Ratgeber & Regenten 03 - Der Krieg der Magier
ist dein Haushälter, meine Tochter? Es sind Vorbereitungen zu treffen, die Schüler müssen fortgeschickt werden.«
»Ich soll meine Schüler wegschicken?« wiederholte Keturah verständnislos. »Wieso?«
Die Frau kicherte. »Du mußt sehr viel getrunken haben, wenn du den Mond der Zurückgezogenheit vergessen hast! Die Herrin Mystra sorge dafür, daß du dich schon bald Mutterpflichten widmen wirst. Du wirst auf Jahre hinaus keine Zeit für Schüler haben!«
Die Frau strahlte vor Ehrgeiz. Die Familie Exchelsor strotzte vor Reichtum und zögerte nicht, ihn einzusetzen, um zu bekommen, was sie wollte. Sie hatten ihr diesen Turm geschenkt, um sie für Dhamaris Ausbildung zu entlohnen. Ihr Sohn war zwar Magier, aber seine Talente waren nur gering, und er würde niemals für seine Beherrschung der Kunst berühmt werden. Wenn er aber eine Magierin heiratete, die Macht hatte und deren Ansehen stetig wuchs, dann konnte er vielleicht ein Kind zeugen, das Dinge beherrschte, die ihm versagt waren. Mit Keturahs Hilfe würden die Exchelsors zu einer Magierfamilie werden, was in Halruaa der Weg in den Adel war.
Wenn ihre überstürzte Ehe keinen anderen Grund als den Ehrgeiz einer Kaufmannsfamilie hatte, warum hatte der Senat dann zugestimmt? Keturah konnte nicht glauben, daß Reichtum allein diese Entscheidung herbeigeführt hatte. Welche verborgene Gabe hatte Dhamari, die ein Kind von ihrem Blut so begehrenswert machen konnte? Was mochte das Interesse Königin Fiordellas geweckt haben?
Sie suchte Zephyr, fand den Elfen-Jordain aber nicht.
»Trink«, drängte Dhamari leise und wies auf den Becher, den Keturah in ihren Händen hielt. »Ich habe einen Trank untergemischt, damit du besser schläfst. Wenn der Morgen kommt, werden wir der Sache auf den Grund gehen.«
Weil seine Worte so sehr das widerspiegelten, was sie dachte, hob Keturah den juwelenbesetzten Kelch an die Lippen. Wie Dhamari Exchelsor versprochen hatte, versetzte jeder Schluck sie tiefer in Lethargie. Sie nahm kaum noch etwas wahr von dem rauschenden Fest, auch nicht vom aufsteigenden Mond oder von den Gästen, die tuschelten, weil Dhamari sie auffing, als sie zu schwanken begann, und in den Turm trug.
Dann war Dhamari Exchelsor fort. Es war nur noch die junge Schülerin da, deren kindliches Gesicht von Sorge und Verblüffung gezeichnet war, als sie Keturah aus dem Hochzeitskleid half und sie in ihr Bett brachte.
Vielleicht hat Dhamari recht, dachte Keturah, kurz bevor sie einschlief. Vielleicht wird sich mit dem neuen Tag alles aufklären ...
* * *
Der unheimliche Gesang der finsteren Feen riß Tzigone aus ihrer Erinnerung und zog sie zurück in den Schrecken, dem sie eben erst entkommen war.
Sie preßte die Hände an die Schläfen. »Diese Biester wissen nicht, wann sie aufhören müssen«, murmelte sie und konnte sich nur mit Mühe auf eine Illusion konzentrieren.
Das schwache Leuchten eines Feuers erhellte den Nebel und gab den Blick frei auf ein gemütliches Gästezimmer in einer Taverne und die zwei Personen darin – einen jungen Mann in der Kleidung eines Bauern und eine rothaarige Frau, die in schwarze, wallende Seide gehüllt war. Sie kam näher und lächelte ihren Freier an. Lange, tödliche Reißzähne blitzten im Schein des Feuers. Der Junge wich zurück, stolperte über einen Stuhl und kroch auf allen Vieren zur Tür. Schneller als ein Gedanke – so schnell wie die finsteren Elfen – versperrte die hübsche Vampirin ihm den Weg. Ihre zarten Hände packten ihre Beute und rissen sie hoch. Einen Augenblick lang hielt sie den jungen Mann einfach fest und weidete sich an seiner Angst. Dann senkte sie den Kopf und trank. Augenblicke später warf sie seiften blutleeren, reglosen Körper zur Seite.
»Blut ist fade, wenn man es mit dem Wein der Angst vergleicht«, flüsterte sie.
Die Illusion verblaßte, und mit ihr der quälende Gesang der Feen.
Tzigone mußte lächeln. »Die Finsteren Feen haben Fehler, aber niemand soll behaupten, sie verstünden einen Wink nicht.« Dann ließ sie sich wieder in ihre geborgten Erinnerungen zurücksinken ...
* * *
Dichter Nebel teilte sich und enthüllte Keturah, die auf einem schmalen, um den Turm herum verlaufenden Balkon stand. Es war ein Ort des Rückzugs, an dem sie durch den Schatten der Zwiebelkuppel direkt über ihr vor der sengenden Hitze geschützt war. Zudem bot ihr diese Stelle hoch oben am Turm Schutz vor neugierigen Blick. Sie kam oft her, um allein zu sein.
Über ein Jahr war seit ihrer
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