen musste, half nicht, die parteiinternen sechsstelligen Bestechungsversuche
Früchte tragen zu lassen. Da über keine von ihm stammenden politischen Thesen berichtet
werden konnte, stürzten sich die hungrigen Medien auf den ausufernden Kokainkonsum
des ehemaligen Spitzenkandidaten der rechten Partei.
    An diesem
Tag mit angenehmen Temperaturen fand Martin nichts mehr über Wegleiter junior in
der Zeitung. Gern hätte er von seiner Inhaftierung und der bewiesenen Anstiftung
zum Mord in sechs Fällen gelesen, auf diese Meldung würde er jedoch noch lange warten
müssen.
    Interessant
war die Nachricht, dass nach zwei hitzigen Prozesstagen die gegnerische Partei das
Verfahren gegen Dr. Maximilian Fürst wegen eines Kunstfehlers gewonnen hatte. Bei
einer Routineoperation an der Gallenblase hatte Fürst ein spitzes Instrument im
Bauchraum vergessen, das dort für das Ableben der Patientin gesorgt hatte. Wo war
er nur mit seinen Gedanken gewesen, als jener Eingriff seine volle Aufmerksamkeit
verlangte? Bei Annegret vielleicht, die kurz zuvor den Kontakt zu ihm unter wüsten
Beschimpfungen abgebrochen hatte, oder bei den aktuellen Vorwürfen der Staatsanwaltschaft,
im Fall Ursula Seifert gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen zu haben? Oder
war es der Kaffee am Morgen, der zur Hälfte aus Gin bestand und seine Hand während
der OP ruhig halten sollte?
    Martin sah
mit einem liebevollen Blick über den Rand der Zeitung hinweg zu seiner zauberhaften
Verlobten. Seine Zuneigung war zu Liebe geworden, erst recht, nachdem sie ihm eröffnet
hatte, dass er bald Vater sein würde. Sie war im dritten Monat schwanger, und für
ihn war sie schöner denn je.
    »Ich hoffe,
du siehst auch im Immobilienteil nach.« Catharine goss sich Mineralwasser in ihr
Glas. »Ein zusätzliches Arbeitszimmer und das

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