Ratgeber & Regenten 03 - Der Krieg der Magier
seltsamen Hochzeit vergangen. Sie nahm keine Schüler mehr an, was aus Gründen geschah, die sie sogar sich selbst einzugestehen fürchtete. Meist waren die Kreaturen ihre Gefährten, die auf ihren Ruf reagierten.
Die Magierin stützte die Ellbogen auf die Brüstung und sah zu, wie eine Sternenschlange mit schillernden Flügeln vorüberflog. Es sah aus, als würde man eine juwelenbesetzte Schnur vor dem saphirnen Himmel entlangziehen. Sie begann mit starker, sicherer Stimme zu singen, doch die Kreatur flog weiter, ohne sich um den Ruf zu kümmern.
Keturah brach ihr Lied abrupt ab. Sie vergrub das Gesicht in den Händen und atmete tief und bebend ein. Es war nicht das erste Mal, daß ihre Magie sie im Stich ließ. In den letzten Monden war sie immer unzuverlässiger geworden.
Aus irgendeinem Grund verschwieg sie Dhamari diese kleinen Fehlschläge, was nicht allzu schwierig war, da er die meiste Zeit allein verbrachte. Er war von Tränken aller Art fasziniert und völlig in die Schaffung eines Zauberbuchs vertieft, das den Ruhm der Exchelsor-Magier sicherstellen würde. Merkwürdigerweise hatte er seit ihrer Hochzeit nichts getan, um ihre Linie und das Vermächtnis fortzuführen.
Die ersten Tage der Ehe – der traditionelle Mond der Zurückgezogenheit – waren für Keturah verwirrend gewesen. Am Tag gingen sie am Strand entlang, riefen Geschöpfe des Meeres, beobachteten, wie sie sich ins Wasser warfen und in der Brandung spielten. Sie hatte Dhamari gezeigt, wie man riesige Tintenfische rief und sie dazu brachte, Sepia zu verspritzen, das als Komponente für Magiertinte benutzt werden konnte. Sie hatten Delphinen beim Spielen zugesehen, doch es schien, als seien sie wieder Meisterin und Schüler. Dhamari Exchelsor war höflich, respektvoll und distanziert. Jeden Abend verabschiedete er sich von ihr vor ihrer Schlafzimmertür und beschäftigte sich mit seinem Studium.
Dieser Ablauf setzte sich auch fort, als sie wieder in Halarahh in Keturahs Turm waren. Dhamari war ausnehmend höflich. Jeden Abend aßen sie gemeinsam, er schenkte ihr teuren Wein aus den Exchelsor-Kellern ein und unterhielt sich mit ihr auf hohem Niveau. Ihre Verbindung war nicht unangenehm, aber sie war auch keine Ehe. Es war nicht einmal eine Freundschaft, da Keturah sich nicht dazu durchringen konnte, diesem Fremden die Sorge über ihre schwindende Macht anzuvertrauen.
Keturah sah der Sternenschlange nach, bis sie in den vom Sonnenaufgang beschienenen Wolken verschwunden war. Sie hatte nicht genug Magie aufbringen können, um ihre Aufmerksamkeit zu erlangen, ganz zu schweigen davon, daß sie ihr nicht ihren Willen hatte aufzwingen können.
Sie tarnte sich mit Magie und einem Tuch aus wehender Seide, dann ging sie quer durch die Stadt zum Heim der Grünmaga Whendura. Es gab einige ihrer Art in der Stadt, niedere Magier und Priester, die die Kunst der Bluthunde ebenso studiert hatten wie Erkenntniszauberei und Kräuterkunde. Normale Menschen hatten ihre Hebammen und Schwestern, aber die Gesundheit eines Magiers war so mit der Kunst verflochten, daß besondere Kenntnisse und Fähigkeiten nötig waren. Whendura wurde respektiert, doch ihr Heim lag weit von der belebten Küste entfernt. Sie hatte diesen Standort absichtlich gewählt, um ihren Patienten ein Gefühl von Privatsphäre und Sicherheit zu geben – sofern man in Halruaa überhaupt von solchen Dingen sprechen konnte.
Whendura, eine kleine, dickliche Frau, die aussah, als müßte sie Enkelkinder mit Honigkeksen verwöhnen, empfing Keturah mit einem warmherzigen Lächeln. Sie führte ihre Besucherin über zwei Treppen hinauf in einen kleinen Raum und plapperte freundlich drauflos, während sie Kräuter zerrieb und mit gewässertem Wein mischte. Keturah zog sich aus bis auf ihr Unterkleid und legte alle Zauberbeutel, jeden Talisman und alle Stäbe ab, damit nichts Magisches die Tests der Grünmaga beeinflussen konnte. Sie aß den grünen Brei, den Whendura ihr gab, und ließ dann eine lange Liste von Fragen sowie magische Tests über sich ergehen.
Schließlich nickte Whendura und begann, ihre Stäbe und Kristalle einzusammeln. »In Euch steckt viel Magie«, sagte sie voller Respekt. »Es ist ein großes Geschenk, das Ihr Halruaa macht.«
Keturah sah Whendura irritiert an. »Ich verstehe nicht.«
Die Grünmaga ließ ihre hektisch fuchtelnden Hände erstarren, in ihren Augen blitzte Mitleid. »Macht Euch keine Gedanken«, erwiderte sie. »Das kommt oft vor. Die Tränke können Verwirrung
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