Ratgeber & Regenten 03 - Der Krieg der Magier
Bild: Jaharid, wie er mit einem Piraten aus Mulhorand über ein Elefantenbaby verhandelt. Wenn du mit Mulhorandi Geschäfte machen würdest, wolltest du dann, daß das bekannt wird? Glaub mir, er wird das Tier ab jetzt gut behandeln.«
Matteo dachte über diese Worte nach. »Angesichts dessen, was ich über die Erkenntniszauberei weiß, erscheint mir das eine ungewöhnliche Einsicht. Erkenntniszauberei ist doch die Kunde von der Zukunft.«
Zalathorm hob beiläufig die Schultern. »Die Jahreszeiten kommen und gehen. Die Zukunft läßt sich oft aus den Mustern der Vergangenheit ablesen.«
Auch wenn des Königs Worte etwas Prosaisches hatten, ließen sie vor Matteos geistigem Auge ein eindringliches Bild entstehen. Tzigone, in tiefer Trance versunken, wie sie versuchte, ihre frühesten Erinnerungen wiederzufinden und wie sie sich dabei versehentlich über ihre eigenen Erlebnisse hinausbewegte und Zeugin von Dingen wurde, die sich lange vor ihrer Geburt abgespielt hatten. Wie es schien, hatte auch der König unkonventionelle Begabungen.
»Ihr seid mehr als ein bloßer Erkenntniszauberer«, stellte Matteo fest.
Zalathorm blieb stehen und wandte sich um. »Ich bin der König Halruaas«, erwiderte er nur. Er verzog den Mund zu einem spöttischen Lächeln und fügte an: »Jedenfalls noch.«
Mit einer Handbewegung vereitelte Zalathorm Matteos Versuch eines Protests. »Kein Magier hat es bisher gewagt, mich herauszufordern, doch es ist nur eine Frage der Zeit. Das wissen wir beide. Dein früherer Herr ragt aus der Menge der Wartenden heraus.«
Matteo stimmte ihm insgeheim zu, sagte aber: »Herr, Ihr wißt, daß ich einen Eid geleistet habe, nicht die Geheimnisse eines Herrn dem nächsten zu verraten.«
Zalathorm sah Matteo aufmerksam an. »Habe ich dich darum gebeten? Procopio ist ehrgeizig. Ich brauche keinen Jordain, der mir sagt, was ich mit eigenen Augen sehe.«
»Natürlich nicht, Herr.« Matteo zögerte, dann stellte er die Frage, die ihn schon seit seiner Berufung quälte. »Vergebt mir, doch wofür genau braucht Ihr mich? Ich habe einundzwanzig Sommer gelebt, was wohl kaum reichen dürfte, um die Weisheit zu erlangen, die der Ratgeber eines Königs haben sollte.«
Zalathorm lächelte flüchtig. »Sicher hast du von den Gerüchten gehört, die meine Regierungstauglichkeit in Frage stellen. Bist du der gleichen Ansicht?«
Die Frage irritierte Matteo, und die Antwort, die ihm in den Sinn kam, verblüffte ihn. Zalathorm wartete, daß er sprach, und betrachtete ihn aufmerksam mit einem Augenpaar, das keiner Magie bedurfte, um einen Mann einzuschätzen.
«Ich bin mir nicht sicher«, erwiderte Matteo schließlich.
Der König nickte. »Darin liegt die Antwort auf deine Frage. Ein älterer, weiserer Jordain hätte gesagt, was ich von ihm hätte hören wollen.«
»Wenn ich Euch beleidigt habe, bitte ich um Vergebung«, setzte Matteo an, wurde aber vom König unterbrochen. »Wenn du dich für jedes ehrliche Wort entschuldigen willst, werden wir kaum Zeit haben, um uns über andere Dinge zu unterhalten. Ehrlichkeit ist ein lobenswerter Zug, doch wir sollten uns darauf einigen, daß sie am ehesten geschätzt werden kann, lange nachdem der Rat erteilt wurde.«
Diese offenen Worten ließen in Matteos Geist wieder Tzigones Gesicht entstehen, das sie zeigte, wie sie den Mund verzog über seine Unfähigkeit, der Wahrheit eine »interessante Farbe« zu verleihen, während ihre großen braunen Augen gen Himmel sahen. Matteo schluckte, da er einen Kloß im Hals spürte, und verbannte das wehmütige Lächeln von seinen Lippen.
»Vielleicht siehst du das ja anders«, meinte der König.
»Keineswegs, Herr«, sagte Matteo und deutete eine respektvolle Verbeugung an. »Tatsächlich habe ich solche Worte schon einmal gehört.«
* * *
Bis zum Mittag hatte der König alle Bittsteller gehört. Der Gesang der Straße glich nur noch einem schläfrigen Gemurmel, als die Bürger Halarahhs Schutz vor der Mittagssonne suchten. In diesem heißen Land war der Mittagsschlaf Gewohnheit und Notwendigkeit zugleich.
Der König und sein Berater nahmen sich nicht die Zeit, um auszuruhen. Matteo folgte Zalathorm durch ein Gewirr aus Gängen und Wendeltreppen, vorbei an bewaffneten Wachen und magischen Schutzzeichen, die den hohen Turm schützten, in dem Königin Beatrix gefangen war.
Ihre kleine Zelle war bequem eingerichtet, aber so kahl und weiß wie das Krankenzimmer eines einfachen Magus. Die Wände waren frisch gestrichen, der Teppich war
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