Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rattenkoenig

Rattenkoenig

Titel: Rattenkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
Vom Netzwerk:
Deutlichkeit die Qual gesehen hatte, die in Larkins Augen geschrieben stand.
    Heute ist es heiß, fuhr Larkin fort, und ich sitze auf der Veranda, und Jeannie spielt im Garten, und ich glaube, daß ich dieses Wochenende zur Hütte in den Blue Mountains hinaufgehen werde.
    Ich würde Dir gerne schreiben, was in der Welt geschieht, aber das ist nicht erlaubt.
    O Gott, wie schreibt man in eine Leere hinein? Wie soll ich das wissen? Um der Liebe Christi willen, wo bist Du, mein Liebster? Ich schreibe nicht mehr weiter. Ich beende den Brief einfach hier und schicke ihn nicht weg … Ach, mein Liebster, ich bete für Dich – bete Du für mich. Bitte, bete für mich, bete für mich …
    Nach einer Pause sagte Larkin: »Es ist keine Unterschrift darunter, und es ist – die Adresse ist in der Handschrift meiner Mutter geschrieben. Was halten Sie davon?«
    »Sie wissen ja, wie das so mit den Frauen ist«, antwortete Mac. »Wahrscheinlich hat sie den Brief einfach in eine Schublade gelegt, und dann hat Ihre Mutter ihn gefunden und ihn mit Luftpost weggeschickt, ohne ihn vorher zu lesen und ohne sie zu fragen. Sie wissen ja, wie Mütter sind. Höchstwahrscheinlich hat Betty ihn ganz vergessen und am nächsten Tag einen neuen Brief geschrieben, als sie sich wieder besser fühlte.«
    »Was hat sie mit ›Bete für mich‹ gemeint?« fragte Larkin. »Sie weiß doch, daß ich das tue, jeden Tag. Was ist bloß los? Um Himmels willen, ist sie krank, oder ist sonst etwas?«
    »Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, Oberst«, tröstete Peter Marlowe.
    »Verdammt, was wissen Sie schon über solche Dinge?« brauste Larkin plötzlich auf. »Himmeldonnerwetter, wie soll ich mir keine Sorgen machen!«
    »Mann, Sie wissen doch wenigstens, daß es ihr gutgeht, und Ihrer Tochter geht es auch gut«, schrie Mac zurück und war vor Sehnsucht außer sich. »Sie sollten Ihrem Glück dankbar sein! Wir haben keinen Brief bekommen! Keiner von uns! Sie haben Glück gehabt!« Und wütend stampfte er hinaus.
    »Tut mir leid, Mac.« Larkin rannte hinter ihm her und zog ihn zurück. »Tut mir leid, es ist … nun ja, wenn man nach solch langer Zeit …«
    »Ja, Mensch, schon gut, Sie haben ja weiter nichts gesagt. Ich bin es gewesen. Ich müßte mich entschuldigen. Ich bin vor Eifersucht ganz krank gewesen. Ich glaube, ich hasse diese Briefe.«
    »Das können Sie noch mal sagen«, brummte der King. »Das kann einen verrückt machen. Die Leute, die sie bekommen, werden verrückt, und die Leute, die sie nicht bekommen, werden ebenfalls verrückt. Nichts als Ärger.«
    Es war Abenddämmerung. Kurz nach dem Essenfassen. Die ganze amerikanische Baracke war versammelt.
    Kurt spuckte auf den Boden und stellte das Tablett ab.
    »Hier sind neun. Einen habe ich behalten. Meine zehn Prozent.« Er spuckte wieder und ging weg.
    Alle sahen auf das Tablett.
    »Ich glaube, ich muß wieder kotzen«, sagte Peter Marlowe.
    »Kann Ihnen keinen Vorwurf machen«, pflichtete der King bei.
    »Das könnte ich nicht sagen.« Max räusperte sich. »Sie sehen genau wie Kaninchenschlegel aus. Klein, gewiß, aber doch wie Kaninchenschlegel.«
    »Willst du einen versuchen?« fragte der King.
    »Verdammt, nein. Ich habe ja nur gesagt, daß sie so aussehen. Man wird doch noch seine Ansichten haben dürfen, oder nicht?«
    »Heiliges Kanonenrohr«, sagte Timsen. »Hätte nie gedacht, daß wir wirklich welche verkaufen würden.«
    »Wenn ich nicht wüßte …« Tex brach ab. »Ich bin so hungrig. Und so viel Fleisch habe ich nicht mehr gesehen, seit wir den Hund …«
    »Welchen Hund?« fragte Max argwöhnisch.
    »Ach, verdammt, das war, eh, vor ein paar Jahren«, antwortete Tex. »Damals, eh, 1943.«
    »Oh.«
    »Gottverdammt«, fluchte der King, der von dem Tablett immer noch ganz fasziniert war. »Es sieht wie richtiges Fleisch aus.« Er beugte sich vor und schnupperte an dem Fleisch, brachte aber die Nase nicht zu nahe. »Es riecht wie richtiges Fleisch …«
    »Aber es ist keins«, unterbrach Byron Jones III beißend. »Es ist Rattenfleisch.«
    Der King zog den Kopf zurück. »Verdammt, wozu sagst du das, du blöder Hund!« fauchte er in das Gelächter hinein.
    »Mann, es ist doch Rattenfleisch, um Himmels willen. Wie du dich benimmst, könnte man ja richtig Heißhunger kriegen!«
    Peter Marlowe hob vorsichtig einen Schlegel hoch und legte ihn auf ein Bananenblatt. »Den hier muß ich haben«, sagte er und kehrte zu seiner Baracke zurück. Er ging zu seinem Bett und

Weitere Kostenlose Bücher