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Rassenwahn: Kriminalroman (German Edition)

Rassenwahn: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Rassenwahn: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Gustmann
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stammend, vereinte sie damals das Vorrecht, einem Führer zu dienen,
der junge, potente Zeugungshelfer suchte. Die ihm Kinder schenken sollten, um den
Kampf nicht erliegen zu lassen. Germanische Kinder, die eines Führers wie ihm würdig
waren. Stattlich, blond, blauäugig und natürlich arisch. Nur dass nicht alle Kinder
so gerieten, wie sie sollten, wenn die Natur andere Vorstellungen hatte. Kinder
wie Hedwig, die man als geistig unterentwickelt bezeichnete. Kinder mit genetischen
Defekten, vererbt von ihren Eltern und schon deswegen von der Zukunft des 1.000-jährigen
Reiches ausgeschlossen. Wegen einer Erbmasse, die man als Vater versuchte zu verheimlichen,
erst recht, wenn man sich in höherer Position befand, so wie Gerhard Strocka.
    »Also. Erzählt
mal. Wie ist es euch ergangen in den letzten Jahren? Was treibt ihr so?« Strocka
blickte abwechselnd zu Fürst und Wegleiter und bemühte sich, unbeschwert zu wirken.
Er wollte mit der Frage, die ihn umtrieb, nicht gleich herausrücken, sondern etwas
später, eher beiläufig. Sein Blick blieb in Wegleiters Augen haften. Dieser trank
den letzten Schluck seines Glases aus und nickte. »Gut geht’s mir. Sehr gut sogar.
Du hast Glück, dass du mich noch in München erwischt hast.«
    »Wieso?
Wohin gehst du?«
    »Ich werde
nach Italien geschickt. In das sonnige Italien. Ich freu mich. Ich war noch nie
dort. Wir sollen Partisanen aufspüren.« Wegleiter schaute begeistert seine Freunde
an und wartete auf eine bestätigende Reaktion. Schon früher war Strocka aufgefallen,
dass Wegleiter für alles und jedes um Anerkennung buhlte. Er war ein Mensch, der
im Grunde seines Wesens zutiefst unsicher war und das harte Training seines Körpers
benutzte, um Ehrfurcht und Bewunderung einzuheimsen.
    »Und du,
Richard? Hast du dein Studium beendet?«, fragte Gerhard.
    »Aber ja,
schon längst. Bin im letzten Jahr fertig geworden. Werde nächsten Monat meine Doktorarbeit
bei Professor Kranitz beenden. Schon mal von ihm gehört?«
    Strocka
schüttelte stumm den Kopf, obwohl er sehr wohl schon von Kranitz gehört hatte und
zwar von Dr. Reuter. Reuter hatte ihn erwähnt, als er von speziellen Kinderfachkliniken
sprach, in denen an Kindern Experimente im Dienste der Menschen durchgeführt wurden.
Experimente, um angeblich schlimme Krankheiten wie Tuberkulose oder Krebs einzudämmen.
    »Das heißt,
du musst auch umziehen oder bleibst du in München?«
    »Nein, ich
bin froh, aus München rauszukommen. Mir bekommt der Föhn nicht gut. Ich ziehe nach
Lüneburg. Werd’s nicht weit zum Meer haben.« Fürst nippte an seinem Glas. »Dort
gibt es eine Heil- und Pflegeanstalt, in der ich arbeiten werde.«
    »Mit welchen
Aufgaben wirst du betreut sein?«, fragte Strocka.
    »Nun, wir
führen klinische Tests an Kindern durch. Wie sie auf bestimmte Dinge reagieren,
weißt du?«
    Strocka
schüttelte wieder den Kopf. »Nein, keine Ahnung. Erzähl.«
    »Na ja,
eben Kinder, die nicht der Norm entsprechen, Ausnahmemenschen eben, Ballastexistenzen.
Schwachsinnige, Behinderte und Zurückgebliebene. Wir testen an ihnen verschiedene
Medikamente, spritzen hohe Dosen davon, um zu überprüfen, wie belastbar der Mensch
ist und wie hoch die Dosis einer Impfung sein müsste, um Erwachsene effektiv zu
schützen. Nun, dann gibt es noch verschiedene Elektroschocktherapien, Insulin- und
Cardiazoltests und diese Dinge.«
    Strocka
gab sich interessiert. Wegleiter war es tatsächlich. »Und? Überleben das die Kinder?«
Strocka lachte dabei gekünstelt auf.
    Fürst hielt
die Hände wie eine offene Schale hin und grinste. »Sie sterben alle eines natürlichen
Todes, das ist doch klar, oder? Ihre Gehirne werden dann entnommen und der Wissenschaft
zugeführt.« Nun blühte Fürst auf. Er betrat das Terrain, auf dem er sich wohlfühlte.
»Ich sage euch, es ist hochinteressant. Und ich lerne endlich Chirurgie und zwar
schneller, als ich gehofft hatte. Lüneburg ist da sehr fortschrittlich.«
    Strocka
schob das leere Glas von sich weg und lehnte sich weiter zu Fürst vor. »Angenommen,
ein Kind kommt zu euch in die Klinik, das nicht spricht oder nicht sprechen will.
Egal. Wie würdest du einen solchen Fall nennen oder behandeln?«
    Fürst kratzte
sich am Kinn. Er schien die Unterhaltung zu genießen. Man erkannte sein wahres Format
als Arzt an, obwohl er erst seit wenigen Monaten das Examen hatte.
    »Na ja,
eine Form von geistiger Unterentwicklung, würde ich sagen. Die Frage ist, kann es nicht sprechen oder will es nicht

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