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Rattenkoenig

Rattenkoenig

Titel: Rattenkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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stellen sollen. Aber er war zu müde. Deshalb ging er einfach weiter zum anderen Ende der Veranda.
    Die Luft war still, die Nacht dunkel und blätterlos, und der Mond hing wie eine riesige Bogenlampe vom Dachbalken des Himmels herab. Noch immer gingen Männer den Weg entlang, aber sie waren alle schweigsam. Alles wartete auf das Heraufziehen der Morgendämmerung.
    Kennedy blickte zu den Sternen hinauf und versuchte aus ihnen eine Antwort auf seine fortwährende Frage zu lesen. Wann, mein Gott, wann wird dieser Alptraum enden?
    Aber er bekam keine Antwort.
    Peter Marlowe hockte auf der Offizierslatrine und genoß die Schönheit eines falschen Morgengrauens und das Hochgefühl einer friedlichen Darmtätigkeit. Die erstere erlebte er häufig, das zweite selten.
    Er wählte immer die hintere Reihe, wenn er zu den Latrinen ging, teils, weil er es haßte, sich im Freien zu erleichtern, teils, weil er jeden hinter sich haßte, und teils, weil es unterhaltsam war, andere vor sich zu beobachten.
    Die Löcher waren fünf Meter tief und maßen etwas mehr als einen halben Meter im Durchmesser; sie lagen in einem Abstand von zwei Metern voneinander entfernt. Zwanzig Reihen, die sich hangabwärts zogen, mit dreißig Löchern in einer Reihe. Jedes Loch hatte eine hölzerne Abdeckung und einen losen Deckel.
    In der Mitte dieses Gebietes stand ein einsamer, aus Holz gefertigter Thron. Ein herkömmlicher Einloch-Abort. Er war allein den Obersten vorbehalten. Jeder andere hatte sich nach Eingeborenenart mit den Füßen zu beiden Seiten des Loches hinzuhocken. Es gab keine Trennwände irgendwelcher Art, und das ganze Gebiet lag zum Himmel und zum Lager offen da.
    In einsamer Pracht saß Oberst Samson auf dem Thron. Er war nackt bis auf seinen zerknautschten Kulihut. Seinen Hut trug er immer. Das war ein Tick von ihm. Nur wenn er sich den Schädel kahl rasierte oder ihn massierte oder ihn mit Kokosöl oder irgendwelchen unheimlichen Salben einrieb, um wieder sein volles Haar zu bekommen, nahm er ihn ab. Er hatte irgendeine unbekannte Krankheit aufgelesen, und eines Tages waren ihm alle Haare ausgefallen – sogar die Augenbrauen und Wimpern. An allen anderen Stellen war er dafür behaart wie ein Affe.
    Wie Punkte saßen andere Männer auf diesem Gelände verstreut, jeder möglichst weit vom nächsten entfernt. Jeder hatte eine Flasche Wasser bei sich. Jeder wehrte mit den Händen die ihn fortwährend umschwärmenden Fliegen ab.
    Peter Marlowe sagte sich erneut, daß ein breitbeinig dahockender nackter Mann, der sich erleichterte, die häßlichste Kreatur ist – vielleicht aber auch die bemitleidenswerteste.
    Bis jetzt war erst das Versprechen auf den Tag zu sehen, ein immer heller werdender Dunstschleier und goldene Finger, die sich auf dem samtenen Himmel vortasteten. Die Erde war kühl, denn in der Nacht war der Regen gekommen, und die Brise war kühl und lau und trug den Geruch von Meersalz und Frangipani mit sich.
    Ja, dachte Peter Marlowe zufrieden. Es wird ein schöner Tag werden.
    Als er fertig war, hielt er die Wasserflasche schräg, während er noch immer am Boden hockte, benutzte geschickt die Finger seiner linken Hand und wusch die Spuren von Kot ab. Immer mit der Linken. Die Rechte war die Eßhand. Die Eingeborenen besitzen kein Wort für linke Hand oder rechte Hand, sie kennen nur Kothand und Eßhand. Und alle Männer benutzten Wasser, denn Papier, gleichgültig welches Papier, war viel zu wertvoll. Außer für den King. Er besaß richtiges Toilettenpapier. Peter Marlowe hatte er ein Stück gegeben, und Peter Marlowe hatte es unter die Einheit verteilt, denn es eignete sich hervorragend als Zigarettenpapier.
    Peter Marlowe stand auf, machte seinen Sarong wieder fest, ging zu seiner Baracke zurück und freute sich schon auf das Frühstück. Wie immer würde es Reisbrei und schwarzen Tee geben, aber heute hatte die Einheit auch eine Kokosnuß – wieder ein Geschenk vom King.
    In den wenigen Tagen seiner Bekanntschaft mit dem King hatte sich eine ungewöhnliche Freundschaft zwischen ihnen angesponnen. Die Bande bestanden teils aus Lebensmitteln, teils aus Tabak und teils aus Hilfeleistung – der King hatte mit Salvarsan die Geschwüre an Macs Knöcheln geheilt, hatte sie in zwei Tagen geheilt, die Geschwüre, die zwei Jahre lang geeitert hatten. Peter Marlowe wußte auch, daß sie zwar alle drei den Reichtum und die Hilfe des King wohltuend empfanden, daß ihre Zuneigung zu ihm in der Hauptsache aber dem Manne selbst

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