Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rassenwahn: Kriminalroman (German Edition)

Rassenwahn: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Rassenwahn: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Gustmann
Vom Netzwerk:
vielleicht?« Martin sah auf die Uhr und deutete eine unbestimmte Eile an.
In Wirklichkeit musste er raus, um eine zu rauchen und um in seinem Kopf aufzuräumen.
Ob der Brief vom Professor an Emilie Braun tatsächlich existierte, blieb zweifelhaft.
Unstrittig war jedoch, dass eine Menge Arbeit auf ihn wartete. Das Eis zwischen
ihm und Emilie Braun schien gebrochen. Zu ihm hatte sie gesprochen wie ein Wasserfall.
Er fühlte sich geehrt, obwohl sie die Insassin einer psychiatrischen Anstalt war.
    »Wir werden
unser Gespräch an einem anderen Tag fortsetzen, wenn es Ihnen recht ist, Frau Braun.«
Martin wollte sie so höflich behandeln wie irgend möglich. Wer weiß, wie lange die
Schleuse ihrer Sprache noch geöffnet sein würde. Zu viel Zeit durfte er nicht verstreichen
lassen. Emilie sah zu Martin auf, als er vor ihr stand. Sie nickte mit einem feinen
Lächeln auf ihren schmalen Lippen. Sie genoss es, Frau Braun genannt zu werden.
Es gab ihr einen Funken Würde, die sie nur selten wie eine exotische Frucht hatte
kosten dürfen.
    Annegret
berührte Martin kaum merklich am Arm. »Ich begleite Sie noch ein Stück.«
    »Tschüss,
Frau Braun!«, rief Martin Pohlmann durch die geöffnete Tür zu der noch sitzenden
Emmi zurück. Sie hob die Hand für ein angedeutetes Winken. Der weiße Verband rutschte
unter ihrer Bluse hervor.
    »Na, wie
war es?« Die Schwester wirkte sichtlich neugierig, wie die meisten Frauen, die Martin
in seinem Leben kennengelernt hatte. Er würde keine Ermittlungsergebnisse verraten,
wenn er ihr sagte, dass es gut lief. Dass es noch eine Menge offene Fragen gebe
und dass sie von einem Brief des Professors erzählt hatte, der nun verschwunden
sei.
    »Wer ist
Dräger?«, fragte er stattdessen.
    »Lars Dräger?«,
erwiderte sie irritiert. Martin sah sie an und zuckte die Schultern. »Na, wie viele
Drägers gibt es denn hier?«
    »Er ist
ein Pfleger hier auf der Station.« Annegret sah sich auf dem Flur um und entdeckte
Dräger mit einem Tablett voller Medikamente. Sie erwähnte es dem Kommissar gegenüber
nicht.
    »Warum?
Was ist mit ihm?«
    »Er scheint
Frau Braun nicht sonderlich zu mögen. Sie behauptet, er sei böse zu ihr. Er würde
sie schlecht behandeln.«
    »Der Lars?«
Annegret Kaschewitz machte eine energische Handbewegung. »Nein, ganz sicher nicht.
Der tut keiner Fliege was zuleide. Sanft wie ein Lamm. Sonst würde er wohl kaum
hier arbeiten.«
    »Ach ja?
Ist das so?«
    »Ja, das
ist so«, gab sie schnippisch zurück. »Man kann hier nur arbeiten, wenn man ein Herz
für diese Menschen hat.«
    An diesem
Tag schien ihr der Kommissar nicht sonderlich zugeneigt zu sein. Er hatte schlechte
Laune und ließ es geradewegs an ihr aus. Als Nichtraucherin konnte sie nicht ahnen,
wie dringend er sein Nikotin brauchte.
    Pohlmann
hob abwehrend die Hände. »Ich geb nur wieder, was mir Frau Braun gesagt hat. Sie
meinen, der Brief ist nur erfunden? Ich versteh schon. Sonst wäre sie nicht hier.«
Martin fragte sich, wenn schon diese Information erfunden war, wie es sich mit den
anderen Dingen verhielt, die sie ihm erzählt hatte. Der Prozess, die Kläger, der
Brief des Professors; Produkte ihrer überschäumenden Fantasie? Jetzt wurde es Zeit
für ihn zu gehen. »Ich fand es gut heute, ehrlich. Der Fall ist ziemlich komplex
und ich muss mich erst mal da durchwühlen. Tut mir leid, wenn ich …«
    »Ja, ich
versteh schon. Sie sind im Stress. Mordermittlungen und andere wichtige Sachen.«
    »Genau.«
Martin nickte und war überrascht von derartig viel Verständnis. »Ich muss ein paar
Unterlagen durchsehen, dann bin ich wieder da. Der Pförtner kennt mich schon; es
wird immer einfacher, hier reinzukommen.«
    »Solange
man auch wieder rauskommt, ist ja alles in Ordnung.« Annegret betrachtete ihn mit
ernster Miene. Im selben Moment fing sie an zu lachen und ließ einen perplexen Kommissar
zurück.

Kapitel 19
     
    Hamburg, 4. November 2010
     
    Kaum hatte Martin die Tür zur Psychiatrie
hinter sich gelassen, zündete er sich eine Zigarette an und zog gierig daran. Obwohl
ihm das Nikotin guttat und seine Sinne beruhigte, ärgerte er sich gleichzeitig über
diese verfluchte Abhängigkeit. Diese bescheuerte Sucht, dachte er. Sklaverei
statt Selbstbestimmung. Alle reden von Freiheit und die wenigsten sind es
wirklich. Die demütigendste Erfahrung hatte er auf seinem letzten Langstreckenflug
zurück von Ecuador nach Deutschland gemacht. Rauchfreie Flüge konnten zur Folter
werden. Nicht einmal auf der Toilette war

Weitere Kostenlose Bücher