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Rattenkoenig

Rattenkoenig

Titel: Rattenkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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Latrinen halb wach dagegentaumelte. »Passen Sie doch um Gottes willen auf!« schnauzte Grey gereizt.
    »Entschuldigung«, murmelte Johnny und tastete sich zur Tür hin.
    Nach wenigen Minuten kehrte Johnny Hawkins stolpernd wieder zurück. Einige verschlafene Flüche folgten ihm nach. Sobald Johnny sein Bett erreicht hatte, war es Zeit, erneut zu gehen.
    Diesmal bemerkte Grey nicht, daß sein Bett bebte, denn er war ganz in seine Gedanken eingesponnen und versuchte die wahrscheinlichen Bewegungen des Gegners vorauszuberechnen.
    Peter Marlowe saß hellwach auf der harten Treppe der Baracke 16 unter dem mondlosen Nachthimmel und tastete mit Augen und Ohren und Gedanken suchend in die Dunkelheit hinaus. Von der Stelle aus, an der er saß, konnte er die beiden Straßen beobachten – die eine, die das Lager in der Mitte zerteilte, und die andere, die um die Gefängnismauern herumführte. Japanische und koreanische Posten und Gefangene benutzten gleichermaßen beide Straßen. Peter Marlowe war der nördliche Wachtposten.
    Hinter sich, auf der anderen Treppe, wußte er Leutnant Cox vom fliegenden Personal, der sich ebenso wie er konzentrierte und die Dunkelheit nach Gefahr durchsuchte. Cox bewachte die Südseite.
    Osten und Westen waren nicht abgesichert, weil man sich der Baracke 16 nur von Norden oder Süden her nähern konnte.
    Aus dem Innern der Baracke und von ringsum waren die Geräusche der Schlaftoten zu hören – Stöhnen, unheimliches Lachen, Schnarchen, Wimmern, erstickte halblaute Schreie, vermischt mit dem leisen Wispern der Schlaflosen. Es war eine kühle, klare Nacht hier auf der Treppe über der Straße. Alles war normal.
    Peter Marlowe zuckte zusammen wie ein Hund, der eine Witterung aufnimmt. Er hatte den koreanischen Posten schon geahnt, noch ehe seine Augen ihn in der Dunkelheit ausmachten, und als er den Posten wirklich sah, hatte er bereits das Warnsignal gegeben.
    Dave Daven am anderen Ende der Baracke hörte den ersten Pfiff nicht, so sehr war er in seine Arbeit vertieft. Als er den zweiten, diesmal dringenderen Pfiff hörte, beantwortete er ihn, riß die Nadeln heraus, legte sich auf sein Bett zurück und hielt den Atem an.
    Der Posten schlurfte mit dem Gewehr über der Schulter durch das Lager, und er sah weder Peter Marlowe noch die übrigen, aber er fühlte ihre Augen. Er beschleunigte den Schritt und wünschte sich heraus aus dem Haß.
    Nach einer Ewigkeit hörte Peter Marlowe Cox das Entwarnungszeichen geben, und er entspannte sich wieder. Aber seine Sinne tasteten noch immer in die Nacht hinaus.
    In der entgegengesetzten Barackenecke begann Daven wieder zu atmen. Er richtete sich unter dem dicken Moskitonetz im oberen Bett vorsichtig auf. Mit unendlicher Geduld verband er wieder die beiden Nadeln mit den Enden des isolierten Drahtes, der den Strom führte. Nach endloser Suche, während der er glaubte, das Rückgrat müßte ihm brechen, fühlte er, wie die Nadeln durch die Wurmlöcher in den zwanzig mal zwanzig Zentimeter dicken Holzbalken glitten, der als oberes Querstück seines Bettes diente. Ein Schweißtropfen sammelte sich an seiner Kinnspitze und fiel auf den Balken, als er die beiden anderen Nadeln suchte, die mit dem Kopfhörer verbunden waren, und wieder fühlte er nach einer blinden und qualvollen Suche die dafür bestimmten Löcher und schob die Nadeln sauber in den Balken hinein. Im Kopfhörer klang das statische Rauschen auf. »… rücken unsere Streitkräfte zügig durch den Dschungel nach Mandalay vor. Damit sind die Nachrichten beendet. Hier spricht Kalkutta. Wir fassen die Meldungen noch einmal kurz zusammen: Amerikanische und britische Streitkräfte drängen den Feind in Belgien zurück und stoßen im Mittelabschnitt in stürmischem Schneetreiben auf Sankt Hubert vor. In Polen stehen russische Armeen ebenfalls in heftigen Schneestürmen dreißig Kilometer vor Krakau. Auf den Philippinen haben amerikanische Streitkräfte auf ihrem Vormarsch nach Manila einen Brückenkopf über den Agno gebildet. Formosa wurde bei Tageslicht von amerikanischen Bombern vom Typ B 29 ohne Verluste bombardiert. In Burma stehen die siegreichen britischen und indischen Armeen fünfzig Kilometer vor Mandalay. Die nächsten Nachrichten senden wir um sechs Uhr früh Kalkutta-Zeit.«
    Daven räusperte sich leise und merkte, wie der isolierte, stromführende Draht leise knackte und dann tot war, als Spence im benachbarten Bett seinen Satz Nadeln aus der Stromquelle herauszog. Schnell zog Daven seine

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