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Rassenwahn: Kriminalroman (German Edition)

Rassenwahn: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Rassenwahn: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Gustmann
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wenn es zu Ende wäre, hätte es mich nicht
gekümmert. Denn dann käme das nächste, dachte ich damals.
    »Bitte,
versprechen Sie es mir«, bat Hildegard den Arzt eindringlich. »Kümmern Sie sich
um sie. Sie tut keiner Fliege etwas zuleide. Bringen Sie sie bitte nicht weg!«
    Der Arzt
im weißen Kittel, dessen Namen ich nicht kannte und an den ich mich auch nicht erinnere,
erwiderte mit kalter Stimme: »Ich fürchte, wir können hier nichts für sie tun. Wir
haben entschieden, dass wir sie nach Lüneburg in eine Kinderfachklinik bringen lassen
werden. Dort wird man die richtige Behandlung für sie finden, unter der sie gedeiht
und vernünftig wird. Hier kann sie nicht bleiben.«
    Hildegard
sackte auf ihrem Bett zusammen und sah mich an. Ihr Blick verlor sich in meinen
Augen, in meinem Inneren, um sich dort für alle Ewigkeit einzubrennen. Dann riss
sie die Augen auf, holte tief Luft, atmete wieder aus und wurde ganz schwer. Sie
sah mich noch an und hielt meine Hand, doch sie atmete nicht mehr. Mir fiel auf,
dass ihre Lider nicht mehr blinzelten und sie wie durch mich hindurch auf die Wand
hinter mir schaute. Ein Mädchen von fünf Jahren begriff, dass eine Seele fortgegangen
war, und mein größter Wunsch war, ihr nachzugehen, fort von diesem Mann und weg
von diesem Leben.
     
     
    5. November 2010
     
    Am nächsten Morgen klingelte der
Wecker und riss Martin aus einem unruhigen Schlaf. Sein Pyjama war klatschnass und
sein Kopf glühend heiß. Der Griff an die Stirn bestätigte seine Befürchtungen. Eine
Grippe hatte ihn erwischt und an Arbeit im Präsidium war nicht zu denken. Die Lampe
auf dem Nachttisch brannte noch und neben seinem Bett lag die braune Kladde von
Emmi, die, kurz bevor er einschlief, den ersten Suizidgedanken ihres damaligen Lebens
offenbart hatte.
    Mit Mühe
trollte er sich zum Telefon, das im Wohnzimmer neben den Zigaretten lag. Als er
die Packung sah, überkam ihn ein ihm unbekannter Übelkeitsschauer. Er wählte die
Nummer von Lorenz.
    »Morgen,
Chef.«
    »Hallo?
Wer ist denn da?«
    »Martin,
Chef. Ich kann heut nicht kommen. Ich hab Fieber, bin krank. Grippe, das volle Programm.
Ich arbeite von zu Hause. Hab ja alles hier.«
    Lorenz maulte
noch ein wenig, erwähnte Schöller und dessen Vater und den Prozesstermin. Dann legte
er auf. Den Rest hatte Pohlmann nicht mehr mitbekommen, und es war ihm auch egal.
Vor allem Schöller junior und senior waren ihm vollkommen gleichgültig. Wenn er
etwas hasste, dann diese Vetternwirtschaft, und er war nicht gewillt, weder in gesundem
noch in krankem Zustand, sich dieser unterzuordnen.
    Nachdem
er sich wieder hingelegt hatte, schlief er weitere drei Stunden in einem komaähnlichen
Zustand. Dann schälte er sich aus seinen Federn und machte sich eine Kanne Tee.
Das Thermometer unter dem Arm piepte und zeigte 38,8. Ein Zustand zwischen lebendig
und tot, so fühlte es sich für ihn an. Mit der Teekanne in der einen Hand und einem
staubtrockenen Zwieback aus einer Brand-Packung mit einem nie älter werdenden Kind
darauf in der anderen Hand, wankte er ins Schlafzimmer zurück. Als er am Wohnzimmer
vorbeikam, fiel sein Blick auf die Akten und er stöhnte. Später am Tag würde er
sie holen müssen. Erst aber noch ein wenig schlafen.

Kapitel 21
     
    Drittes Posting
     
    Ja, ich hab den Kerl richtig eingeschätzt.
Ich hab keinen Fehler gemacht. Hat alles gut geklappt. Hat sich ausgezahlt, ihn
’ne Weile zu beobachten.
    B. S. war
eine Flasche. Kein Typ, der Respekt einflößen konnte. Unscheinbar und nichtssagend,
wie ein Beamter, bis auf die Augen. Die hätten einem Angst machen können, hätte
man es nicht besser gewusst, dass S. eine Pfeife war.
    An dem Abend,
als es passieren sollte, musste ich ihn in der Kneipe suchen. War ja nicht gerade
ein Typ, der durch dicke Muckis oder ’ne große Fresse auffiel. Ich wusste, dass
er da war. Bin ihm ja nachgefahren. Außerdem war er immer da, spätestens ab 20.30
Uhr. Um elf verschwand er dann wieder so unauffällig, wie er gekommen war, nur in
der Zeit dazwischen riskierte er manchmal eine dicke Lippe. Mit jedem Drink mehr.
    Ich entdeckte
die blanke Fläche seiner Hinterkopfglatze, auf der sich das Barlicht spiegelte.
Echt zum Lachen sah das aus. Er lehnte sich vor und starrte in den Ausschnitt der
Kellnerin. Diesmal stellte ich mich direkt neben ihn. Heute war sein großer Tag
und sein letzter noch dazu. Ich stand da und sagte nichts. Er drehte sich kurz zu
mir um und taxierte mich mit diesen fiesen Augen. Auch ich

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